Politics | Coronavirus

Die Krise auch als Chance sehen

Gedanken zur Corona-Krise.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Die Herausforderungen dieser Tage sind vielfältig – sowohl für die Gesellschaft als Ganzes als auch für die Familien. Die Isolation, Sorgen und Ängste belasten uns alle seelisch. Deshalb liegt es gerade in den Händen der Politik, Perspektiven aufzuzeigen und durch unterstützende Maßnahmen Brücken in die Zukunft zu bauen. Meine Kollegen der SVP-Fraktion und ich verstehen das als Team-Auftrag: täglich sind wir in digitalen Meetings und Videokonferenzen im Austausch und arbeiten Maßnahmenpakete und Lösungen für MitbürgerInnen und Unternehmen aus. Das Wort „Krise“ kommt vom griechischen Wort krisis und bezeichnet im ursprünglichen Sinn nicht etwa eine hoffnungslose Situation, sondern den Höhe- oder Wendepunkt einer gefährlichen Lage. Neben dem ganzen Leid und den gravierenden wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise bin ich deshalb überzeugt, dass auch diese Krise Chancen mit sich bringt.

Sie bietet uns die Chance zu sehen, was die wirklich wichtigen Werte für eine funktionierende Gesellschaft sind, die in der sonst so hektischen Zeit manchmal unterzugehen drohen: Solidarität, Hilfsbereitschaft, Zusammenhalt. Nicht nur auf gesellschaftlicher Ebene werden wichtige Grundpfeiler und Strukturen klarer ersichtlich, auch im wirtschaftlichen Bereich wird uns bewusster, wie die für uns so selbstverständlich gewordene Grundversorgung funktioniert. Es treten Berufe in den Vordergrund, die im normalen Alltag völlig unterschätzt werden und unterbezahlt sind: Berufe, die vielfach von Frauen ausgeübt werden, wie in der Pflege, Reinigungskräfte, Krankenschwestern, Kassiererinnen erfahren jetzt erst jene Wertschätzung, die ihnen auch im normalen Alltag zustehen würde. Das gilt gerade auch für die lokale Landwirtschaft als Lebensmittelproduzent in den verschiedenen Jahreszeiten.

Wir erkennen die Bedeutung der regionalen und lokalen Kreisläufe deutlich. Das Geschäft vor Ort ist eine wichtige Dienstleistung, die vielen erst ersichtlich wird, wenn man die eigene Gemeinde nicht verlassen darf. Sie bieten diese Dienstleistung vor Ort aber immer an, nicht „nur“ in der Krise. Diesen wertvollen Dienst gilt es zu unterstützen, indem man dort auch einkaufen geht, wenn uns keine Krise dazu zwingt. Denn ist das Geschäft einmal nicht mehr da, wird es schwierig diese Dienstleistung vor Ort, die für ältere und weniger mobile Menschen immens wichtig ist, wieder zu etablieren. In meiner Wohngemeinde Hafling beispielsweise gibt es derzeit leider keinen Dorfladen mehr; Dank einer tüchtigen Gemeindeverwaltung wird an diesem Angebot allerdings gearbeitet.
Dasselbe gilt für das Gasthaus oder die Bar in unseren Dörfern. Diese Entwicklung können wir in vielen ländlichen Gebieten Europas beobachten. Wo es keine solchen Treffpunkte gibt, trocknet über kurz oder lang auch das Dorfleben aus. Wer von uns würde sich dieser Tage nicht gerne mit Freunden in einem Cafè oder einer Bar zum Ratschen treffen?

Ähnliches gilt für lokal hergestellte Produkte. Auch diese verdienen in jeder Hinsicht unsere Unterstützung, auch in dem wir „lokal“ einkaufen. Das ist nicht nur umweltfreundlicher, weil der Transitverkehr wegfällt, sondern auch sicherer, da sie nicht von den internationalen Transportketten abhängen. Zugleich werden so die lokalen und regionalen Wirtschaftskreisläufe am Laufen gehalten. Hier bietet die Krise große Chancen für Südtirol. Es gilt diese wichtigen Strukturen vor Ort in guten Zeiten zu stützen und zu fördern, damit sie auch in Krisenzeiten da sind und funktionieren.

Ebenso erkennen wir die zentrale Bedeutung eines gesunden Tourismus im Land, der Wohlstand und Arbeitsplätze in allen Branchen schafft. Bleiben die Gäste aus, wirkt sich das auf jeden Einzelnen von uns aus – direkt oder indirekt. Wir erkennen dieser Tage auch die riesigen Möglichkeiten der Digitalisierung, etwa in der Arbeitswelt. Homeoffice, Videokonferenzen oder Online-Unterricht mussten von einem Tag auf den Anderen große Teile der gewohnten Arbeits- und Schulwelt ersetzen. In vielen Bereichen haben sie sich als sehr praktikabel erwiesen. Wir haben uns schnell daran gewöhnt und auch die Vorteile kennengelernt, die diese neue Arbeitsweise bietet, etwa bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der großen Flexibilität. Diese Vorteile gilt es auch nach der Krise zu nutzen.

Eines ist ganz klar: die negativen Auswirkungen dieser Krise überwiegen die Chancen bei weitem. Allerdings werden uns Dinge bewusst, die wir vorher nicht so wahrgenommen haben. Wir sind in dieser Zeit als Einzelpersonen räumlich getrennt, rücken aber als Gesellschaft ein Stück näher zusammen. Unser Land wird nach dieser Krise nicht mehr dasselbe sein wie vorher. Wenn wir die Chancen und Erkenntnisse sinnvoll und positiv umzusetzen und aus der Krise lernen, kann es eine menschlichere und in vielen Bereichen bessere Gesellschaft sein, die für zukünftige Herausforderungen gut aufgestellt ist. Denn es zeigt uns mehr denn je: wir sind aufeinander angewiesen.

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Karl Trojer Sat, 04/18/2020 - 17:44

Ich teile die Vorschläge dieses Beitrages und würde mir wünschen, dass unsere Politik ehestens mit konkreten Forderungen an die Entscheidungsremien der EU u.a. mit folgenden Inhalten herantritt:
1. Rasche und unbürokratische Einführung eines Grundeinkommens für alle Bedürftigen, zweck Abbau der angestauten, berechtigten Existenzangst bei sehr vilen MitbürgerInnen und freisetzung neuer Kreativität.
2. Eindämmung der casinoartigen Finanzspekulation innerhalb der EU.
2.1. durch angemessene, empfindliche Besteuerung aller Finanztransaktionen,
2.2. durch Einführung einer Pause von mindestens 2 Tagen hinsichtlich der Möglichkeit des Wiederverkaufs von Wertpapieren; dies um den derzeitigen 1/1000-Sekunden -Takt zu beenden, der aus dem Finanzmarkt ein für Spekulanten lukratives Spielcasino macht.
3. Förderung der regionalen Kreisläufe.
4. Angemessene Besteueung aller internet-Geschäfte.
4. Rasche und umfassende Hilfe für die Staaten Afrikas durch gezielten know-how-Transfer von Klein und Mittelbetrieben und ölandwirtschaftlichen Genossenschaften, in die örtliche Wirtschaft, einschließlich des Aufbaues von dualen Aus-u.Weiterbildungseinrichtungen.

Sat, 04/18/2020 - 17:44 Permalink