Politics | Bildung

„Das ist seit 20 Jahren so!“

Die Themen Schule und Muttersprachenunterricht sind derzeit sehr „heiße Eisen“. Auch im Landtag wird diese Woche darüber debattiert, und zwar über den 7 Punkte umfassenden Beschlussantrag von Andreas Leiter Reber.
Andreas Leiter Reber
Foto: SALTO
  • „Bildung muss uns mehr wert sein“ – unter diesem Titel hat der Landtagsabgeordnete der Freien Fraktion, Andreas Leiter Reber, einen Beschlussantrag eingereicht, mit dem der Lehrerberuf wieder aufgewertet werden soll. Der Antrag wird in den nächsten Tagen im Rahmen der Landtagssitzung diskutiert und behandelt – und, so die Hoffnung von Leiter Reber, zumindest in Teilen angenommen. Nachdem die Themen Schule und Muttersprachenunterricht in den vergangenen Wochen teilweise extrem kontrovers diskutiert worden sind, verspricht die Landtagssitzung nicht minder interessant zu werden. 

  • Schulunterricht: Die Situationen werden immer komplexer, es braucht zusätzliche personelle Ressourcen und räumliche Kapazitäten. Foto: Artem Podrez
  • „Das Problem ist bereits seit 20 Jahren bekannt“, erklärte Leiter Reber in Anspielung rund um die Diskussion zum sogenannten „Schulversuch“ in der Bozner Goethe-Schule. Wie der Freie Fraktionär erklärt, werden in Meran, Leifers und Bozen bereits seit Jahren verschiedene Modelle – mehr oder weniger in einer Grauzone – angewandt, um den zunehmend komplexer werdenden Schulsituationen gerecht zu werden. „Es ist jedoch so, wie es immer war: Es fehlen die personellen Ressourcen“, stellt Leiter Reber fest. Und hier will der Abgeordnete der Freien Fraktion mit seinem Beschlussantrag ansetzen: Durch Lohnanpassungen sollen die Lehrberufe insgesamt attraktiver gestaltet werden. Laut dem Landesamt für Statistik ASTAT und einem Medienbericht in der Südtiroler Wirtschaftszeitung fallen die Bruttoeinkommen im Bereich Schule und Erziehung heute um 37 Prozent geringer aus als im Jahr 1995. Leiter Reber schlägt daher vor, innerhalb der nächsten 12 Monate die verschiedenen Landeszulagen sowie die Sonder- und Ergänzungszulagen spürbar anzuheben. Zwar gehörten die Lehrergehälter in Südtirol aufgrund der genannten Zulagen zu den höchsten, allerdings reicht dies, gemessen an den Lebenshaltungskosten, nicht aus. So beträgt beispielsweise der Brutto-Grundlohn für das Lehrpersonal in der Grundschule (in der ersten Einstufung) gerade einmal 13.750 Euro. Die Sonderergänzungszulage macht rund 6.380 Euro aus, die Landeszulage 4.600, der Posten für die vertragsfreie Zeit 100 Euro und die Landesberufszulage 1.944 Euro. Zusammengerechnet liegt das Brutto-Gehalt damit zwar über dem italienischen Durchschnitt, aber unter den jährlichen Brutto-Anfangsgehältern von Lehrern in Deutschland und Österreich. Zusätzlich zur Anhebung der Zulagen plädiert Leiter Reber auch für die Einführung von Benefits, wie beispielsweise der Dozentenkarte. Jährlich könnten die Lehrkräfte damit 500 Euro in den Ankauf von technischen Hilfsmitteln oder Fortbildungen auf Staatsebene sowie im deutschsprachigen Ausland investieren. Um dem Fachkräftemangel aktiv zu begegnen, der auch vor den Bildungsberufen nicht Halt macht, sollen Lehramtsbotschafter an Südtirols Mittel- und Oberschulen die Schüler über den Lehrerberuf informieren. 

     

  • Unterschiedliche Realitäten

    Andreas Leiter Reber, Abgeordneter der Freien Fraktion: „Unterschiedliche Realitäten brauchen unterschiedliche Konzepte.“ Foto: SALTO

    „Unterschiedliche Realitäten brauchen unterschiedliche Konzepte“, ist Leiter Reber überzeugt und plädiert dafür, der gestiegenen Sprachkomplexität, dem größeren Bedarf an Inklusion und pädagogischer Betreuung möglichst gerecht zu werden und dafür die notwendigen personellen und finanziellen Strukturen bereit zu stellen. An Schulen in den urbanen Zentren besuchen Kinder mit deutscher Unterrichtssprache, Kinder mit italienischer Muttersprache und Kinder mit einer Drittsprache als Muttersprache dieselbe Klasse. „Ein gemeinsamer, einheitlicher Unterricht ist zum Erreichen der Lernziele nicht geeignet – ein Mindestmaß an Bildungsgerechtigkeit dementsprechend kaum zu gewährleisten“, so der Landtagsabgeordnete der Freien Fraktion. Seiner Ansicht nach sei vor diesem Hintergrund das unzureichende Erlernen der deutschen Sprache mehr als nur fahrlässig. Einzelne Schulen bemühten sich schon seit Jahren, den verschiedenen Zielgruppen innerhalb der Klassen gerecht zu werden und bieten einen differenzierten Unterricht und verschiedene Formen der Sprachförderung an. „Dass das heute an einzelnen wenigen Schulen gut funktioniert, liegt aber nicht an der Politik, sondern an couragierten Schulführungskräften und engagierten Lehrpersonen und Mitarbeitern für Integration, die hier längst Realitäten schaffen. All jene Schulen, die ihren Schülerinnen und Schüler gerecht werden wollen, indem sie die klassischen Klassenverbände auflösen, eine zielgruppenorientierte Sprachförderung, DAZ-Angebote oder das Unterrichten im Team anbieten wollen, brauchen zusätzliches Personal, höhere Stundenkontingente, mehr Ressourcen und in den Bereichen, wo sie noch fehlen, die gesetzlichen Grundlagen“, so Leiter Reber, der darüber hinaus anregt, den Lehrberuf auch für Quer- und Seiteneinsteiger attraktiv zu machen sowie das Weiterarbeiten nach der Pensionierung zu fördern.