Economy | Steuerbonus

Rientro dei cervelli

Ein Anreizsystem für Hochqualifizierte bleibt oft ungenutzt.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: CC BY Wikipedia.it

 

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 Open Technologies recherchiert zu den Anreizen für Unternehmer und Arbeitnehmer im Technologiesektor.

 Diesmal: Interview mit Otto Reinstaller, Berater in der Steuer- und Wirtschaftsberater Kanzlei Thaler & Partner in Bozen über das Dekret “Rientro dei cervelli”

 

Herr Reinstaller können Sie knapp umreißen, worum es im Dekret "Rientro dei cervelli" geht? 

Im Kern sind es sehr großzügige und eigentlich unbürokratische Steueranreize für Führungskräfte und hochspezialisierte Arbeitnehmer, welche vom Ausland nach Italien arbeiten kommen. Das Gesetz zielt darauf ab, spezialisierte Arbeitskräfte nach Italien zu holen und Italien als Arbeitsort attraktiver zu machen.

Der Name „Rientro dei cervelli“ ist eigentlich nicht mehr ganz richtig, weil er nicht mehr nur Rückkehrer bezeichnet, sondern auch auf Arbeitskräfte aus der EU und aus Drittländern ausgeweitet wurde. Man müsste nun also von „Entrata dei cervelli“ sprechen.

Kennen Sie die Geschichte dieses Gesetzes? Wann ist es entstanden, wie hat es sich entwickelt?

Eine Steuerbegünstigung für Rückkehrer aus dem Ausland gibt es eigentlich schon seit 2010 (Gesetz Nr. 238/2010). Anfangs waren die Steuerbegünstigungen außerordentlich großzügig – es wurde nur 20% (bei Frauen) und 30% (bei Männer) des ital. Einkommens versteuert.

Diese großzügige Begünstigung wurde 2016 abgeändert und umgedreht. 30% des Einkommens wurde befreit und somit 70% besteuert.

Nun mit dem Finanzgesetz 2017 wurde nachgebessert und die Steuerbegünstigung auf 50% angehoben. Die neue Regelung gilt nun bis 2020 für unselbstständige Arbeitnehmer und Freiberufler.

Voraussetzungen sind:

In den letzten fünf Jahren nicht in Italien ansässig gewesen zu sein, den Wohnsitz nach Italien zu verlegen und sich zu verpflichten, diesen für mindestens zwei Jahre hier zu behalten.

Die Arbeitnehmer müssen eine hohe fachliche Qualifikation besitzen oder eine Führungsposition bekleiden.

Wie schätzen Sie die Vorteile für den Rückkehrer/ Antragsteller ein?

Die Vorteile lassen sich am besten anhand eines Beispiels darstellen.

Hier die Regelung von 2010:

Beispiel: jährl. Bruttoeinkommen 100.000€

Einkommenssteuer IRPEF ohne Begünstigung = 36.170€

Einkommenssteuer IRPEF mit Begünstigung (Frauen)= 4.800€

Also eine Steuerersparnis von 31.370€

Dies zeigt wie viel so manchen Arbeitnehmer bisher wohl entgangen ist, es gibt wahrscheinlich eine hohe Dunkelziffer von Personen die die Förderung nicht genutzt haben.

Aber auch die aktuelle Regelung 2017 bringt, wenn wir beim selben Beispiel bleiben, eine Steuerersparnis von ca. 20.000€.

Bemerkenswert ist auch die unbürokratische Regelung. Wenn ein Steuerpflichtiger die Voraussetzungen erfüllt reicht eine Eigenerklärung beim Arbeitgeber abzugeben. Mit dem nächsten Gehalt wird der Steuerbonus ausbezahlt d.h. die Auswirkung auf das Nettogehalt ist sofort bemerkbar.

Warum findet es überraschend wenig Anwendung in der Praxis?

Eigentlich unverständlich, dass diese Steuerbegünstigung so wenig bekannt ist und auch wenig angewandt wird. Eigentlich wäre diese Steuerbegünstigung ein ideales Anwerbungsinstrument für Arbeitgeber – private und öffentliche… - auch in Hinblick auf die verzweifelte Ärztesuche des Sanitätsbetriebes.

Was sollten betroffene Leser nun unternehmen?

Kontrollieren, ob Sie die Voraussetzungen erfüllen und gegebenenfalls mit dem Arbeitgeber und dessen Arbeitsrechtsberater/Steuerberater den Steuerbonus besprechen und anwenden.

Interview von Roland Kofler