Culture | Spielzeit VBB
Komm in den totgesagten Ort
Foto: Screenshot VBB
Eingangs unterstrich die Präsidentin, welche nunmehr vor einem Jahr das Amt von ihrer Vorgängerin Barbara Weis übernommen hat, die Bedeutung des größten eigenproduzierenden Theaters in der Region: Man lade jährlich rund 100 Künstler ein und biete 25 Personen einen Arbeitsplatz. Man realisiere, zwischen Klassikern, zeitgenössischen und Kinderstücken, sowie Musiktheater und zeitgeschichtlichen Stücken „bis zu 10, 11 Produktionen“ pro Saison.
Gesprochen wurden bei der Pressekonferenz Grußworte von Philipp Achammer Luis Walcher, sowie von Chiara Rabini. Der Vize-Bürgermeister sicherte zu, dass das Projekt zur Neugestaltung des Innenhofs mit Geldmitteln aus dem Nachtragshaushalt 2022 „in den nächsten Monaten fertig gemacht und dann umgesetzt“ werde, der Platz solle „zum einen sicher, zum anderen sauber“ werden und „für die eine oder andere Veranstaltung ein Ort und nicht ein Unort“ sein. Mehrfach gewürdigt und unterstrichen wurde dabei auch die Leistung von Alt-Intendantin Irene Girkinger, welche andernorts Verpflichtungen nachzukommen hatte.
Mit einem „let’s begin the show“ übergab Präsidentin Gögele das „Zepter“, beziehungsweise Wort an den frisch gebackenen Intendanten Rudolf Frey für die Programmvorstellung. Vorab betonte er: „Es geht nicht nur um Theater. Es muss mehr sein und darüber hinausgehen, was wir auf der Bühne zeigen. Es geht auch darum, ein lebendiger Partner im sozialen Gefüge einer Stadt zu sein.“ Nach Worten zum neuen digitalen und analogen Erscheinungsbild der VBB, mit dem schlichten Claim der Saison („Komm ins Theater“) und der Vorstellung einer Zusammenarbeit mit der Design-Fakultät der Freien Universität Bozen, ging es nach einer knappen halben Stunde zur Programmvorstellung. Hierfür wurden die Dramaturgin Elisabeth Thaler, sowie der neue Dramaturg Daniel Theuring auf die Bühne gerufen, welche gemeinsam mit Frey das Programm ausgearbeitet hatten.
Rudolf Frey identifizierte drei „Säulen“ oder „Schlagworte“, auf welchen die kommende Spielzeit 23/24 fußt. Das sei zum einen „Multidisziplinarität“, also die Produktion von Stücken, welche sich „in keine Schublade stecken lassen“, „Zeitgenossenschaft“ sah man als nächstes mit u.a. zwei Stück-Uraufführungen und einer Musik-Uraufführungen erfüllt sieht und, zuletzt der Begriff „Pop“. Letzterer zeige sich in der Ästhetik der Arbeiten, wie auch im Zugang zu den Menschen. Vorhang auf.
Komm ins Theater
Man eröffnet mit einem multimedialen Projekt, auf Basis Thomas Manns: „Der Tod in Venedig“. Der Stoff sei ikonisch mit Visconti verknüpft. „Arrivierter, purer als die Thomas Mann-Sprache wurde es nicht.“ Man habe dabei eine deutsche und eine italienische Achse, welche sich in Südtirol treffen würden mit der fast popkulturell mit dem Film verknüpften Musik Gustav Mahlers. In Kooperation mit dem Haydn Orchester wolle man die feste, schöne Struktur von Thomas Manns Sprache, welche man mit einem Diamant verglich, aufbrechen und ins heute holen, so Dramaturg Theuring. Um Regie und Bühnenfassung bemüht sich Alexander Charim, Komponist Martin Rauter schreibt eine zeitgenössische Schauspielmusik für die auch im Publikumsraum verteilten Orchestermusiker, die auf Mahler verweist. Premiere ist am 30. September.
Zuvor soll die Dänische Performance-Künstlerin Madame Nielsen in Zusammenarbeit mit transart zu einer zweiteiligen Residency geladen werden, als eine Art „Präludium“, sowohl in der Fondazione Dalle Nogare (15. September), wie auch im Stripclub Showgirl (18. September). An zwei Abenden wird sie dort, vom Streichtrio Havlcirkel begleitet, ihre Geschichte erzählen.
