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Die Pflanzenpower gegen Herbstmüdigkeit

Viele heimische Kräuter stärken unser Immunsystem, wenn draußen Schmuddelwetter herrscht und drinnen Heizungsluft die Schleimhäute austrocknet. Hier kommen Tipps.
Kräuter und Immunsystem
Foto: Tamara Seyr
  • Irgendwie ist es doch jedes Jahr dasselbe: Wenn die Tage kürzer werden, die Sonne sich rar macht und die Heizungsluft unsere Schleimhäute austrocknet, beginnt die Hochsaison für Husten, Schnupfen & Co.  

    Unser Immunsystem arbeitet jetzt auf Hochtouren – und freut sich über pflanzliche Unterstützung. Viele heimische Kräuter und Gewürze stärken nicht nur die Abwehrkräfte, sondern regen auch die Verdauung, den Kreislauf und die innere Wärme an – alles Faktoren, die eng mit unserer Immunleistung verknüpft sind. 

  • Die Autorin

    Tamara Seyr ist FNL Kräuterexpertin und Heilpraktikerin. Sie beschäftigt sich oft und auch lange (und oft auch ganz, ganz lange) mit den Kräutern und allem was dazu gehört. Das sind nicht nur die botanischen Namen, die Familienzugehörigkeit und die Inhaltsstoffe, sondern auch die Signaturenlehre.

    Ihr aktuelles Buch "Klugscheißerwissen Kräuter"

    Foto: Tamara Seyr
  • Wie Kräuter auf das Immunsystem wirken

    Unser Immunsystem ist kein einzelnes Organ, sondern ein komplexes Zusammenspiel aus Abwehrzellen, Schleimhäuten, Lymphsystem und Darmflora. Und genau hier greifen Kräuter auf vielfältige Weise ein: 

    1. Anregung der Durchblutung und Erwärmung 

    Pflanzen wie Ingwer, Thymian oder Rosmarin fördern die Durchblutung und sorgen dafür, dass Immunzellen schneller an Ort und Stelle sind, wenn Krankheitserreger auftauchen. Wärme von innen stärkt zudem die Abwehr, denn Kälte schwächt die Schleimhautabwehr. 

    2. Unterstützung der Schleimhäute 

    Gut befeuchtete Schleimhäute in Nase, Hals und Bronchien sind unsere erste Barriere gegen Viren. Kräuter wie Eibisch, Spitzwegerich oder Malve bilden schützende Schleimstoffe, die Reizungen lindern und die Regeneration fördern. 

    3. Bitterstoffe – natürliche Immuntrainer 

    Bitterstoffe aus Pflanzen wie Enzian, Wermut, Löwenzahn oder Schafgarbe regen Leber, Galle und Verdauungssäfte an. Doch sie können noch mehr: Wenn der Körper Bitteres schmeckt, wird evolutionär gesehen ein uralter Alarm ausgelöst – „Vorsicht, das könnte giftig sein!“ – und er fährt die Abwehr hoch. Dieser Mechanismus stammt aus Zeiten, in denen Bitterkeit ein Warnsignal für potenziell giftige Pflanzen war. Heute weiß man, dass Bitterstoff-Rezeptoren (TAS2R) nicht nur auf der Zunge, sondern auch in Darm, Lunge und Immunzellen sitzen. 

    Wird dort ein Bitterstoff wahrgenommen, kann das tatsächlich Immunzellen aktivieren, Entzündungen regulieren und die Abwehrbereitschaft steigern. So wirkt jedes bisschen Bitteres wie ein kleines Training für unser Immunsystem – es bleibt wach, aufmerksam und reaktionsfähig. 

    4. Antivirale und antibakterielle Inhaltsstoffe 

    Kräuter wie Thymian, Salbei, Oregano oder Kapuzinerkresse enthalten ätherische Öle mit nachweislich keimhemmender Wirkung. Sie verhindern, dass sich Viren und Bakterien in den Atemwegen festsetzen. 

    5. Adaptogene – Pflanzen für die innere Balance 

    Stress schwächt die Abwehr. Adaptogene Pflanzen wie Rosenwurz, Taigawurzel oder Ginseng helfen dem Körper, sich besser an Belastungen anzupassen. Sie wirken regulierend auf Nerven- und Hormonsystem – eine starke Abwehr braucht schließlich auch seelische Stabilität. 

     

  • Kräuter, die jetzt besonders hilfreich sind

    • Thymian – das Allroundtalent für Bronchien und Immunabwehr, stark keimhemmend, wärmend, aufmunternd. 

    • Echinacea (Sonnenhut) – regt die Bildung von Abwehrzellen an, bewährt bei wiederkehrenden Infekten. 

    • Hagebutte & Sanddorn – liefern reichlich natürliches Vitamin C und stärken die Schleimhäute. 

    • Salbei – antibakteriell und entzündungshemmend, gut für Hals und Mundraum. 

    • Ingwer – wärmt, regt die Durchblutung an, wirkt antiviral und stärkt die Verdauung. 

    • Löwenzahn & Schafgarbe – mit ihren Bitterstoffen aktivieren sie Leber und Galle, fördern die Entgiftung und stärken das Milieu im Darm. 

  • Rezept: Immun-Tee mit Wärme, Würze und Bitterkraft

    Zutaten für 1 L Tee: 

    • 1 TL getrockneter Thymian 

    • 1 TL getrocknete Schafgarbe 

    • ½ TL getrocknete Echinaceawurzel 

    • 3 Scheiben frischer Ingwer 

    • 1 TL Hagebuttenschalen 

    • ½ TL Rosmarin 

    • optional: 1 TL Honig (nach dem Abkühlen) und etwas Zitronensaft 

     

    Zubereitung: 

    1. Alle Kräuter mit 1 Liter heißem (nicht kochendem) Wasser übergießen. 

    2. Zugedeckt 10 Minuten ziehen lassen. 

    3. Abseihen, leicht abkühlen lassen und mit Honig süßen. 

     

    Anwendung: 

    Trinke 2–3 Tassen täglich in der Erkältungszeit, am besten warm. Der Tee wärmt, stärkt die Abwehr und vertreibt Müdigkeit und Frösteln. 

  • Fazit

    Starke Abwehrkräfte entstehen nicht nur durch Vitamin C, sondern durch ein harmonisches Zusammenspiel von Wärme, guter Verdauung, seelischer Balance und ausreichender Ruhe. Bitterstoffe, aromatische Kräuter und wärmende Gewürze helfen, dieses Gleichgewicht zu halten – sanft, aber wirkungsvoll. So starten wir gestärkt, wach und widerstandsfähig in die dunkle Jahreszeit.