Aufmarsch für die Peripherie
Schaffen es Martha Stocker und die Landesregierung ihre Sanitätsreform tatsächlich bis Weihnachten durchzuziehen? Der gestrige Montag ließ daran erneut berechtigte Zweifel aufkommen. Entschlossen wie empört marschierten da die Bezirksobmänner, SVP-Ortsobleute und Bürgermeister der Gemeinden Innichen, Sterzing und Schlanders in der Bozner Brennerstraßen auf. Mit dabei bei einem weiteren hitzigen Treffen mit Gesundheitslandesrätin Stocker in dem Fall auch Landeshauptmann Arno Kompatscher und Parteiobmann Philipp Achammer. „Das gemeinsame Gespräch und der Austausch untereinander stellen gerade in der aktuellen Phase einen wichtigen Schritt auf dem Reformweg des Gesundheitswesens dar“, betonte letzterer in der offiziellen Presseaussendung der Partei.
Was auf dem Papier harmonisch rüberkommen mag, ist in der Realität allerdings knallhartes Verhandeln. Parteiaustritte, Demos, vorzeitiger Stopp der Mitgliedersammlung – alles wurde in Sterzing, Innichen und Schlanders bereits angedroht und teilweise ausgeführt. Am Montag pochten die BezirksverteterInnen nun vor allem darauf, Klarheit zu Daten und Rechtslage zu erhalten. Eine Reform und vor allem die Schließung von Geburtenabteilungen wird nicht von oben diktiert, werden eine neue Innichner Gemeindereferentin wie Simone Wasserer oder ein alter Hase wie Sterzings Bürgermeister Fritz Karl Messner nicht müde zu betonen. Unter Verschluss gehaltene Studien, unklare Zahlen und Spielräume sind keine feste Basis, um Gegenvorschläge zu präsentieren. Hier soll nun mehr Klarheit geschaffen werden, zeigten sich die BezirksvertreterInnen nach dem Treffen ein wenig versöhnt. Auch die Bevölkerung soll nun endlich miteinbezogen werden, frohlockte der Sterzinger Bürgermeister. „Der Landeshauptmann hat mir noch vor einer endgültigen Entscheidung eine Diskussion im Stadttheater von Sterzing mit der Bevölkerung und allen Wipptaler Gemeinderäten zugesichert“, sagt Fritz Karl Messner.
ArbeitnehmerInnen: Ausbau der Gesundheitsangebote im peripheren Raum bleibt Priorität
Auch Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler bleibt bei seinem Standpunkt: Für eine Schließung der kleinen Geburtshilfen habe Martha Stocker von der SVP-Leitung keine Vollmacht bekommen, sondern höchstens eine Vollmacht zum Verhandeln. Reform Ja, aber bei einer gleichzeitigen Sicherung bzw. einem Ausbau der derzeitigen Leistungen, waren sich die Mitglieder des Landessozialausschusses bei ihrer Sitzung am Montag Abend einig. Konkret bedeutet das laut Renzler: Wenn es tatsächlich zu Schließungen kommen muss, dann nicht bevor Ersatzstrukturen aufgebaut sind. Hebammendienst, 24-Stunden-Betreuung, Ausbau der Hausarztdienste – all das brauche allerdings nicht zuletzt wegen des zunehmenden Ärztemangels mindestens fünf bis acht Jahre, schätzt der Arbeitnehmerchef. Entsprechend lang müsse auch in der Peripherie alles beim Alten bleiben. Doch die Verlegung der Geburten von den Grundversorgungs- in die Schwerpunktkrankenhäuser erscheint Renzler ohnehin wenig logisch. „Wenn ich Geburten von Sterzing nach Brixen verlege, fehlen mir dort auch wieder Kapazitäten,“, sagt er. Mit Kosten verbundener Aufbau auf der einen Seite, um bei bestehenden und gut laufenden Strukturen einzusparen?
90 Prozent der Entwicklungsleitlinien Martha Stockers könnten die Mitglieder des höchsten Gremiums der SVP-Arbeitnehmer unterschreiben, sagt Renzler. Bei den Bezirkskrankenhäusern bleibt es dagegen beim entschlossenen „Njet“. „Oberstes Prinzip der Gesundheitsreform und Grundlage jeder Entscheidung muss der Ausbau der Gesundheitsangebote im peripheren Raum aus“, heißt die Forderung der Arbeitnehmer. Sparen könne man dagegen in Bozen, wo die Kosten in der Verwaltung zu hoch seien, beispielsweise mit einer einheitlichen Dateneerfassung anstatt der derzeitigen vier, sagt ihr Vorsitzender.
Dieser stellt allerdings auch in Frage, wie viel Rotstift es tatsächlich braucht. „Wie viel ist unsere Gesundheit wert?“ lautet die grundlegende Frage, die sich die Politik nun zu stellen hat. Im Vergleich mit Ländern wie Österreich, Deutschland und der Schweiz sei der Anteil der gesamten Wirtschaftsleistung, der für die Sanität ausgeben wird, immer noch gering. Mit 6,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liege Südtirol bei den Gesundheitsausgaben aber nicht nur um beträchtliche 1,25% hinter Deutschland, sondern auch ein Stück unter dem italienischen Durschnitt. „Unser Gesundheitssystem ist leistbar und auch tragbar“, sagt Hemuth Renzler. Und es ist vor allem heiß umkämpft.
Und wo bleiben die Wutbürger,
Und wo bleiben die Wutbürger, deren Steuergelder sozusagen fehlinvestiert wurden?? Ich erinnere z.B. auch an die vollkommen eingerichtete Wäscherei im Krankenhaus Meran. Alles für die Katz, denn die Wäsche wird auswärts behandelt. Was passiert mit den Geräten? Wo liegt der Unterschied zu den beanstandeten Situationen in Süditalien??