„Monte Rosa“, ein Stück bei welchem Autorin Teresa Dopler „zwischen den Zeilen eine ganze Welt erzählt“, wird am 27. Oktober durch die junge, zeitgenössische Regisseurin Susanne Frieling realisiert. Berg und die mit ihm verbundenen Berufe sollen dabei zum Spiegel der Gesellschaft für einen „unterhaltsamen“ und „zeitgenössischen“ Theaterabend werden.
ANGER, also Nora Pider und Julian Angerer, zeichnen für ein weiteres „Herzstück“ der Saison als Sparingpartner. Am 20. Jänner soll die dreisprachige Stückentwicklung „Metamorphosen* - Ein mythologisches Pop-Projekt mit ANGER“ uraufgeführt werden, welche sich unter der Regie Felix Hafners an der Grenze zwischen Popkonzert und Theaterabend bewegen soll. Im Team stellt man sich die Frage, welche Mythen für die jeweils eigenen Leben prägend waren. Aber, was war zuerst: Pop oder Performance? Theater, so bekundete das Musikerpaar, sei ein Ort der Freiheit und des Mutes, ohne Regeln. Man bemerkte, dass die früheren Theatererfahrungen in der Dekadenz formend gewesen seien und einen Startvorteil ausgemacht hätten. Pop und Performance seien nicht zu trennen. Die Zusammenarbeit sei, so Frey „letzten Sommer in Wien“, als man „auf ein paar Biere zusammen gegangen“ war, besiegelt worden.
Mit „Die treibende Kraft - Ein Stück Südtirol“ folgt am 24. Februar auf der Studiobühne die nächste Uraufführung, diesmal eines Auftragswerkes des Österreichischen Autors Thomas Arzt. Es geht um die Geschichte des Reschensees, versinnbildlicht durch einen Ingenieur der den Fortschrittsglauben über die Sorgen der Dorfbewohner und eine aufkeimende Liebe stellt. Das Stück auf zwei Zeitebenen - Vergangenheit und Gegenwart - soll dabei nicht weniger als „ein Panoptikum der Gesellschaft“ auf die Bühne bringen. Rudolf Frey führt dabei Regie, er kennt den Autor seit dieser bei einem Workshop am Schauspielhaus Wien „wo er seine ersten Gehversuche als Autor gemacht hat“. Es spielt ein neunköpfiges Ensemble in achtzehn verschiedenen Rollen.
Eva Kuen macht sich an die Aufgabe, gemeinsam mit „jungen Menschen“ über das Jahr hinweg „Die Nacht so groß wie wir“, ein Stück von Sarah Jäger über das Erwachsenwerden zu erarbeiten. Premiere der Zusammenarbeit mit dem Theaterpädagogischen Zentrum Brixen ist am 5. April auf der Studiobühne.
Mit einem „Rucksackstück“ nach dem Roman von Robert Seethaler (mit Roman Blumenschein) wollen Frey und Theuring „Ein ganzes Leben“ „szenisch einrichten, aber nicht ausinszenieren“. Viel mehr verriet man noch nicht zu dem Stück, welches man „dann immer weiterentwickeln kann“, es solle sich auch hier um eine „Parabel auf das Leben handeln“. Stichtag ist der 6. April.
Mehr verriet man zur letzten Produktion der kommenden Saison, der Operette „Die lustige Witwe“ von Franz Lehár. Nach einer langen Durststrecke für Operettenfans bei den VBB betonte Rudolf Frey, dass diese ein Genre sei, an dessen Modernität er zutiefst glaube. In bewährter Manier werde das Stück mit dem vollen Haydn Orchester (unter der Leitung Elisa Gogous) und einem internationalen Ensemble (bereits bekannt: Erwin Belakowitsch, Klaus Huhle und Netta Or) umgesetzt. Es inszeniert am „schmalen Grat zwischen Neubetrachtung des Stückes und des Genres“ und dem „großen Kino, dem großen sinnlichen Erlebnis und dem Revuehaften“ die Innsbruckerin Susanne Lietzow. Zur Aufführung kommt die Operette am 18. Mai.
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