Environment | KLIMAWANDEL

Herausforderung für die Landwirtschaft

Ob er uns passt oder nicht- der Klimawandel ist ein Fakt und er wird immer mehr Folgen zeitigen. Damit werden wir uns alle ernsthaft beschäftigen müssen...
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Die Folgen des Klimawandels sind offensichtlich: im Sommer vorigen Jahres in Deutschland eine große Dürre mit negativen Folgen für die Weiden (ein deutscher Weltraumpilot berichtete damals aus dem Weltall von riesigen braunen Gebieten) und positiven Auswirkungen auf die Apfelernte (auch in Südtirol), in diesem Winter ungewohnt starke Windböen/ riesigen Schäden in den Wäldern, Schnee über alle Maße nördlich des Brenners, Temperaturen in Südtirol weit über den Mittelwerten, was bisher günstig war für die Ausbreitung kälteempfindlicher Schädlinge.

Zitat Agrarökologie/ Weltagrarbericht, S.28fDie Landwirtschaft ist nicht nur einer der wichtigsten Verursacher des Klimawandels, sondern auch sein bedeutendstes Opfer. Dürre und Überschwemmungen, Stürme und Tornados, der Anstieg des Meeresspiegels, die Versalzung des Grundwassers, häufigere und schwerere Unwetter, die Wanderung und Ausbreitung alter und neuer Krankheitserreger, beschleunigtes Artensterben – all diese Plagen des Klimawandels werden die Landwirtschaft unmittelbar treffen. Der neueste Bericht des Weltklimarates (IPCC) lässt daran noch weniger Zweifel als der Bericht 2007, auf den sich der Weltagrarbericht stützte: Manche Küstenregionen und Trockengebiete werden der landwirtschaftlichen Nutzung vollständig verloren gehen, viele Regionen schwere Einbußen erleiden und nur wenige zu den Gewinnern gehören. Millionen Menschen werden ihre Heimat und Existenzgrundlage verlieren.

Auch Südtirols Bauern werden nicht umhin kommen, sich dem Klimawandel anzupassen, um größeren Schäden vorzubeugen. Monokulturen wie die riesigen Apfelplantagen, auf die der SBB so stolz ist und die manche Bauern reich gemacht hat, werden extrem anfällig werden und es wird eine die heftigen Wetterunbilden ausgleichende, kleinteilige und diversifizierte, vielfältige Landwirtschaft erfordern. Warum?

Zitat Agrarökologie/ Weltagrarbericht, S.28fNach allem, was wir bisher wissen, werden Afrika, der Süden Asiens und Lateinamerika besonders unter dem Klimawandel zu leiden haben. In einigen nördlichen Regionen Europas, Asiens und Amerikas könnte dagegen die Produktivität sogar steigen. Die heute wichtig-sten Exportregionen und Kornkammern der Welt – wie der Mittlere Westen der USA, Australien, Brasilien, Thailand, Vietnam sowie große Teile Chinas und Indiens – müssen mittelfristig mit drastischen Ernteverlusten rechnen. Die von den Gletschern der Anden und des Himalaya bewässerten Gebiete sind besonders hart getroffen: Während das Eis schmilzt, drohen Überflutungen, danach empfindlicher Wassermangel. Erstmals spricht der IPCC von nicht mehr auszugleichenden Ernteverlusten zum Ende des 21. Jahrhunderts; v.a. falls die Temperaturen im Durchschnitt auf über 2 Grad Celsius ansteigen. Noch sind viele, vor allem lokale Auswirkungen des Klimawandels ungewiss. Extreme, die sich hinter globalen Durchschnittswerten verbergen, können Gegenden unbewohnbar machen und fatale Wetterkapriolen verursachen. Wo der Beginn der Regenzeit nicht mehr vorhersehbar ist, wird die Aussaat zum Lotteriespiel.

So unterschiedlich die Anpassungsstrategien in verschiedenen Regionen der Welt sein müssen, lassen sich doch einige erfolgversprechende Grundsätze benennen. Eine Faustregel lautet, die Anfälligkeit der jeweiligen Agrarsysteme für extreme Bedingungen zu reduzieren und ihre Widerstandsfähigkeit durch Diversifizierung zu erhöhen. Monokulturen sind ganz offensichtlich gefährdeter und anfälliger für viele der beschriebenen Herausforderungen als Anbausysteme, die auch noch auskömmliche Erträge liefern, wenn einzelne Pflanzen in einer Saison Einbußen erleben oder ganz versagen.

Also schlechte Aussichten für die industrialisierte Landwirtschaft, die weitgehend von den Chemiekonzernen abhängig ist:

Zitat Agrarökologie/ Weltagrarbericht, S.28fDa die agrarökologischen Wirtschaftsformen keine guten Kunden für die Agrarchemie, industrielles Saatgut und Großmaschinen sind, ist die internationale Agrarindustrie an ihrer Ausweitung nicht interessiert. Dem globalen Handel mit Agrarrohstoffen liefern sie kaum standardisierte Produkte.
Allerdings entwickelt sich im Kleinen, auch international, ein hoffnungsvoller Markt für nachhaltig und fair produzierte „ethische” und „ethnische” Produkte mit nachweisbarer Herkunft, eigener Geschichte und besonderer Regionalität und Qualität.

