Culture | Fundraising

„Gerne machen reicht nicht“

Mit dem Projekt „The Raising Planet“ beschreitet die Genossenschaft franzLAB neue Wege des Kultursponsorings - und tritt eine wichtige Diskussion los.

Für alle, die in der Bozner Kultur- und Kreativszene unterwegs sind, ist es ein Fixtermin: das Rosengarten Festa, das heuer am 16. und 17. September zum fünften Mal das Viertel rund um die gleichnamige Bozner Straße zu einem großen öffentlichen Wohnzimmer machen wird. Ein Stadtviertelfest mit Musik, Design, Kunst, Performance und Kreativität sowie natürlich Speis und Trank; ein Schaufenster und Treffpunkt für die vielen Kreativen und Wirtschaftstreibenden, die das Rosengartenviertel auch dank der Arbeit von franzLAB lebendig halten. Kurzum, eine Erfolgsstory, die jedes Jahr mit neuen Schwerpunkten überrascht. Doch wie so viele andere kulturellen Events ist auch das Rosengarten Festa mit einem gewaltigen Arbeitsaufwand verbunden, der wenig sichtbar ist und vielfach nicht einmal finanziell honoriert wird.

Genau das wollen die MacherInnen rund um das franzmagazine-Team zur fünften Auflage des beliebten kulturellen Events nicht mehr hinnehmen. „Wir setzen uns mit unserer Arbeit seit jeher dafür ein, dass die Kreativitätsbranche als Wirtschaftsfaktor wahrgenommen wird“, sagt Mitveranstalterin Kunigunde Weissenegger.  Auch sei es immer Ziel der Genossenschaft gewesen, alle Mitwirkenden des Festes gerecht zu entlohnen. Nachdem dies angesichts rückgängiger öffentlicher Beiträge und Sponsorengelder immer schwieriger wird, wurde das franzmagazine-Team einmal mehr kreativ. Gemeinsam mit anderen Unternehmen im Viertel erarbeiten sie für die diesjährige Auflage ein neues Geschäftsmodell mit einem innovativen Fundraising-Projekt aus: „The raising planet“ wurde eine eigens entwickelte Online-Plattform getauft, vor, auf der transparent alle Kosten aufgelistet werden, die zur Organisation und Umsetzung der  Veranstaltung notwendig sind.

Erst 55 % der Kosten gedeckt

Gerade 55 % davon sind nicht einmal zwei Wochen vor dem Fest gedeckt, macht die Website anhand einer ansprechenden Grafik deutlich. Schwebende Astronauten zeigen dabei ganz im Look des diesjährigen Mottos „Rosengarten Planet“ an, welche Bestandteile des Festes mit den bisher vorhandenen Mitteln bestritten werden können. Bürokratie, Infrastrukturen und Gastronomie gedeckt, Art Performance der Size M und L nicht: Erstes Konzert und DJ Set am Freitag ja, Projekt Entwicklung und Managment nein.  

„You get what you pay for“, könnte man die damit verbundene Aufforderung an die vielen Fans des Rosengartenfesta benennen. Sie können das Event über die Plattform nun selbst mitfinanzieren – und mitverfolgen, wie umfangreich es in diesem Jahr ausfallen wird. „In Südtirol ist man nach den fetten Jahren auch hinsichtlich kultureller Veranstaltungen verwöhnt“, meint Kunigunde Weissenegger. „Viel zu oft neigen wir dazu zu glauben, die Dinge würden einfach so passieren, als hätten wir grundsätzlich ein Recht darauf“. Das heurige Rosengarten Festa soll Bewusstsein dafür schaffen, wie viel Einsatz und Professionalität hinter solchen Veranstaltungen steht. „Musikern, Künstlern und andere Kreativen wird oft gesagt: Du machst das doch eh so gern“, sagt Weissenegger. „Aber auch ein Bäcker oder Schuster macht seine Arbeit meist gerne und wird trotzdem angemessen dafür bezahlt.“

Wie sehr solche Vergleiche dazu beitragen, den Rosengarten Planet in seinem gesamten Umfang entdecken zu können, werden in dieser und nächster Woche die Astronauten auf der Plattform „Raising Planet“ verraten. „Was finanziell nicht unterstützt wird, wird auch beim Fest nicht stattfinden oder präsent sein“, kündigen die VeranstalterInnen an. Was das auch für beteiligte KünstlerInnen heißt, deren Arbeit bis zum letzten Moment in der Schwebe bleibt, ist eine der Fragen, die das Projekt zur Diskussion stellen will. Klarerweise auch im Sinne anderer Kulturschaffende und Veranstalter, die die von www.pixxelfactory.net programmierte Fundraising-Plattform in modifizierter Form ebenfalls nutzen könnten, wie Kunigunde Weissenegger vorschlägt. Ein weiterer Anlauf für eine ebenso alte wie bislang wenig früchtetragende Debatte ist jedenfalls gesetzt. Vielleicht kann er dazu beitragen, in einer besonders selbstausbeuterischen Branche endlich in neue Galaxien vorzustoßen. 

Bild
Profile picture for user Markus Gufler
Markus Gufler Tue, 09/06/2016 - 17:42

Spannende Herangehensweise zu einem interessanten Thema (oder umgekehrt ;)

Jedenfalls gefällt mir, wenn sich Kunst und Kultur auf die zwei eigenen Hinterbeine besinnt, und endlich dieses selbstverständliche Fordern nach Fördern links liegen lässt. Kunst darf alles: provozieren, gefallen, missfallen und gerne auch sich selbst Wert sein.

Tue, 09/06/2016 - 17:42 Permalink