Politics | Europäische Union

Neues Gesetz gegen Gewalt an Frauen

Die Richtlinie legt fest, dass Verbrechen wie Zwangsheirat oder Genitalverstümmelung EU-weit unter Strafe stehen. Eine Ausnahme gilt absurderweise für Vergewaltigung.
Frauenmarsch 2023
Foto: Seehauserfoto
  • Das Europaparlament und die EU-Staaten haben sich am Dienstag (6. Februar) in Straßburg auf eine Richtlinie geeinigt, mit der die Bestrafung von Gewalt gegen Frauen in allen Ländern gleich geregelt werden soll: Zwangsheirat, weibliche Genitalverstümmelung, Cyberstalking, Aufruf zu Hass gegen Frauen und Revenge Porn stehen künftig in der gesamten EU unter Strafe. Die neuen Vorgaben müssen zwar noch vom Parlament und den EU-Staaten abgesegnet werden, doch das dürfte eine reine Formsache sein.

  • Julia Unterberger: „Doch ausgerechnet die sexuelle Gewalt, eines der schwerwiegendsten Verbrechen gegen Frauen, blieb außen vor.“ Foto: Privat

    „Doch ausgerechnet die sexuelle Gewalt, eines der schwerwiegendsten Verbrechen gegen Frauen, blieb außen vor“, kritisiert SVP-Senatorin Julia Unterberger in einer Mitteilung an die Medien. Der Tatbestand der Vergewaltigung war in der ursprünglich vorgeschlagenen Richtlinie der EU-Kommission noch enthalten. Dieser sah vor, das Prinzip „Ja heißt Ja“ einzuführen. Damit würde die Strafbarkeit an die fehlende Zustimmung der sexuellen Handlung geknüpft. 

    „Diese frauenfreundliche Regelung, die eine Beweislastumkehr vorsieht und verhindert, dass die Geschädigte im Prozess zum zweiten Mal zum Opfer wird, gilt derzeit nur in Spanien und Schweden. In den meisten EU-Ländern gilt die ‚Nein, heißt Nein‘-Regelung. Die Frau muss der sexuellen Handlung erkennbar widersprechen. In elf europäischen Ländern ist hingegen für den Tatbestand der sexuellen Gewalt die Anwendung von Gewalt Drohung oder Nötigung erforderlich. So auch in Italien“, erklärt Unterberger. 

    Nun macht die EU-Richtlinie den Mitgliedsländern gar keine Vorgaben zur Bestrafung von Vergewaltigung. Sie werden lediglich im Artikel 36 der Richtlinie dazu aufgerufen, mehr Präventionsarbeit zu leisten, um sexuelle Gewalt zu verhindern. Daran konnte auch der Appell von mehr als 100 deutschen prominenten Frauen nichts ändern. 

  • Marco Buschmann: Der deutsche Justizminister erklärte seine Blockadehaltung mit juristischen Gründen. Foto: Facebook

    Sie hatten Justizminister Marco Buschmann (FDP) aufgefordert, die Blockadehaltung Deutschlands beim Strafbestand Vergewaltigung aufzugeben. Buschmann hatte seine Weigerung mit juristischen Gründen erklärt, die jedoch selbst von der EU-Kommission widerlegt wurden. Deutschland, Frankreich und Ungarn waren unter anderem jene Mitgliedsstaaten, die sich gegen einheitliche Standards bei der Bestrafung von Vergewaltigung ausgesprochen haben.  

    Dass sich die Mitgliedsstaaten hier nicht einigen konnten, sei auch laut Unterberger „sehr bedauerlich“. Zu begrüßen sei hingegen, dass die sogenannten Hassdelikte in die Liste aufgenommen worden sind. Diese machen den Aufruf und die Anstiftung zu Gewalt gegen Frauen strafbar. 

    „Da Italien keinen diesbezüglichen Straftatbestand kennt, muss dieser innerhalb von drei Jahren ab Verabschiedung der Richtlinie eingeführt werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf von mir wurde bereits in der letzten Legislaturperiode eingebracht“, so SVP-Senatorin Unterberger. 

    Trotz der Enttäuschung über die fehlende Vereinheitlichung für den Straftatbestand Vergewaltigung bringe die geplante EU-Richtlinie einen Fortschritt, schreibt die deutsche ZEIT-Journalistin Nina Monecke. „Weibliche Genitalverstümmelung und Zwangsheirat werden nun EU-weit unter Strafe gestellt, genauso Stalking und Belästigung im Internet und das Verbreiten intimer Aufnahmen gegen den Willen der abgebildeten Person. Insbesondere letztere sind Bereiche, die andere europäische Gewaltschutzabkommen wie die Istanbul-Konvention noch kaum berücksichtigen“, so Monecke.