Economy | Landwirtschaft

„Wir bemühen uns“

Kohlenstoff-Kataster, neue Pflanzensorten, Ausbau von Photovoltaik-Anlagen und Weinflaschen-Produktion – wie Südtirols Landwirtschaft dem Klimawandel begegnen will.
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Foto: Salto.bz
Welchen Beitrag die Landwirtschaft auf dem Weg zur Nachhaltigkeit leisten kann und muss, wird im Strategie-Papier LandWIRtschaft 2030 aufgezeigt. Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler und der letzthin als Nachhaltigkeits-Kommunist gescholtene Landwirtschaftslandesrat Arnold Schuler stellten im Rahmen der Sustainability Days einige Ziele und Vorhaben, die im Aktionsplan 2030 zusammengefasst sind, vor – darunter auch Maßnahmen, die für die betroffenen Bauern sicher nicht leicht zu verdauen sind, wie Landesrat Schuler ankündigte und dabei auf eine geplante Verordnung zur Umstellung auf Tropfbewässerung verwies.
 
 
 
Der Klimawandel soll dabei nicht nur als Herausforderung gesehen werden, sondern auch als Chance, wie Landesrat Schuler erläuterte. Aufbauend auf den Strategieplänen der einzelnen Sektoren, Obst-, Wein und Milchwirtschaft, wurde in Zusammenarbeit mit den verschiedenen Interessensvertretern das Strategiepapier „LandWIRtschaft 2030“ erarbeitet und im Mai diesen Jahres vorgestellt. Darin enthalten sind die vom Bauernbund erstellten sechs Handlungsfelder Familienbetriebe & ländlicher Raum, Klima & CO2-Reduktion, Wasser & Boden, Artenvielfalt & Landschaft, Gesundheit & Genuss sowie Gesellschaft & Dialog, in denen in den kommenden zehn Jahren ein Wandel erfolgen soll.
 

CO2-Reduktion

 

Aufgrund der Aktualität und dem Schwerpunktthema der Sustainability Days wurde die CO2-Reduktion in den besonderen Fokus der Veranstaltung gerückt. Auch die Landwirtschaft, die für 18 Prozent der CO2-Emissionen in Südtirol verantwortlich ist, sei gefordert, ihren Teil dazu beizutragen, Südtirol bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu machen. Dabei gelte es nicht nur, die Emissionen zu reduzieren, sondern auch auch um die Speicherung von Kohlenstoff und die Produktion von erneuerbaren Energien. Einen Beitrag hierzu soll ein „Kohlenstoff-Kataster“ leisten, mit welchen der Kohlenstoff-Anteil in Südtirols Böden erhoben werden soll. „Wenn wir in der Lage sind, den Humus-Gehalt in Südtirols Böden um ein Prozent zu steigern, dann könnten wir jedes Jahr rund 140.000 Tonnen Kohlenstoff zusätzlich binden“, begründete Landesrat Schuler diese Maßnahme. Eine weitere sieht den forcierten Einsatz des erneuerbaren Baustoffes Holz in öffentlichen Gebäuden vor, der in den kommenden Jahren um 30 Prozent angehoben werden soll.
 
 
Wenn wir in der Lage sind, den Humus-Gehalt in Südtirols Böden um ein Prozent zu steigern, dann könnten wir jedes Jahr rund 140.000 Tonnen Kohlenstoff zusätzlich binden.

 

Neue Pflanzensorten?

 

Die Landwirtschaft, „Mitverursacherin“ des Klimawandels, hat aber auch deren Folgen zu tragen. Ein Projekt, das sich damit auseinandersetzt, ist unter der Bezeichnung „Kultivas“ angelaufen. In der ersten Phase geht es hauptsächlich um die Apfelwirtschaft, zu einem späteren Zeitpunkt sollen weitere Pflanzenarten miteinbezogen werden. Konkret geht es dabei um Standortanalysen für die jeweiligen Apfelsorten und darum zu eruieren, welche Standorte für welche Sorte geeignet oder weniger geeignet sind, was sich wiederum auf die Qualität auswirkt. Zukünftig will man auch Erkenntnisse darüber gewinnen, welche neuen Pflanzensorten möglicherweise in Südtirol angebaut werden können. Eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Erforschung neuer Sorten kommt dabei dem Versuchszentrums Laimburg zu.
 
