Markenname Brugger

Siegfried Brugger kann lachen. „Natürlich kann man immer spekulieren“, sagt der Bozner Anwalt und langjährige SVP-Politiker, „aber ich versichere Ihnen, da ist nichts dran“. Brugger, seit über drei Jahrzehnten in der Politik, kennt das Gewerbe. Und er weiß, wie man Journalisten freundlich, aber bestimmt abwimmelt.
Brennerstraße, retourAm vergangenen Montag bot sich den Beobachtern am SVP-Sitz ein überraschendes Bild. Auf der Sitzung der SVP-Parteileitung war auch Siegfried Brugger geladen. Der breiten Öffentlichkeit wurde damit erstmals kommuniziert, dass Brugger Präsident einer SVP internen Arbeitsgruppe ist, die die Zukunftsperspektiven der Autonomie ausloten und konkrete Vorschläge für den Autonomiekonvent machen soll, der dann die Ausarbeitung des Dritten Autonomiestatutes übernehmen wird. Der ehemalige Obmann berichtete am Montag der Parteiführung von der ersten Sitzung der Arbeitsgruppe.
Der Auftritt kommt durchaus überraschend, weil sich Brugger und seine Partei monatelang alles andere als grün waren. Nach den Parlamentswahlen 2013 fühlte sich Siegfried Brugger unsanft entsorgt und ungerecht behandelt. Der SVP-Politiker sparte bewusst nicht an Kritik an seiner Partei. Monatelang stand vor den Landtagswahlen die Gründung einer neuen Partei im Raum. „Das war alles nur Gerede ohne konkreten Hintergrund“, meint Brugger jetzt. Dass er zornig war, verhehlt er nicht. Doch Abwanderungsgedanken gab es keine.
Die SVP hat bei den anstehenden EU-Wahlen ein Problem. Auch das trägt den Namen Brugger. Aber nicht den Vornamen Siegfried sondern Oktavia. Die ehemalige RAI-Journalistin Oktavia Brugger und Schwester des SVP-Politikers kandidiert für die Südtiroler Grünen auf der Tsipras-Liste. Oktavia Brugger, bodenständig, gebildet, politisch gemäßigt und nach eigener Aussage bis vor kurzem Mitglied der SVP St. Peter im Ahrntal, wird bei den EU-Wahlen in Südtirol sicher ausgezeichnet abschneiden. Man traut ihr zu, vor allem im bürgerlichen Lager neue Stimmen zu holen.
Das ist aber genau jene Wählerschicht, in dem die SVP derzeit ihre größten Probleme hat. Das sogenannte bürgerliche Lager ist im Landtag und in der Partei geschwächt bis nicht mehr existent. Herbert Dorfmann ist ein EU-Kandidat, der ein klarer Bauernkandidat ist, ohne große urbane Anbindung. Weil so mancher unterem Edelweiß die Nase rümpft, befürchtet man am 25. Mai größere Stimmenverluste in Richtung Oktavia Brugger.
Denn allein der Name Brugger gilt in der Südtiroler Politik als ein Markenzeichen. Viele denken dabei immer noch an den Vater, den langjährigen SVP-Parlamentarier und Paketgegner Peter Brugger. „Ich stehe der Kandidatur meiner Schwester durchaus mit Sympathie gegenüber“, gibt auch Siegfried Brugger unumwunden zu.
In der Brennerstraße hat man deshalb seit Wochen eine Horrorvision: Was passiert wenn Siegfried Brugger bei den EU-Wahlen offen für seine Schwester Werbung macht?
Genau in dieser Phase, sechs Wochen vor den EU-Wahlen, bekommt Siegfried Brugger dann urplötzlich wieder einen großen Auftritt in der Partei. Nach einer fast einjährigen absoluten Funkstille wird Brugger in der SVP-Presseaussendung ausführlich zitiert. Über Nacht scheinen alle Differenzen beiseite gelegt. Alles nur Zufall? Wohl kaum.
Mit der Präsidentschaft der Autonomiegruppe und der geschickten medialen Bekanntmachung hat man den „verlorenen Sohn“ gerade rechtzeitig in den Schoß der Partei zurückgeholt. Der Markenname Brugger soll so dem Edelweiß verbunden und gesichert werden. Wetten, dass Siegfried Brugger auch auf der SVP-Landesversammlung am 3. Mai in Meran, seinen Auftritt bekommen wird?
Siegfried Brugger selbst lässt diese Leseart so nicht gelten. „Die Sache mit der Autonomiegruppe wurde zwischen mir, Richard Theiner und Arno Kompatscher schon vor Monaten ausgehandelt, als es die Kandidatur meiner Schwester noch gar nicht gab”. Auch sein perfekt getimtes Comeback in der Brennerstraße sieht Brugger anders: Er sei es gewesen, der nach dem Rentenskandal seinen Bericht an die Parteileitung auf einen Zeitpunkt verschoben habe, wo man wieder zur Normalität zurückgekehrt ist.
Diese Normalität ist jetzt anscheinend eingetreten. Genau zwei Tage vor der offiziellen Eröffnung des EU-Wahlkampfes.
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