Politics | Parteientheater

Salvinis Handstreich

Salvini brüskiert Staatschef Mattarella mit der Ankündigung von Neuwahlen am 8. Juli. Di Maio spricht von Handstreich: "Da oggi siamo in campagna elettorale".
Di Maio-Salvini
Foto: Adnkronos

Während der Beratungen zur Bildung einer neuen Regierung hat Matteo Salvini am Montag völlig überraschend  den Wahlkampf für den nächsten Urnengang eröffnet. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, nannte der selbstgefällige Lega-Chef auch den Termin für die fällige Neuwahl:  8. Juli.   Der M5S-Spitzenkandidat Luigi Di Maio reagierte wütend, schloss sich aber letztlich dieser Forderung an.  Ein verfassungsmässig unerhörter  Vorgang. Denn Voraussetzung für Neuwahlen ist die Auflösung des Parlaments durch den Staatspräsidenten. Eine Absicht, die Mattarella fernliegt und über deren Zeitpunkt er mit Sicherheit selbst entscheidet.

 

Den Auftakt zum furiosen Spiel hatte Salvini nach den Beratungen mit Mattarella gemacht, in denen er überraschend ankündigte, das Rechtsbündnis werde eine Regierung präsentieren, die sich die Zustimmung direkt im Parlament suchen werde. 

 

Di Maio reagierte zunächst wütend, traf sich dann jedoch im Parlament mit dem Lega-Chef  und beide einigten sich auf den 8. Juli als Wahltermin. Selbstverständlich wieder mit demselben Wahlrecht, das keine Mehrheitsbildung gewährleistet. 

In einer emotional aufgeladenen Erklärung im Internet attackierte Di Maio den Lega-Chef frontal:  "Da oggi siamo in campagna elettorale. E racconteremo le bugie degli altri in questi due mesi. Da oggi è chiaro a tutti che l'impedimento a formare un governo non ero io. Ieri ho detto una cosa, che era nota da settimane: che io ero disponibile a trovare un premier comune per creare un governo del cambiamento. Ma oggi il centrodestra si è ripresentato per chiedere i voti in parlamento - loro volevano formare il governo dei voltagabbana, un governo della compravendita di parlamentari..."

All das passierte, während der Staatspräsident seine Beratungen im Quirinal fortsetzte.  Lega-Vizechef Giancarlo Giorgetti rechtfertigte das unorthodoxe Vorgehen mehr schlecht als recht mit der Aufforderung des Staatspräsidenten zu direkten Gesprächen zwischen M5S und Lega. Eine Version, die vom Quirinal umgehend dementiert wurde. Silvio Berlusconi hat sich zu Salvinis Vorstoss halbherzig geäussert. Wie letzthin im Friaul muss seine Partei befürchten, bei Neuwahlen von der Lega überholt zu werden. So kündigte Forza Italia an, man sei gegen Wahlen im Sommer. Doch der 8. Juli als Wahltermin lässt sich mit Sicherheit nicht halten. Als realistisch gelten der 22. oder 29. Juli - es wären die ersten Parlamentswahlen im Hochsomer. Mattarella kündigte die Ernennung einer neutralen Regierung aus parteilosen Experten an, die das Land zu Neuwahlen führen soll und deren Mitglieder nicht kandidieren dürften.   Diese Regierung muss sich verfassungsgemäss im Parlament einem Vertrauensvotum stellen. Wichtiges Detail: auch  wenn sie das Vertrauen nicht erhält, bleibt sie auf jeden Fall bis zur Vereidigung  eines neuen Kabinetts geschäftsführend im Amt. Interessant dürfte sein, wie viele Neo-Parlamentarier der Beendigung einer Legislatur zustimmen, die kaum begonnen hat und in der Kammer und Senat noch kein einziges Gesetz verabschiedet haben.  Nach Indiskretionen will Mattarella ein Kabinett aus 12 Personen ernennen, das erstmals in der Geschichte von einer Frau geleitet werden könnte.  Das wäre der einzige positive Aspekt  dieser vom überdimensionierten Ego Salvinis und Di Maios ausgelösten Krise, die Italien in eine ungewisse Zukunft führt.  Einen weiteren zweifelhaften Rekord hat Italiens chaotische Politik jedenfalls bereits geschafft: es werden Neuwahlen beschlossen noch bevor die Legislatur begonnen hat.