Culture | Zugangskriterien

Der öffentliche Privatsee

Warum gestaltet sich ein komfortabel öffentlicher Zugang zum Kalterer See als derart schwierig? Dabei könnte die Politik das Problem einfach lösen. [inkl. Video]
Kalterer See
Foto: SALTO
  • Der Videobeitrag zur Polemik am Kalterer See findet sich am Ende des Artikels

    Überall ist er als Seerundwanderweg ausgeschildert – der irgendwie kreuz und quer verlaufende Weg um den Kalterer See. Doch das Schild hat beim genaueren Hinsehen auf See und Ufer den Anschein einer Mogelpackung: denn bei der Umrundung des bekannten Sees im Überetsch sieht man herzlich wenig vom Gewässer. Und das hat seine Gründe – viele Uferabschnitte des Sees befinden sich nämlich in Privatbesitz. Entsprechend fühlen sich Menschen beim Wort Seerundwanderweg zu Recht an der Nase herumgeführt.

  • Recht auf See: Wer zum See will, wird zur Kasse gebeten. Der Rest muss (fast gänzlich) draußen bleiben. Foto: SALTO

    Bereits in den 1970er- und 1980er-Jahren galt das Wortpaar „Kalterer See“ bereits als Mogelpackung: Damals ließ gepanschter Wein die Marke „Kalterer See“ noch tiefer sinken, als der flache See eigentlich ist. Warum aber ist der Zugang zum Wasser des Kalterer Sees für Besucherinnen und Besucher derart eingeschränkt? Nur wenige Meter des Sees sind tatsächlich öffentlich zugänglich, der Rest ist in privaten Händen und die Gegenargumente von Eigentümern und Lokalpolitkern sind in der Tat etwas scheinheilig – aber eben auch im Sinne des flapsigen Kosenamens der Kalterer Bevölkerung: „Herrgottskinder“
     

    Kommt es also schon bald zur Entprivatisierung des Seeufers? Oder lediglich zum Umbau des landeseigenen Ex-Militärareals für eine breite Öffentlichkeit? Oder passiert wieder gar nichts?


    Seit Jahren engagiert sich der Verbraucherschützer Walther Andreaus für mehr Transparenz beim „Seetreiben“ und fordert einen ordentlichen, freien Zugang – kein Herumgemurkse und kein Kopf-in-den-Sand-Stecken seitens der Landes- und Gemeindepolitik. „Seit Jahrzehnten ist der See in der Hand des Landes Südtirol“, erzählt Andreaus, „aber die Bürger kommen nicht an ihn heran.“ Er fordert das Land auf, „die Interessen der Bürgerinnen und Bürger zu vertreten und nicht die Interessen der Privaten.“

  • Kluge Lösungen für das Gebiet Klughammer gefragt: Ein öffentlicher Zugang auf dem Gelände des ehemaligen Militärareals, inzwischen im Besitz des Landes Südtirol, wäre wünschenswert. Foto: SALTO

    An der Ostseite, am ehemaligen Militärstrand, wo im Winter der freie Einstieg zum Eislaufen möglich ist, ist der Zugang zum See derzeit nicht erlaubt. Dies muss sich laut Andreaus ändern. „Es ist gut, wenn es hier schöne Strandbäder gibt, wo man auch einen bestimmten Service bekommt“, ist Andreaus überzeugt, „aber ein freier Zugang muss ebenfalls sein.“ Aktuell zahlen die privaten Eigentümer am See lediglich „eine Kleinigkeit“ für das Privileg eines eigenen Zugangs zum öffentlichen Gewässer, während andere, die ebenso gleiche Nutzungsrechte am Seewasser haben wie die Eigentümer, tief in die Tasche greifen müssen.
    Kommt es also schon bald zur Entprivatisierung des Seeufers? Oder lediglich zum Umbau des landeseigenen Ex-Militärareals für eine breite Öffentlichkeit? Oder passiert wieder gar nichts? Einige wünschen sich, dass sich das touristische Treiben in Zukunft weit abseits des Biotops abspielt – zumal der dort beim Flur Klughammer angelegte Parkplatz wie auch Teile des Pseudo-Rundwanderwegs seit einigen Jahren einer möglichen Steinschlaggefahr ausgesetzt sind. Alles auf eigene Gefahr. Außer der öffentliche Zutritt zum See!
    Welche gerechte Lösung in Kaltern – von Landes- und Gemeindepolitik und einer aufgeschlossenen Zivilgesellschaft – gefunden werden wird, bleibt offen. Hoffentlich wird es eine soziale.

  • (c) SALTO