Etwas weniger gläsern, bitte
Die Bürger haben ein Recht auf Privatsphäre. Darüber ist man sich im Südtiroler Landtag einig. Am Donnerstag Vormittag wurde dort ein Begehrensantrag von Andreas Pöder und Elena Artioli behandelt, in dem Regierung und Parlament in Rom aufgefordert werden, “die staatliche Gesetzgebung unverzüglich an das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung anzupassen und die Vorratsdatenspeicherung abzuschaffen”.
À propos Aufbewahrung von Daten: Pöders und Artiolis Begehrensantrag stammt aus dem Jahr 2014 – die beiden Oppositionspolitiker hatten ihn im September vor zwei Jahren eingereicht, wenige Monate nachdem der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für ungültig erklärt hatte. Sie sei mit der Charta der Grundrechte der EU nicht vereinbar, so die Begründung. Die aus dem Jahr 2006 stammende Richtlinie “ermöglichte es den Mitgliedsstaaten, ihre Bürger ohne konkreten Verdacht zu überwachen”, erinnerte Andreas Pöder heute im Landtag. In Italien werde diese EU-Richtlinie aber auch nach dem Urteil von April 2014 “unvermindert sehr extensiv angewandt”, kritisierte der Abgeordnete der Bürgerunion: “Telefon- und Internetverbindungsdaten, Ort, Zeitpunkt, Dauer und Telefonnummern der Telefongespräche aller Bürger werden bis zu zwei Jahren gespeichert, ohne jeglichen Verdacht und ohne jeglichen Grund.”
Man stelle sich vor, was wäre, wenn die Post unsere Briefe öffnen würde.
(Sven Knoll, Süd-Tiroler Freiheit)
Unterstützung für den Antrag, der italienische Gesetzgeber möge doch die staatliche Gesetzgebung endlich anpassen und die Vorratsdatenspeicherung abschaffen, erhielt Pöder aus allen Lagern. “Dieser Aufruf ist wichtig”, bemerkte Pius Leitner (Freiheitliche), Zustimmung auch von Hans Heiss von den Grünen, der betonte, dass man “gegen den Überwachungswahn” einschreiten müsse. Auch SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger begrüßte das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (“Die Freiheit, die es noch vor 20 Jahren gegeben hat, ist aufgrund der technologischen Entwicklung nicht mehr da”) und nannte den Begehrensantrag “ein wichtiges Signal” – auch wenn Südtirol in dieser Sache nicht allzu viel bewegen könne. Im Namen der Landesregierung unterstützte auch Landeshauptmann-Stellvertreter Richard Theiner – Arno Kompatscher weilt derzeit in Rom – den Antrag. “Die Befürchtungen von Orwell sind heute übertroffen worden”, meinte Theiner. Er gab aber auch zu bedenken, dass die Bürger heute nicht nur von Staaten, sondern auch von Firmen und Netzbetreibern überwacht würden.
Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag schließlich einstimmig angenommen.