Alkohol: Ende der Verbotskultur
Schluss mit Drohbotschaften und Verteufelung von Alkoholgenuss, Prävention mit Geduld, Überzeugung und der Kraft von guten Beispielen: Das ist der Kurs, den das Gesundheitsressort laut Landesrat Richard Theiner in seiner diesjährigen Alkohol-Präventionskampagne „Trinken mit Maß“ eingeschlagen hat. Eine Botschaft, die vor allem in Zusammenarbeit mit Gemeinden und Schulen unter das Volk gebracht wird.
Wie dies funktionieren kann, präsentierte bei einer Pressekonferenz am Freitag unter anderem Brunecks Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler. In der Pustertaler Gemeinde werden seit Jahren bestimmte Verhaltensregeln mit Gastwirten vereinbart. Im Rahmen der aktuellen Kampagne wurde nun darüber hinaus das 10-Punkte-Programm „Feiern mit Niveau" in die Lizenzen von allen Veranstaltern von Festen hineingeschrieben. „Jeder Festwirt muss beispielsweise kostenlos Leitungswasser und eine bestimmte Menge alkoholfreie Getränke anbieten, wobei eines davon mindestens einen Euro billiger sein muss als da billigste alkoholische Getränk", erklärte Tschurtschenthaler.
Dass Südtirols Ruf als Provinz der Säufer zumindest teilweise überzeichnet ist, belegt Peter Koler vom Forum Prävention auch anhand aktueller Istat-Daten. Demnach ist Südtirol zwar tatsächlich italienweit an erster Stelle, wenn es um die Frage geht, bei bestimmten Gelegenheiten mehr als fünf alkoholische Getränke zu sich zu nehmen. Beim übermäßigen täglichen Alkoholkonsum während und außerhalb der Mahlzeiten rangiert die Provinz laut Koler aber erst an 17. Stelle.
Mediterran versus alpenländisch
Daten, die indirekt die beiden unterschiedlichen Trinkkulturen widerspiegeln, die sich in Südtirol vermischen – und teils zu einer verzerrten Darstellung des Phänomens führen. Denn wie Peter Koler meint. „Die mediterrane und die alpenländische Trinkkultur vertragen sich nicht unbedingt“. Sprich: Obwohl Gesellschaftsfähigkeit von Alkoholkonsum auf Festen in der alpenländischen Kultur durchaus problematische Aspekte mit sich bringt, werde dieser in der mediterranen Leseart gerne dramatisiert.
Wie Alkoholprävention ohne Zeigefinger funktionieren kann, zeigt sich auf der Facebook-Seite „Sauftirol“, die nach nur vier Monaten bereits 10.000 Likes hat. Das Erfolgsrezept? Den Jugendlichen eine Plattform zu bieten, auf der ihre Meinung zum Thema Alkohol gefragt ist – und mit Fingerspitzengefühl zum Hinterfragen mancher Gewohnheiten anzuregen als Abstinenz zu predigen. „Denn es ist nun einmal so, dass Ausgehen und Trinken zur Übergangsphase ins Erwachsenenalter dazugehören“, so Koler.
Zumindest solange den Jugendlichen von Erwachsenen keine Alternativen geboten werden. Eine davon ist laut Koler eine Sommerwoche für 15-17-Jährige, die das Forum unter dem Namen „Af Zack“ auf einer Schweizer Selbstversorgungshütte organisiert. „Dort kann man richtig beobachten, wie schnell das Thema Alkohol seine Rolle verliert.“ Sein Resümee: „Wir Erwachsenen sollten uns lieber selbst an der Nase nehmen, dass wir unsere Kindern keine anderen Übergangsrituale bieten statt die Jugend schlecht zu machen.“