Economy | Steuern

Ungerechtigkeit als Strategie?

In den kommenden Wochen wird die Regierung den Entwurf des Haushaltsgesetzes vorstellen. Die bisher bekannten Maßnahmen lassen nichts Gutes erwarten.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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  • Diese Regierung begünstigt gezielt bestimmte Kategorien von Steuerzahlern, was nicht nur zu Einnahmeausfällen führt, sondern auch die Vermögensungleichheit weiter verstärkt.

    Langfristig sind Konflikte zwischen den Steuerzahlern vorprogrammiert – möglicherweise sogar gewollt. Gerechte und am Allgemeinwohl orientierte Lösungen sind kaum in Sicht, insbesondere im Steuerwesen.

    Schrittweise werden auch andere Gesellschaftsschichten eine privilegierte Besteuerung einfordern. Sollten irgendwann auch Arbeitnehmer und Rentner von einem solchen Steuersystem profitieren, dürfte dies die Abschaffung universeller Rechte zur Folge haben, da wesentliche Mittel für das Funktionieren eines Rechtsstaates fehlen würden.

    Weniger Staat und mehr freier Markt – dies ist seit jeher die Strategie der Rechtsparteien.

    Eine Demokratie hat jedoch keine Zukunft, wenn Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten ein bestimmtes Maß überschreiten. Die Spaltung der Gesellschaft, Wahlmüdigkeit und das Erstarken nationalistischer und rechtsextremer Parteien sind untrügliche Zeichen dafür, dass die Politik der letzten Jahrzehnte versagt hat.

    Ein demokratischer Staat kann nicht bestehen, wenn er nur von einem Teil der Bürgerschaft Verantwortungsbewusstsein fordert, während andere Teile sich den Pflichten entziehen.

    Rechtsstaatlichkeit bedeutet etwas Anderes.

    Die Krise der Demokratie beginnt mit der Verletzung des Paktes zwischen Staat und Bürgern und der Frage, wie angemessen jeder Einzelne zur Finanzierung des öffentlichen Systems beiträgt.

    Öffentliche Ausgaben bedeuten Gesundheits- und Sozialleistungen: Hausärzte, Gesundheitszentren, Krankenhäuser, Pflegeheime, häusliche Pflege und die Finanzierung der Pflegebedürftigkeit. Sie stehen auch für Bildung, Investitionen in Straßen, Verkehr, Umweltschutz und Forschung.

    Die Unterstützung des digitalen Wandels und der Innovation durch die Umstrukturierung des Produktionsapparats ist ohne öffentliche Mittel kaum vorstellbar.

    Steuern sind nicht beliebt, aber niemand möchte im Krankheitsfall auf sich allein gestellt sein. Um in einer plötzlichen Notlage auf ein öffentliches System zählen zu können, muss jeder seinen Beitrag leisten.

    Dabei ist auch die Förderung neuer Talente durch ein gutes Bildungswesen und Investitionen in Forschung von grundlegender Bedeutung. Infrastrukturen und gut funktionierende öffentliche Dienste sind für das Wohlbefinden der Gesellschaft unerlässlich.

    Für alle diese Bereiche werden Ressourcen benötigt. Diese müssen basierend auf der wirtschaftlichen Situation des Bürgers und der tatsächlichen Verfügbarkeit der Mittel bereitgestellt werden. Dies darf kein Akt der Großzügigkeit des Einzelnen sein, sondern ist Voraussetzung für den Zusammenhalt einer Gesellschaft.

    Wenn die Politik von einem „Raubrittertum“ des Staates spricht, ist das verantwortungslos und zersetzt die Gesellschaft. Ein Steuersystem, das in immer dreisterer Weise die Schlauen belohnt, kann dadurch nicht gerechtfertigt werden.

    Arbeitnehmer und Rentner müssen mit Nachdruck eine Umkehr dieser Politik fordern.

    Hundert Milliarden Euro an Steuerhinterziehung, Steueramnestien, begünstigte Besteuerung und Präventivabkommen für Selbstständige untergraben das Prinzip des Rechtsstaates und jede Form von Gerechtigkeit und Progressivität bei den Steuern.

    Hier gilt es anzusetzen, sonst verliert die Demokratie an Wertschätzung.

    Wenn ehrliche Bürger sich hintergangen fühlen und manchmal sogar schikaniert werden, schwindet das Vertrauen in die Institutionen.

    Die Regierungen werden oft als Sprachrohr bestimmter Interessen gesehen und verlieren damit an Glaubwürdigkeit. Der Fiskus darf nicht das eigene Wahlvolk bevorteilen, sondern muss gerecht sein.

    Andernfalls wird der Populismus weiter gestärkt, selbst wenn er keine glaubwürdigen Lösungen anbietet. 

    Die Arbeitswelt braucht eindeutige Antworten auf dem Arbeitsmarkt, sichere Arbeitsplätze, weniger prekäre Arbeitsformen und eine angemessene Entlohnung zur Erhaltung der Kaufkraft. 

    Bei den Renten ist nach den massiven Kürzungen, die die Regierung Meloni für das Biennium 2023–2024 bei der Anpassung der Renten vorgenommen hat, die Rückkehr zur jährlichen Rentenanpassung gemäß der vom ISTAT festgestellten Inflation erforderlich.

    Auch die Rentner, die von der Regierung benachteiligt wurden, haben ein Anrecht auf die Beibehaltung der Kaufkraft.

    Die Strategie, der einen Bevölkerungsgruppe sieben Milliarden zu nehmen und anderen großzügig Steuererleichterungen und Amnestien zu gewähren, ist ein gefährliches Spiel für die Demokratie, besonders, wenn dadurch die Ungleichheiten steigen und soziale Konflikte befeuert werden.

    Alfred Ebner