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Kreuzfahrt in den Jihad

Im Westen aufgewachsene IS-Sympathisanten erreichen das Terror- Kalifat neuerdings auf Luxusdampfern. Sie buchen Mittelmeer-Kreuzfahrten, um in die Türkei zu gelangen.

Wenn ich aus unserem Wohnzimmerfenster in Istanbul schaue, dann sehe ich riesige Kreuzfahrtschiffe direkt vor unserer Haustüre ankern.  Der Hafen für die grossen Luxusdampfer liegt so nahe , sodass ich die Passagiere sehen kann, wenn sie bei Ankunft und Abfahrt auf das Deck stürmen, um die komplizierten Anlege-und Start-Manöver zu beobachten.  Nicht nur deshalb, also weil ich Tag und Nacht direkt mit Kreuzfahrtsschiffen konfrontiert bin, ist mir schon lange der Gedanke gekommen, dass angehende ISIS-Terroristen auf diesem Weg ohne Problem in die Türkei einreisen könnten, um vorn dort aus Syrien oder den Irak zu erreichen. Als Kreuzfahrer getarnt könnten sie in Istanbul von Bord gehen und verschwinden.

Genau das tun neuerdings die  Jung- Dschihadisten, wenn sie aus EU-Staaten ins Kalifat gelangen wollen.  Um Grenzkontrollen zu umgehen, die in den letzten Monaten strenger geworden sind, buchen sie eine Mittelmeer-Kreuzfahrt und ereichen so, auf komfortable Art , die erste und wichtigste Etappe ihrer Reise : nämlich Istanbul  . Nicht auf dem Pferd,  wie die verhassten christlichen "Kreuzritter",  sondern auf dem Luxusdampfer als "Kreuzfahrer "bewegen sich die unheiligen Krieger fort, um zu ihrem Ziel zu gelangen.    

Trotz internationaler Kritik ist die türkische Grenze  weiterhin sehr durchlässig, wenn es darum geht, ISIS-Kämpfer ins versprochene Land zu schleusen. Und trotz einiger Misserfolge des Terrorkalifats strömen weiterhin kampfbereite " Homegrown", also im Ausland geborene und dort aufgewachsene Ausländerkinder , in das syrisch-irakische Kriegsgebiet. Sie wollen dort im Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen als Märtyrer sterben.

Die meisten "Homegrown" gehören zu den Verlierern der westlichen Gesellschaft. Meist handelt es sich um Schulabbrecher und Arbeitslose, die glauben, nichts mehr verloren zu haben. Deshalb fallen sie auch so leicht auf die hochprofessionelle Propaganda des ISIS- Terror-Regimes herein, das im Internet und in Hochglanzbroschüren die Vorzüge des  Kalifats anpreist. Wer kämpft, so die Werbung, wird finanziell gut entlohnt, kann Frauen vergewaltigen, sofern es sich bei ihnen um Kriegsbeute handelt und kommt schlimmsten- oder bestenfalls ins Paradies, wo ihn die berühmten Jungfrauen erwarten, die der Koran verspricht.           

Dass die Realität anders aussieht, haben einige wenige Ex-Dschihadisten bezeugt, denen die Flucht aus dem Kalifat gelungen ist. Sie berichten von unaussprechlichen Greueltaten und einem regelrechten Terror auch gegenüber den eigenen Milizen. Wer an den Blutorgien zweifelt, wird in die Mangel genommen oder unter Drogen gesetzt, damit er ruhig bleibt . Auch berichten die Rückkehrer darüber, dass die "Foreign Fighters" von den ISIS-Chefs besonders gern als Selbstmordattentäter benutzt werden. Die " Ausländer" werden als besonders todesmutig, aber auch grausam eingeschätzt .  Das erklärt auch, weshalb die brutalen und auf Video aufgezeichneten Hinrichtungen von Journalisten und Helfern von diesen "Foreign Fighters "durchgeführt wurden. Letztes Beispiel: der deutsche Rapper Deso Dogg, der ins Kalifat abgetaucht war und kürzlich von dort ein erstes Lebenszeichen per Video gegeben hat: inmitten abgehackter Köpfe, wohl um sich zu rühmen, dass er an den Greueltaten selbst teilgenommen hat.