Politics | Koalition
Legabraune Bitterschokolade
Foto: Youtube
Der Entwurf des Koalitionsabkommens SVP-Lega fällt deutlich ausführlicher und umfassender aus als sein Vorgänger 2013: Damals waren es 46, das aktuelle Dokument hält bei 58 Seiten. Angesichts des 2013 vertrauensvollen Grundverhältnisses SVP-PD waren 2013 viele Passagen vage ausformuliert, der vorliegende Entwurf ist sichtlich ein Dokument des Misstrauens gegenüber der Lega und ein Entwurf sorgsamer Gewichtung der Ansprüche der SVP-Parteiflügel.
Das Dokument trägt eindeutig die Handschrift der SVP, die für einen wesentlichen Teil die Ausarbeitung übernommen hat. Große Passagen des Programms sind wörtlich dem Vorläufer 2013 entnommen, allerdings nunmehr deutlich erweitert. Das Dokument ist also ein SVP-„Sicherungspakt“ gegenüber der Lega wie auch gegenüber eigenen Parteiflügeln, deren Appetit gleichermaßen gestillt wie gezügelt werden soll.
Der vorliegende Entwurf ist sichtlich ein Dokument des Misstrauens gegenüber der Lega und ein Entwurf sorgsamer Gewichtung der Ansprüche der SVP-Parteiflügel.
Es ist erstaunlich, ja sogar paradox: In vieler Hinsicht könnte der Entwurf als ökosoziale Plattform durchgehen: So viel Nachhaltigkeit im Bereich Mobilität, ÖPNV, Bauen und Energie las man selten in einem Koalitionsprogramm. Allerdings: Unter der pistaziengrünen Glasur findet sich dann doch die legabraune Bitterschokolade mit harschen Restriktionen gegenüber Migranten. War 2013 noch im Abschnitt „Die Gesellschaft“ von „Neuen Mitbürgerinnen“ die Rede, so ist dieser Begriff nicht mehr vorhanden. Zudem ein Kulturbegriff von mäßíger Innovation, wiewohl die Denkmalpflege und die Museen stark betont werden; auch das Bibliothekenzentrum taucht wieder auf.
Es ist erstaunlich, ja sogar paradox: In vieler Hinsicht könnte der Entwurf als ökosoziale Plattform durchgehen.
Auch Chancengerechtigkeit zwischen Männer und Frauen ist flüchtig abgehandelt, dafür gibt es viele Formen christlicher Wurzelbehandlung. Bürgerbeteiligung führt ein Kümmerdasein, ebenso die bitter nötige Aufwertung des Landtags; der Weg führt immer mehr in die „exekutive Demokratie“.
Im Bereich Bildung und Ausbildung zeigt sich die Handschrift des Parteiobmanns und Bildungs-LR, der die künftigen Ziele bereits detailliert absteckt, mit neuer Ordnung der Mitbestimmung in Schulen, man darf gespannt sein.
Unter der pistaziengrünen Glasur findet sich dann doch die legabraune Bitterschokolade mit harschen Restriktionen gegenüber Migranten.
Der ländliche Raum und die Landwirtschaft finden ein Ausmaß liebevoller Zuwendung, das stark beindruckt, eine Bio-Region und die notwendige Pestizid-Reduktion sucht man allerdings vergeblich.
Die Städte, namentlich Bozen, hingegen finden über eine „Agenda Bozen“ hinaus keine vergleichbare Aufmerksamkeit. Bemerkenswert aber die Obsorge für Meran, das unter besonderer Beobachtung steht und mit einem Maßnahmenpaket wieder in SVP-Hand zurückgeführt werden soll.
Ein Koalitionsprogramm also im Zeichen marktgerechter Modernität im Bereich, Wirtschaft und Innovation, die detailliert behandelt sind, der Wahrung und des Ausbaus von Besitzständen im Bereich Landwirtschaft und ländlicher Raum; Wirtschaft und Bauern haben intensiv mitgeschrieben.
Man darf gespannt sein, inwieweit die italienische Fassung mit eigenen Nuancierungen aufwartet: wetten dass!
Mit reaktionären Bücklingen gegenüber der Salvini Lega und der eigenen Klientel. Soziales vor allem im Bereich Wohnen, ausführliche Thematisierung des sanierungsbedürftigen Gesundheitsbereiches, Pflege mit „zweitem Standbein“ der Finanzierung, was auf zunehmende Selbstbeteiligung hindeutet.
Und: So viel Europa war nie! Die Lega-Beteiligung hat die Europa- und Euregio-Kapitel in eine Bedeutung gesteigert, die sie mit anderen Partnern nie gewonnen hätten.
Schließlich: man darf gespannt sein, inwieweit die italienische Fassung mit eigenen Nuancierungen aufwartet: wetten dass!
Please login to write a comment!
Sehr geehrter Herr
Sehr geehrter Herr Hopfgartner, wie im Vorspann steht hat Hans Heiss auf Anfrage das Abkommen für salto.bz einer Blitzdiagnose unterzogen. Hans Heiss ist Gastautor und hat damit mit der von Ihnen geschätzten Community nichts zu tun.
Steht eigentlich alles im Text.