Politics | Griechenland

OXI auf Südtirolerisch

Was bedeutet das „OXI“ der Griechen für Europa? Südtiroler Reaktionen auf das Referendum vom Sonntag.

Besonders schnell war Florian Kronbichler: Noch bevor am Sonntag Abend feststand, dass 61 Prozent der Griechen Nein zu den Bedingungen der Euro-Gruppe an ihr Land sagen, stellte sich der SEL-Kammerabgeordnete klar auf die Seite der späteren Gewinner: „Ich glaube und hoffe, es gewinnt das Nein“, schrieb er in einer Aussendung. Nein gegen erpresserische Drohungen, gegen eine Finanzpolitik, die Arme dazu zwingt, arm zu bleiben und weiter zu verarmen. Ja zum Primat der Demokratie, zur Würde eines Landes und dazu, dass Europa-Tauglichkeit nicht nur am Geld zu messen ist: So begründet  Kronbichler seine Hoffnung. „Das Nein der Griechen ist kein Nein zu Europa und auch kein Nein zum Euro, sondern der verzweifelte Ruf nach einem anderen Europa“, schreibt er. „Europa scheitert nicht an Griechenland, wie die derzeitige Führung Europas droht, es scheitert an der Entsolidarisierung und an der Sparpolitik, welche die reichen Länder, Deutschland voran, den armen aufzwingen wollen“, so Kronbichler.

Ideologisch trifft sich der SEL-Politiker damit zumindest teilweise mit den Südtiroler Freiheitlichen, die das griechische OXI als „Zeichen der Demokratie gegen die Bevormundung aus Brüssel“ interpretieren. „Nötige Reformen, eine breitere Öffentlichkeit und der Ruf nach Demokratie in Europa können nicht länger überhört werden“, scheibt der Freiheitliche Generalsekretär Simon Auer. Europa als Wiege der Demokratie habe seine Wurzeln verleugnet und bekomme nun die Antwort seiner Bürger präsentiert, lautet seine Schlussfolgerung aus dem Votum. „Die EU steht vor einem Scherbenhaufen falsch getroffener Entscheidungen, aufgestauter Probleme und Maßnahmen, die über die Köpfe der Bevölkerung hinweg entschieden werden. Ohne die Einbindung der Bevölkerung wird jedes europäische Projekt scheitern.“

Pan beschwört Reformen

Europa wird vielmehr scheitern, wenn nicht jeder Mitgliedsstaat die Verantwortung übernimmt, Reformen zu ergreifen, die das gemeinsame Haus stabiler machen, findet dagegen Unternehmerverbands-Präsident Stefan Pan. 70 Jahre habe ein vereintes und starkes Europa Frieden garantiert. Dank ihrer wirtschaftlichen Leistung schaffe es die Union heute, fast die Hälfte der weltweiten Sozialausgaben zu stemmen, erklärt der Unternehmerverbands-Präsident. Der Ausgang des Referendums in Griechenland dürfe deshalb nicht die Notwendigkeit in Frage stellen, Europa und seine Mitgliedsländer immer wettbewerbsfähiger zu machen,. „Die Reformen sind konkreter Ausdruck der Verantwortung jeder einzelnen Regierung, nicht ein Diktat“, findet Pan. So schwierig dieser Weg erscheinen mag, den Deutschland, Irland, Spanien, Portugal und in diesen Monaten auch Italien eingeschlagen haben: „Es ist die einzige Möglichkeit, um unserer Jugend eine stabile Zukunft zu garantieren“, ist Pan überzeugt.

Dorfmann redet Tacheles

Was nun konkret mit dem griechischen Ergebnis anzufangen ist, ist auch EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann nicht ganz klar, wie er in einem Interview mit dem Internetportal stol.it einräumt. Als wahrscheinlichste Lösung bezeichnet er dort die Option, dass Alexis Tsipras das Referendum zur internen Festigung nutzt,  aber in den kommenden Tagen mehr oder weniger den Vorschlag der EU annimmt. Als vernünftigste Option wertet Dorfmann die Möglichkeit, die Griechen zumindest einige Jahre aus der Euro-Zone zu entlassen; als schlechteste, weiter abzuwarten. Was in den kommenden Tagen tatsächlich passiert, ist laut dem Südtiroler EU-Parlamentarier aber schwer absehbar. Seiner Wunsch lautet in jedem Fall, gegenüber Athen "endlich ganz deutlich" zu werden: „Die Griechen sind über Jahrzehnte durchgefüttert worden! Ob der europäische Steuerzahler bereit ist, Griechenland weiter zu finanzieren, nur weil die Griechen dafür gestimmt haben, das wage ich zu bezweifeln. Die EU ist nicht nur den Griechen verpflichtet – sondern den 500 Millionen Menschen in Europa.“