Free Time | Kräuterwissen

Juckpulver und Superfood: Die Hagebutte

Wenn im Herbst die Hecken leuchten, als hätten sie die Stopplichter an, dann ist Hagebutten-Zeit.
Hagebutten
Foto: Tamara Seyr
  • Die knallroten Früchte der Hundsrose (Rosa canina) und ihrer wilden Verwandten sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern kleine Vitaminbomben, die unsere Großmütter noch schätzen – und die Kinder vor allem wegen ihres „Juckpulvers“ kannten. 500–1.500 mg pro 100 g Fruchtfleisch – das ist locker das 20- bis 40-fache einer Zitrone. Den Name „Zitrone des Nordens“ hat sie sich so mehr als verdient. Außerdem stecken drin:

     •  Vitamin A & E – gut für Haut und Augen, also quasi Anti-Aging aus dem Strauch.

     •  B-Vitamine – für Nerven und Energie.

     •  Flavonoide & Carotinoide – Antioxidantien, die freie Radikale in Schach halten (und wer will schon stressbedingte Zellfalten?).

     •  Gerbstoffe & Pektin – gut für Verdauung und Darmflora.

     •  Fruchtsäuren – erfrischend, appetitanregend und ein bisschen wie ein inneres Peeling.

    Kurz gesagt: Wer Hagebutten isst, füttert sein Immunsystem, poliert seine Haut und gibt Erkältungsviren wenig Chancen.

  • Die Autorin

    Tamara Seyr ist FNL Kräuterexpertin und Heilpraktikerin. Sie beschäftigt sich oft und auch lange (und oft auch ganz, ganz lange) mit den Kräutern und allem was dazu gehört. Das sind nicht nur die botanischen Namen, die Familienzugehörigkeit und die Inhaltsstoffe, sondern auch die Signaturenlehre.

    Ihr aktuelles Buch "Klugscheißerwissen Kräuter"

    Foto: Tamara Seyr
  • Mythen & Geschichten

    Die Hagebutte war schon in der Steinzeit beliebt – Kerne fanden sich in Pfahlbausiedlungen. Im Mittelalter galt sie als Schutz vor „bösen Miasmen“ (also schlecht gelaunten Luftgeistern). Und dann gibt es noch den Klassiker aus Kindertagen: Die feinen Härchen im Inneren wurden als Juckpulver in den Nacken des ahnungslosen Opfers geschüttet – ein traditioneller Initiationsritus auf jedem Pausenhof der 80er und 90er.

    In der Volksheilkunde hieß es, wer im Herbst Hagebutten erntet, holt sich „die Sonne in den Winter“. Tatsächlich ist Vitamin C licht- und hitzeempfindlich – aber der poetische Gedanke ist schön.

  • Verwendungen

    Hagebutten sind echte Allrounder:

     •  Tee aus getrockneten Schalen – mild fruchtig und Vitaminspender im Winter.

     •  Mus / Marmelade – samtig, süß und leicht säuerlich, perfekt aufs Brot oder zu Wildgerichten.

     •  Pulver aus den ganzen Früchten – beliebt als Nahrungsergänzung, besonders bei Arthrose.

     •  Likör – weil selbst gesunde Sachen manchmal Prozente vertragen.

     •  Naturkosmetik – Hagebuttenkernöl ist ein Schatz für trockene Haut und Narbenpflege.

     

    Tipp: Die Früchte am besten nach dem ersten Frost ernten – dann sind sie weicher und süßer. Wer nicht warten will, kann sie auch kurz einfrieren.

     

  • Rezept: Hagebuttenmus – Herbst im Glas

    Zutaten:

    1 kg reife Hagebutten

    500 ml Wasser

    300–500 g Zucker (nach Geschmack)

    Saft einer Zitrone
     

    Zubereitung:

     1.  Hagebutten waschen, Stielansätze und Blütenreste entfernen. Wer sich die Fleißarbeit sparen will, halbiert sie nicht, sondern kocht sie direkt weich – die Kerne und Härchen werden später rausgesiebt.

     2.  Mit Wasser in einem Topf aufkochen und etwa 30 Minuten köcheln lassen, bis alles weich ist.

     3.  Durch die „Flotte Lotte“ oder ein feines Sieb passieren – so verschwinden Kerne und Juckpulver-Härchen.

     4.  Das Mus abwiegen, mit Zucker und Zitronensaft nochmals kurz aufkochen.

     5.  Heiß in saubere Gläser füllen, Deckel drauf, umdrehen, auskühlen lassen.

     

    Das Ergebnis: samtig-weiches Mus, das auf frischem Brot wie eine kleine Vitamin-C-Explosion schmeckt – und dich wahrscheinlich jedes Mal an deine Kindheit erinnert (nur ohne Juckattacken).

  • Fazit

    Die Hagebutte ist der Beweis, dass die Natur manchmal knallrot blinkt und ruft: „Hier, ich bin gesund, iss mich!“ Sie ist nicht nur dekorativ, sondern auch eine Vitamin-C-Granate mit Geschichte, Mythen und jeder Menge Einsatzmöglichkeiten – vom Frühstücksbrot bis zur Hautpflege. Und wenn man die Härchen kennt, weiß man: Auch Heilpflanzen haben Humor.