Economy | Sustainability Days

„Definieren, was eine Kompensation ist“

Einer der Speaker beim Eröffnungstag der Sustainability Days, Wirtschaftsnobelpreis-Träger Robert Fry Engle über Klimakompensationen. Sind diese ein Weg aus der Krise?
Robert Fry Engle
Foto: Thomas Rötting
In seinem Talk ging es Professor Engle anfangs um Transformationsprozesse im ländlichen Raum, mit denen sich ein Territorium wie Südtirol für den Klimawandel wappnen kann. Dabei ging es, neben der Bildung von Interessengruppen, Vorbereitung und Reaktion auf die nicht mehr abzuwendenden Folgen und den politischen Zusammenschluss mit ähnlich betroffenen Regionen auch um die Mittel der Wirtschaft um dem Klimawandel entgegen zu wirken, neben CO2-Bepreisung, Climate Hedge Fonds auch um Klimakompensationen (in Englischer Sprache „Carbon Offset“). Der Wirtschaftsnobelpreisträger zu Stärken und Schwächen des Konzepts.
 
 
Salto.bz: Professor Engle, welches sind die Gefahren, die durch die Preisschwankungen bei Klimakompensationen entstehen? Was passiert wenn der Preis für die Kompensation von CO2 steigt oder fällt?
 
Robert Fry Engle: Was eine Klimakompensation leisten soll ist eine entsprechende Reduktion von CO2 in der Atmosphäre, vergleichbar dazu wenn diese Emissionen vermieden würden. Aktuell wird das nicht garantiert, weil das regulatorische Umfeld nicht weiß, wie. Die Preise von Kompensation sind derzeit niedriger als die von Emissionsrechten, sie könnten allerdings noch weiter im Preis sinken. Ich rechne damit, dass Klimakompensationen früher oder später wie Aktien gehandelt werden, weswegen sie im Wert steigen und fallen werden, was aber auch auf Emissionsrechte zutrifft. Letztlich sollten Sie den selben Preis erhalten, wenn die Kompensation der Emission entspricht.
 
Wie lässt sich die Kompensation auch längerfristig kontrollieren? Wird ein Wald nach wenigen Jahren gerodet, wird CO2 erneut freigesetzt…
 
Das ist ein Problem mit Klimakompensationen. Man müsste durchsetzen, dass die Kompensation ersetzt wird. Man könnte eine Versicherung einführen und dafür zahlen, dass ein Wald nicht gerodet wird. Wir haben das bis jetzt nicht getan. Wenn ein Wald gerodet wird, endet die Wirksamkeit der Kompensation und sie hört auf, Dividenden zu zahlen. Die Kompensation ist aber mit keinem Kapital verbunden. Ich denke, da ist das Gesetz recht schwammig. Hier sollte das regulatorische Umfeld für mehr Klarheit sorgen, wenn der Markt für Klimakompensationen noch wächst. Was diesen Markt groß machen könnte, wäre, wenn das Handelssystem für Emissionsrechte sich darauf einigen könnten, was sie auf einer eins-zu-eins-Basis als Kompensation akzeptieren können. Das würde den Preis festlegen und definieren, was eine Kompensation ist.
 
Schafft der Umstand, dass Klimakompensationen aus Kostengründen hauptsächlich in ärmeren Ländern stattfinden Probleme?
 
Das ist eigentlich ein Vorteil: Wenn ärmere Länder bereit sind, Wälder zu pflanzen und deren Langlebigkeit garantieren, damit diese weiterhin CO2 aufnehmen, so ist das ein Weg um das Klimaproblem zu lösen und Einkommen für eine wirtschaftliche Entwicklung zu generieren. Ein wirtschaftlich schwaches Land könnte darin eine gute Strategie sehen, um Einkommen zu generieren. Daran sehe ich nichts Falsches.
 
Besteht die Gefahr, dass etwa bei einer Auslagerung der Kompensation ins Ausland doppelt gezählt wird?
 
Sie weisen darauf hin, dass Doppelzählungen stattfinden: Manchmal verkauft die Regierung eines Landes Klimakompensation, manchmal der Landbesitzer, oder auch ein Ausländer der ins Land kommt, kann diese verkaufen. Dafür muss eine Lösung gefunden werden, aber ich weiß nicht, wie diese aussieht. Es sollte nicht möglich sein, die selbe Klimakompensation mehrfach zu verkaufen, da nur eine Kompensation geleistet wird. Wahrscheinlich sollte der Landbesitzer derjenige sein, der Gewinne aus der Kompensation schöpft.
 
Sehen Sie Klimakompensationen als ein mögliches, lohnendes Wirtschaftsmodel ins Südtirol?
 
Ich denke schon. Es gibt Flächen, auf denen Wälder gepflanzt werden können und das könnte lukrativer sein als etwa diese Flächen als Weideland zu nutzen. Ich weiß es nicht genau. Zumindest stellt es eine alternative Einnahmequelle für Bauern da. Es gibt auch Kompensationen, die aus anderen natürlichen Prozessen stammen: Etwa die Umwandlung von Abfällen in Kraftstoff. Ich kann mir vorstellen, das auch einige fortschrittliche Landwirtschaftstechnologien als Klimakompensationen vermarktet werden können. Es gibt allerdings viele regulatorische Probleme um auch sicherzustellen, dass eine Kompensation eine Kompensation ist. Tatsache bleibt, wir werden um unsere Emissionsziele zu erreichen, Klimakompensationen brauchen. Wir werden ohne Negativ-Emissions-Strategien nicht auf eine Null-Emission kommen. Es hat daher hohe Priorität Klimakompensationen zu definieren, regulieren und versichern. Der Markt ist momentan in großer Unordnung und deswegen sind die Kompensationen derzeit günstig.
 
 
In Ihrem Vortrag haben Sie unter anderem auch von Aktienportfolios gesprochen, die Investitionen gegen den Klimawandel absichern. Wie sehen Sie es aus ethischer Sicht auf die Verschlimmerung der Klimakrise zu setzen?
 
Ich denke, das ist ethisch: Man setzt auf die Firmen, die sich auf den Klimawandel vorbereiten. Das ist der Ausgang, den man möchte. Oder man betreibt Leerverkäufe bei den Firmen, die dies nicht tun. Das verändert den Kapital-Preis für beide Firmen: Man macht es günstiger für diejenigen mit Klimabewusstsein und teurer für die anderen. Das ist nicht wirklich eine Wette, sondern ein Positionierung die im Wert steigt, wenn der Klimawandel sich verschlimmert. Es ist eine Absicherung, keine Wette.