 
 

Abhängigkeiten reduzieren

 

Welche Projekte der Südtiroler Bauernbaund lanciert, um die Landwirtschaft klimafit zu gestalten, erläuterte Bauernbund-Obmann Leo Tiefenthaler in seinen Ausführungen. Die drei Sektoren Obst, Wein und Milch beschäftigen sich dabei bereits seit einigen Jahren sehr intensiv mit der Nachhaltigkeit. „Wir wollen im Sektor Weinbau ab dem Jahr 2025 auf den Einsatz von synthetischen Stickstoff verzichten – wir arbeiten in Zukunft nur mehr mit organischem Dünger – und auch der Verzicht von synthetischen Herbiziden ist vorgehen“, so Tiefenthaler.
 
 
 
Ein optimiertes Wassermanagement soll für alle drei Sektoren eingeführt werden. Ein Projekt, dessen Umsetzung in den kommenden zwei Jahren vorgesehen ist, ist die Erhebung des CO2-Fußabdruckes der landwirtschaftlichen Betriebe. Gemeinsam mit der KlimaHaus-Agentur soll bis Ende 2023 ein „Klima-Rechner“ erstellt werden, anhand dessen für jeden Betrieb eine Klima-Bilanz erstellt werden kann. „Jeder Inhaber wird damit die Möglichkeit haben, für seinen Betrieb den CO2-Fußabdruck zu ermitteln“, so Tiefenthaler. Daraus ergeben sich wiederum Empfehlungen für Einsparungsmöglichkeiten. Ein weiteres Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem lvh gestartet wurde, betrifft den Ausbau der Photovoltaik-Anlagen.
 
Wir wollen die Produktion nicht nur vereinfachen, sondern auch nach Südtirol verlegen.
 
Zukünftig wird man nicht nur auf eine verstärkte Zusammenarbeit aller landwirtschaftlichen Sektoren setzen, wie der Bauernbund-Obmann erklärte, sondern auch mit dem Handwerk und dem Tourismus bereichsübergreifend nach Strategien suchen. Vermieden werden soll in Zukunft die starke Abhängigkeit von Importen, welche sowohl Futtermittel, Dünger als auch Verpackungsmaterial wie Weinflaschen betreffen. „Wir wollen die Produktion nicht nur vereinfachen, sondern auch nach Südtirol verlegen“, berichtete Tiefenthaler. Bis dato müssen die Flaschen aus Frankreich oder anderen europäischen Ländern importiert werden, „auch das kostet wiederum Energie“.
 

Starkes Interesse an der Landwirtschaft

 

Im Anschluss an die Ausführungen stellten sich Landesrat Schuler und Bauernbund-Obmann Tiefenthaler den Fragen der Zuhörer, die erkennen ließen, dass man sich intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit und Landwirtschaft auseinandergesetzt hat. Zur Sprache kamen dabei unter anderem der zunehmende Flächenverbrauch, die Bodenversiegelung und das Verschwinden kleiner, naturbelassener Flecken in der Landschaft, die Erhaltung der Artenvielfalt, der Einsatz von Mehrwegflaschen statt Wegwerfprodukten in der Weinproduktion, der Bau von Speicherbecken für eine nachhaltige Wasserversorgung oder nachhaltige Anbauweisen. Wie Landesrat Schuler abschließend erklärte, habe man sich bereits in den vergangenen Jahren sehr bemüht, mit einer Reihe von Maßnahmen und wissenschaftlichen Projekten die Landwirtschaft auf einen nachhaltigen Kurs zu bringen.