Environment | Kryptowährungen

Kryptomining: Umweltsünde oder Zukunft?

Kryptowährungen sind in aller Munde, doch wo kommen sie eigentlich her? Salto.bz hat dazu einen Experten bzw. einen sogenannten Miner interviewt.
Miner sind Personen die mit spezieller Hardware Kryptowährungen produzieren. Die Miner erhalten dabei einen Anteil der generierten Währung, ein sogenanntes „Block-Reward“, welches der Belohnung pro generierten Block entspricht. Das Block-Reward wird nach der Validation und Berechnung eines Blockes, den Minern anteilsmäßig ausbezahlt.
Beim Mining werden Blöcke von Kryptowährungen geschaffen, die der Blockchain angehängt werden. Dabei erhält jeder Block die Informationen des vorherigen Blockes. Eine einzelne Änderung des Blocks oder einer Transaktion ist nicht möglich, da es dafür theoretisch mindestens 51% des gesamten Netzwerkes bräuchte. Jedes mal, wenn jemand Geld sendet oder empfängt wird dies in einen Block geschrieben und zur Blockchain hinzugefügt. Genau deswegen gelten Kryptotransaktionen als so sicher, da durch die Verkettung und die Dezentralität die Sicherheit gewährleistet wird.
Einen Einblick in die Welt des Minings gibt uns Max (Name anonymisiert). Max ist seit 2017 leidenschaftlicher Miner und begeistert von der Technologie.
 
 
Salto.bz: Max erzähl bitte, wie du überhaupt zu diesem ungewöhnlichen Hobby gekommen bist?
 
Max: Ich war eigentlich immer schon sehr technik- und computeraffin, das Basteln von Computern hat mich von klein auf immer schon begeistert. Ich habe in meiner Kindheit gerne Sachen auseinandergebaut und versucht, sie zu reparieren oder verbessern - auch wenn das in den meisten Fällen nicht funktioniert hat. In meiner Jugend habe ich mich mit dem Bauen von PCs beschäftigt, und für mich und Freunde, Computer zusammengestellt. Irgendwann hatte jedoch jeder einen Computer und ich war quasi hobby-los. Von da an beschäftigte ich mich nur mehr ab und zu mit PCs. 2014 hörte ich dann das erste Mal von Kryptowährungen und die angeblichen Gewinne, die man damit machen konnte. Ich stand diesem „virtuellen Geld“ jedoch skeptisch gegenüber und vergaß das Thema eigentlich ziemlich schnell wieder. Erst 2017 sollte ich erneut von Kryptowährungen hören. 2017 war wie 2014 ein gutes Jahr für den Kryptomarkt und nun hörte ich erstmals von diesem „Mining“ – also dem Generieren von Kryptowährungen. Es galt damals als schwieriges Thema, da man sehr viel Hardware und Wissen brauchte um eine lukrative Maschine zu bauen. Eigentlich hat mich nicht das Interesse an Kryptowährungen motiviert, sondern viel mehr die Challenge, einen PC zu bauen der lukrativ arbeitet. Ich hatte noch einige Computerbauteile übrig und begann, einen PC zu bauen (…) 
 
Warum ist das Mining für dich also so interessant?
 
Das Mining ist für mich so interessant, da ich das Lösen von Problemen so interessant finde. Nachdem ich den ersten PC fertig gebaut hatte, entschied ich mich dazu, mehrere Grafikkarten anzuschließen, was in einer extremen Wärmeentwicklung endete. Ich musste also effizienter Kühlen und die überschüssige Wärme loswerden. In der Folge musste ich ein besseres Kühlsystem entwickeln. Es geht mir also mehr um die Lösung, wie effizient man ein Gerät bauen kann. Es gibt genügend Hardware, die effizient ist wie ASICs (Rechner, die nur für das Mining konzipiert wurden) – das Problem ist nur je effizienter die Geräte, desto mehr Strom verbrauchen sie, deswegen ist es meine Aufgabe, die Komponenten abzuwägen und deren Produktivität und Stromkosten zu vergleichen.
 
Kreativität ist beim Bau gefragt
Miningrig: Die Kühlung mehrerer Grafikkarten erfordert Kreativität (Foto: rebcenter-moscow)
 
Wo wir gerade bei den Stromkosten sind, wie umweltfreundlich findest du eigentlich das Mining?
 
Man kann nicht leugnen, dass das Minen von Kryptowährungen sehr viel Strom verbraucht. Ich finde aber, man sollte bedenken, dass das Minen da oft als sehr schädlich dargestellt wird, obwohl es noch viele andere fragwürdige Energiefresser gibt. Ich für meinen Teil muss sagen, es geht hier nicht nur um den Energieverbrauch, sondern vielmehr darum, wie man die entstehende Wärme einsetzt. Ich heize beispielsweise meine Wohnung mit der überschüssigen Wärme und muss sagen, es lohnt sich für mich mehr, mit meinen Geräten zu minen und gleichzeitig zu heizen, als wenn ich mit Strom oder Gas heizen müsste. Fairerweise muss man sagen, dass, wenn ich natürlich mit Strom oder Gas heizen würde, die Rechnung am Ende des Monats sicherlich günstiger wäre, jedoch habe ich dann eine Investmentchance verpasst.
 
