Monstruöses Bauwerk
Die Talsperre über Vierschach, in etwa 100 Meter hinter Bachmanns Rodelbaubetrieb, ist ein kolossales Mauerwerk. So hatten sich die Vierschacher ihren Schutzengel gegen Unwetter, wilde Wasser und Geschiebmaterial keineswegs vorgestellt. Das Bauwerk ist in der Tat von gigantischen Dimensionen. Die Sperre der beiden Bäche (Kirchberg und Walder) erfolgt einheitlich auf der Gesamtbreite von 140 Metern. Des Weiteren wurde die Mauer ca. 13 Meter hochgezogen. Daraus wurde eine Auffangkapizät von 44.000 Kubikmetern Geschiebe errechnet: 30.000 beim Kirchbergbach und 14.000 beim Walderbach. Selbstverständlich begrüßen die Vierschacher Baumaßnahmen, die der Sicherheit der Menschen und deren Hab und Gut dienen. Doch was man hier für rund 1,6 Millionen Euro in den Berg betoniert (die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen), geht so manchen denn doch zu weit. Der Wildbachverbauung wird vorgworfen, das Landschaftsbild brutal verunstaltet zu haben. Diese argumentiert ihrerseits, dass dies die einzige Möglichkeit gewesen sei, die Sicherheit des Dorfes unter vertretbarem Aufwand zu gewährleiten. Eine Konsolidierung des Geländes mittels einer Sperrenstaffel wäre mit zu hohen Kosten verbunden gewesen, verteidigen die verantwortlichen Herren die Maßnahme. Man habe dadurch jedenfalls vermieden, Vierschach in den Gefahrenplan rot aufnehmen zu müssen, wodurch jedwedes Bauen im Gefahrenzonenbereich permanent untersagt worden wäre. Das wollte freilich auch niemand.
Kritiker wie die Ingenieure Ernst Watschinger (Sexten) und Karl Obwegs (Bruneck) hadern zum einen mit dem gewählten Standort, doch zum anderen auch mit den Berechnungen selbst. Sie errachten die Rückhaltekapazität von 44.000 Kubikmetern ohnehin als zu gering. Bei einem 100-jährigen Hochwasser und bei einem Einzugsgebiet von 13 qkm würde nach ihrer Auffassung ein Geschiebe von 250.000 cbm anfallen. Daher läge das Amt für Wildbachverbauung mit dem zugrundegelegtem Volumen von 44.000 cbm weit unter der nach der hampelschen Methode eruierten Menge. Deshalb ziehen die beiden Experten die von der zuständigen Provinzbehörde kolportierte Sicherheit trotz des Monsterbaus ernsthaft in Zweifel.
Wenn den Vierschachern das Projekt schon so arg gegen den Strich gegangen wäre, dann hätten sie sich doch dagegen zur Wehr setzen können. Oder etwa nicht? "Natürlich! Das hätten wir auch getan", so Otto Bachmann, dessen Betrieb der Schutzmauer am nächsten liegt, "doch ließ man uns übers effektive Ausmaß des Vorhabens so lange im Dunkeln, bis es zu spät war, dagegen anzurennen!" Die feine Art sei das nicht gewesen. Selbst Andreas Trojer, ein aus Vierschach stammmender Architekt, richtete in seinem Kampf um die Erhaltung der Landschaft und des Lebensraumes nichts mehr aus. Alles Bemühen war vergebens. Sicherheit geht vor, auch wenn man weiß, dass es gegen Naturkatastrophen keine absolute Sicherheit gibt. Auch nicht durch Megasperren.
Bild links: Die Arbeiten am Rückhaltebecken sind noch nicht abgeschlossen; Bild Mitte: Der Rodelbetrieb Bachmann liegt der Mauer am nächsten;
Bild 3 v. links: vorne Vierschach und im Hintergrund der Grenzübergang bei Ahrnbach (A); Bild 4: Ein Teil ist fertiggestellt