Economy|Environment|Society | Cortina 2026

Todgesagte leben länger

Gesellschaftliche Anerkennung, wirtschaftlicher Erfolg und staatliche Einflussnahme. Eine Geschichte, wie eine ganze Region seine Bedeutung in der Welt und vor allem in der Zukunft sucht und dabei das Hier und Jetzt zu vergessen scheint.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Orte im Belluno
Foto: Orte im Cadore | Thomas Huck
  • Foto: Orte im Cadore | Thomas Huck
  • Das Belluno liegt als einzige alpine Provinz in der Flachlandregion Veneto, eingeklemmt zwischen den autonomen Regionen Friaul-Julisch-Venetien und Trentino-Südtirol. Dabei besitzt besonders der Norden mit dem Piavetal und dem Cadore keine nennenswerten Passübergänge und ist somit weder mit dessen Nachbarprovinzen, noch mit Österreich wirklich verbunden und stellt dadurch eine Art Sackgasse in den östlichen Alpen dar. Deshalb sollte, am Anfang des letzten Jahrhunderts, das Cadore zu einem zentralen Punkt in den Alpen ausgebaut werden. Durch große Industrie- und Infrastrukturprojekte versuchte man, landschaftliche Gegebenheiten technisch zu überwinden bzw. auszunutzen und eine bessere Zukunft zu imaginieren. Doch 1963 wurde diese Euphorie, im Zug des Baus des Vajont-Stausees, durch einen riesigen Bergrutsch gestoppt, welcher eine ganze Schlucht und tausende Menschen unter sich begrub. Die restliche Vajont Schlucht wurde abgeriegelt und angefangene Investitionen wurden gestoppt. Viele weitere Bauwerke und Projekte in der Umgebung gerieten mitsamt ihrer Vision in Vergessenheit und die Entwicklung des Cadore ging in eine ganz andere Richtung, weshalb viele weitere Projekte bis heute nicht weiter umgesetzt wurden. Doch mit dem neuen Jahrtausend änderte sich im Cadore der Umgang mit der Geschichte, wodurch der alte Enthusiasmus zurückkehrte und scheint nun in den olympischen Spielen 2026 seinen erneuten Zenit zu finden.

  • Foto: Straßenprojekte im Cadore | Thomas Huck
  • Und wie die Bergwelt gesehen wird, hängt von der Erschließung des überhaupt Sichtbaren ab

    Seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts gibt es Ideen, um solche fehlenden Verbindungen in die Region zu schaffen. So wurden im Laufe des Ersten Weltkrieges Zugverbindungen von österreichischer, sowie von italienischer Seite zur Versorgung der Front gebaut, welche nach Kriegsende als Dolomitenbahn verbunden wurden. Knapp 40 Jahre verband diese Südtirol mit dem Veneto. Zwar erlangte sie 1956 während den Olympischen Spielen in Cortina größere Bedeutung und machte die Gegend nicht nur allgemeine bekannt, sondern kurzzeitig wirklich zu einer zentralen Gegend der Alpen. Dies konnte jedoch die Schließung Mitte der 60er Jahre nicht verhindern. Es gab nämlich bereits Pläne, die Alemagna als alpenquerende Autobahn von Venedig nach München zu bauen. Damit sollte eine schnelle und direkte Verbindung zwischen Deutschland und Norditalien entstehen, ohne den Umweg über den Brenner. Belluno wäre so zu einem zentralen Ort der Alpen geworden, wobei man sich wirtschaftlich und touristisch bereits darauf einzustellen versuchte. Durch den allgemein langsamen Autobahnausbau in Italien und die komplizierte Trassenführung mit Tunnels und Brücken, direkt durch das Alpenhauptmassiv, verzögerte sich die Realisierung bis ins neue Jahrtausend. Doch durch die Unterzeichnung der Alpenkonvention in den 1990er Jahren, die ein Verbot neuer alpenquerender Autobahnen beinhaltet, stand das Projekt Alemagna vor dem Aus. Sie stehe in direktem Widerspruch zur gewünschten Alpenentwicklung. Trotzdem gibt es immer wieder mehr oder weniger große Bemühungen, eine Verbindung nach Norden zu realisieren. Durch neue Streckenvarianten, z.B. nach Udine zum Kanaltal oder durch bewusstes Ignorieren der Alpenkonvention, aber auch durch alternative Projekte z.B. einer Dolomitenbahn in verschiedensten Größenordnungen versucht Belluno sich doch noch zu seiner Blüte zu verhelfen.

  • Foto: Zugverbindungen im Cadore | Thomas Huck
  • Der Ausdruck der allgemeinen Naturverbundenheit ist – nein, nicht der Umweltschutz-, sondern der Stau

    Somit befindet sich diese Region heute in der gleichen Situation, wie vor 100 Jahren schon. In einer isolierten Lage, ohne nennenswerte Grenzverbindungen, jedoch mit verschiedensten Ideen, um diese zu schaffen. Nur mit dem Unterschied, dass in den letzten 100 Jahren bereits unterschiedliche Unternehmungen begonnen und umgesetzt wurden, welche weniger einem abgelegenen Berggebiet mit Abwanderungsproblemen entsprechen, als einem zentralen Transitpunkt in den Alpen. So wurde bereits in den Nachkriegsjahren begonnen, im Cadore eine Kette von Stauseen und Kraftwerken zu errichten, welche das ganze Tal zu einer großen zusammenhängenden Maschine machten und die noch heute den Großraum Venedig mit Strom versorgt. Auch wurde die Staatsstraße entlang des Piave punktuell bereits sehr stark ausgebaut, damit eine spätere Adaptierung zur Autobahn möglich wäre. So befindet sich auf dieser Strecke z.B. die Cadore Brücke (Ponte Cadore), welche mit 185 m Höhe auf Platz 10 in Europa ist und von einem Viadukt ähnlich der Brennerautobahn gefolgt wird. Nicht zu unterschätzen ist auch der Faktor, dass die Bevölkerung über Jahrzehnte den Glauben an eine Zukunft aufgebaut hat, die nie kam. Und deshalb den Zwiespalt, welcher im Tal durch verschiedene Bauten und Situationen optisch zum Vorschein tritt, teils auch in sich selbst trägt.

  • Foto: Cadore als Wasserkraftwerk | Thomas Huck
  • Insbesonders hochliegende Brücken, Staudämme und Eisenbahntrassen haben solche Wertschätzung erfahren oder sind gar zu nationalen Symbolen aufgerückt

    So bringt die Bobbahn in Cortina den Kampf um Bedeutung und Zukunft dieser Gegend erneut hervor. Den anhand von Projekten und Bauten kann man die Entwicklung von Orten erzählen. Oder sind es erst die Projekte und Bauten, die die Entwicklung von Orten vorantreiben? Was jedoch, wenn sich zwischen der wahren und der erbauten Entwicklung immer größere Unterschiede ergeben? Wer gewinnt den Kampf um die Zukunft? Die ambitionierte Hoffnung oder die harte Realität?

  • Foto: Besondere Bauwerke im Cadore | Thomas Huck
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Hartmuth Staffler Sat, 06/08/2024 - 17:50

Auch wenn es kein Artikel der Salto-Redaktion ist, könnte sich diese doch ein wenig um Rechtschreibung und Grammatik kümmern und auch den holprigen Schreibstil ein wenig korrigieren, um die Lesbarkeit des Artikels zu verbessern.

Sat, 06/08/2024 - 17:50 Permalink