Einen kleinen, richtigen Schritt in diese Richtung zu tun bietet das Samenfest in Mals an, am 23.2.2109.

Bild
Profile picture for user Peter Gasser
Peter Gasser Sat, 02/09/2019 - 11:04

... einige Gedanken zum Artikel:

-> "Einen kleinen, richtigen Schritt in diese Richtung zu tun bietet das Samenfest in Mals...": das mag großteils schon in etwa zutreffen, aber das "Horrorszenario" muss doch etwas relativiert werden:
Wir leben in der Warmphase einer Eiszeit; in Warmphasen ging es den Menschen immer gut (z.B: Römer, Mittelalter...), in Kaltphasen regierten immer Hungersnöte, Krankheiten, Massensterben, Krieg.
So Gott will, wird es nicht kälter, sondern wärmer: wir ziehen zur Zeit also wohl das bessere Los.
.
-> "Monokulturen wie die riesigen Apfelplantagen...": es ist doch Faktum, dass auch Bananen, Orangen, Tee, Tabak, Baumwolle Blumen, Duftkräuter gleichermaßen angebaut werden. Warum also Kritik immer nur beim Südtiroler Apfel? Man müsste annehmen, dass in Mals niemand raucht, niemand Baumwollkleidung trägt, niemand ...
Unsere ganze Welt-Kultur ist auf diese Art der spezialisierten Produktion aufgebaut.
.
-> "... von nicht mehr auszugleichenden Ernteverlusten": das ist gewagt und wird wohl nicht stimmen: schon heute könnte die Lebensmittelproduktion massiv gesteigert werden, wenn man den Boden für Tabak, Duftkräuter, und Vieles andere der Ur-Nahrungsmittelproduktion zur Verfügung stellt. Das Problem liegt in der Verteilung.
.
Zuletzt: Die Grundursache unserer heutigen Probleme liegt wohl darin: wir sind zu viele Menschen und vermehren uns an einigen Stellen der Erde viel zu stark. Man sehe sich die exponentielle Kurve der Zunahme des Menschen in den letzten 15.000 Jahren an. Aber das Thema ist tabu.

Sat, 02/09/2019 - 11:04 Permalink
Bild
Profile picture for user Klaus Griesser
Klaus Griesser Sat, 02/09/2019 - 18:17

Natürlich gibt es in der Welt verschiedene Monokulturen (für Baumwolle, Soja, Tabak...), in Südtirol sind das halt die Äpfel. Wo es Monokulturen gibt, sind vorher vorhandene Kulturen verdrängt worden, auch mittels „Spezialisierung“ = Auen und Hecken raus! Düngemitel und Herbizide rein! Die Folge : Sinken der Artenvielfalt. Wie das? Ich persönlich als Kind habe noch am Vinschger Talboden beim Marillenklauben im Getreideacker geholfen, beim Heu-Grummet- Bofel Einführen auf Wiesen mit verschiedenen Apfelsorten, Birnen, Zwetschken – heute herrschen dort die Apfelpantagen vor mit wenigen Sorten, kein Getreide, keine Wiesen, keine Margeriten, die Marienkäferlen sind nur mehr als Bildchen auf den Agrios- Schildern vorhanden, auch die Bodenlebenwesen werden chemisch verseucht und mechanisch vergrault. So schaut’s aus – klar, dass mit Industrialisierung die CO2-Emissionen zunehmen und die Bodenfruchtbarkeit ab!

Es stimmt, dass bei uns die Wärme zunimmt! Dadurch ändert sich aber einiges: zum einen kommen da Schädlinge von wärmeren Klimazonen und das Ganze wird fatal bei großer Hitze und langer Trockenheit bzw. wenn es danach lange ausgiebig regnet. Zudem- noch sind unsere Flüsse und Bäche prall gefüllt mit Schmelzwasser von stetig schwindenden Gletschern – noch kann beregnet werden, aber wie lange? Diesen wechselnden Wettern kann nur mit vielfältigen Kulturen begegnet werden.

Bevölkerungsexplosion? Das ist wieder ein Problem bei den Monokulturbetrieben, aber nicht im Falle einer vielseitigen, kleinstrukturierten Landwirtschaft. Denken Sie daran, Herr Gasser: der Großteil der Nahrungsmittel der Welt wird nicht von den Monokulturbetrieben, sondern von den Kleinbauern geschaffen, wobei aber diese einem großen wirtschaftlichen Druck ausgesetzt sind und massenhaft aufgeben müssen.
Das wird sich ändern müssen, davon will aber der Bauernbund nichts wissen!

Sat, 02/09/2019 - 18:17 Permalink