 
Ich gehe mal davon aus, dass du sicherlich einen höheren Stromverbrauch hast als der Durchschnittsbürger, wie gehst du mit deinem Gewissen damit um?
 
Ja, ich verbrauche weitaus mehr Strom als ein gleichwertiger normaler Haushalt. Ich muss aber sagen, dass ich kein schlechtes Gewissen habe. Ich zahle meine Rechnungen ja trotzdem. Zudem muss man sagen, dass viele Menschen das Minen von Kryptowährungen direkt kritisieren und nur auf den Stromverbrauch reduzieren, was sie nicht dahinter sehen, ist der Beitrag zum Netzwerk bzw. zur Gesellschaft. Alles braucht Strom heutzutage, die Server von Google, die Cloudspeicher, jedes Haushaltsgerät etc. deswegen finde ich es unfair, das Mining immer nur auf den Stromverbrauch zu reduzieren. Vor allem durch die Digitalisierung ist unser Stromverbrauch gestiegen und meines Erachtens wird der Stromverbrauch weiterhin ansteigen. Wo ich eher das Problem sehe, ist die Herkunft und der Preis des Stroms. In Südtirol haben wir einen überdurchschnittlich hohen Preis pro kWh, obwohl wir eigentlich umweltfreundlich den meisten Strom aus Wasserkraft gewinnen und mehr produzieren als wir brauchen. Den überschüssigen Strom verkaufen wir dann, anstatt den Bürgern einen günstigeren Strompreis anzubieten.
 
 
Gute Frage, aber bleiben wir beim Thema Mining, inwiefern findest du Südtirol als Standort für Mining interessant?
 
Südtirol hat extremst viel potential als Standort für Mining: Wir haben grüne und nachhaltige Energiequellen, einen hohen Wärmeverbrauch, durch niedrige Temperaturen und kalten Wintern und genügend Standorte. Aber sagen wir so, das Potential ist da, nur nicht nutzbar – zum einen eben wegen der hohen Strompreise und zum anderen denke ich, ist es schwierig, die Südtiroler zu überzeugen, weil sie Kryptowährungen meistens mit Kriminalität assoziieren.
 
 
Warum glaubst du, ist dies der gängige Gedanke?
 
Ich finde einfach, dass sich die meisten zu wenig interessieren. Ich glaube, dass viele einfach untereinander reden und ihre eigenen Meinungen diskutieren, anstatt sich das bzw. die Projekte anzuschauen und durchzulesen. Ich bin deswegen der festen Überzeugung, dass, wenn sich jemand ein wenig über die Kryptotechnologie informiert, auch ein Laie das Zukunftspotential verstehen wird. Zudem wurden früher oft Kryptowährungen in Verbindung mit Kriminalität im Internet gebracht. Jedoch halte ich dies für schwachsinnig, das wäre so, als würde man dem Bargeld die Schuld geben für ein Drogenproblem. Nach dem Motto: Wenn man kein Geld hätte, würde man nix kaufen können.
 
 
Das stimmt schon, aber soweit ich Bescheid weiß, ist das Problem dabei eher die Anonymität, also dass man das Geld nicht einen Besitzer zuweisen kann.
 
Das stimmt ja, aber ich finde das stellt kein Problem dar. Ich finde das ist die Lösung. Warum muss Geld immer nachverfolgt werden? Ich rede jetzt nicht vom Staat, dort wäre es verständlich, weil er seine Einkünfte kontrollieren muss. Ich rede von unteren Instanzen – hauptsächlich Banken. Das Geschäft der Banken ist logischerweise das Geschäft mit dem Geld. An sich ist am Geschäft mit Geld nichts verwerflich, was ich aber verwerflich finde, sind die Vorwürfe gegenüber der Blockchaintechnologie. Kryptowährungen gelten als unsicher und spekulativ. Den spekulativen Teil kann man sicherlich nicht leugnen, aber über die Sicherheit brauch man sich keine Gedanken zu machen. Das Netzwerk besteht aus X-Tausenden Geräten, die in unterschiedlichen Ländern, von unterschiedlichen Personen, an unterschiedlichen Standorten betrieben werden. Jeder einzelne Miner leistet seinen kleinen Beitrag zur Vervollständigung des Blockes. Jeder einzelne stimmt der Validation des Blockes zu. Keiner weiß, welches Gerät wem gehört und keiner hat Zugriff auf alle Geräte, geschweige denn mehr als die Hälfte der Geräte. Was will ich aber damit sagen: Meiner Meinung nach gibt ein Netzwerk auf Blockchain-Basis mehr Stabilität als ein klassisches Bankennetzwerk.
 
 
Apropos Anonymität warum möchtest du anonym bleiben?
 
Ich weiß, es könnte etwas suspekt wirken, wenn ich anonym bleiben möchte. Dies liegt jedoch nicht daran, dass ich etwas zu verbergen habe. Ich zahle ganz regulär Steuern und auch Steuern auf meine Trades, also Käufe und Verkäufe. Ich möchte aber trotzdem anonym bleiben, da ich erstens sicherlich Maschinen im Wert eines neuen Autos zuhause habe und zweitens, um unangenehmen Situationen zu vermeiden. Es sind die klassischen Dorfgespräche und Lästereien, die mich stören.