Politics | Schlepperbande

Bessere Kontrollen gefragt

Unterschiedliche politische Reaktion auf die Verhaftung des mutmaßlichen Schleppers Firas Fadel. Einig ist sich die Opposition in einer Sache.
Kontrolle
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Es ist der worst case, der auf dem ohnehin schwierigen Terrain der Flüchtlingshilfe eintreten konnte. „Ein sehr großes schlimmes Geschehnis, das nicht passieren dürfte“, kommentierte auch Caritas-Direktor Franz Kripp die Verhaftung des Leiters des Flüchtlingsaufnahmezentrums am Brenner Firas Fadel.  Der Iraker, der derzeit in Bozen dem Haftprüfungsverfahren unterzogen wird, bestreitet laut seinem Anwalt die Vorwürfe, unter dem Deckmantel der Sozialgenossenschaft River Equipe bzw. deren Auftraggeber Volontarius Menschen gegen Geld die Flucht über den Brenner ermöglicht haben . Er habe nie Geld genommen, sondern Kindern sogar öfters Geld vorgestreckt, so die Aussagen Fadels.

Die aufgrund einer grenzüberschreitenden Polizeiaktion erfolgte  Sprengung des mutmaßlichen Schlepperrings, zu dem Fadel gehören soll, hat am Montag in Südtirol auch zahlreiche politische Reaktionen hervorgerufen. Gemeinsam haben so unterschiedliche Kräfte wie Grüne, Freiheitliche und BürgerUnion nicht nur die strenge Verurteilung des Geschehens, sondern auch die Forderung nach strengeren Kontrollen der Hilfsorganisationen. „Systematische Bewertung der Tätigkeit und ihrer Ergebnisse, Überprüfung von Mitarbeitern und der Abrechnungen sind mehr denn je notwendig“, fordern die Grünen Landesrätin Martha Stocker und ihr Ressort zu verstärkten Qualitätskontrollen der Hilfsorganisationen auf.  

Auch wenn die Grünen eine pauschale Diffamierung von Hilfsorganisationen wie Caritas und Volontarius ablehnen, lassen sie die Aussage letzterer, selbst Opfer der Machenschaften Fadels zu sein, nicht so durchgehen. „Offenbar gab es seit geraumer Zeit Hinweise darauf, daher ist mit Nachdruck danach zu fragen, warum die Position und Arbeitsweise Fadels nicht längst überprüft wurde“, kritisieren die Grünen Landtagabgeordneten Riccardo dello Sbarba, Brigitte Foppa und Hans Heiss. Kritisch sehen sie auch die prekären Arbeitsverhältnisse mancher Mitarbeiter in Hilfsorganisationen, die nicht nur „eine Quelle der Demotivation, aber auch der Versuchung sind“.

Übernahme durch öfffentliche Hand?

Sie legen der Landesregierung den Aufbau einer eigenen, vom Land selbst getragenen Organisation nach dem Vorbild der „Tiroler Soziale Dienste GmbH“ nahe. „Südtirol, das z. B. über eine Agentur für Bevölkerungsschutz verfügt, sollte nun daran gehen, die rechtlichen Voraussetzungen für eigene Einrichtungen zu überprüfen und diese ins Werk zu setzen.“ In eine ganz ähnliche Stoßrichtung geht BürgerUnions-Abgeordneter Andreas Pöder, der bereits am Wochenende gefordert hatte, kirchlichen Organisationen und Genossenschaften die Kontrolle und Verantwortung für die Flüchtlingsbetreuung zu entziehen. Angesichts der problematischen Begleitumstände müssten öffentliche Stellen die Kontrolle zurückgewinnen, zeigt sich Pöder überzeugt. „Wenn schon aufgrund des Fehlens von Personals im öffentlichen Beriech Mitarbeiter privater Organisationen zur Betreuung von Flüchtlingen in den verschiedenen Einrichtungen und Anlaufstellen herangezogen werden müssen, dann muss die Kontrolle und Verantwortung streng bei den Behörden und der öffentlichen Hand bleiben", so Pöder.

Mehr als bestätigt, fühlen sich die Freiheitlichen durch die Causa. Für Landtagsabgeordneter Pius Leitner wirft sie nicht zuletzt die Frage auf, nach welchen Kriterien Personen bei den Freiwilligen-Organisationen zur Betreuung von Flüchtlingen ausgesucht werden und wer die Tätigkeit koordiniert und kontrolliert. Überrascht gibt sich Leitner angesichts des „zunehmenden Kontrollverlustes über die Flüchtlingspolitik“ nicht über die aufgedeckten kriminellen Machenschaften. „Es war nicht die Frage, ob auch Südtirol irgendwann direkt betroffen sein könnte, sondern höchstens wann und in welcher Intensität“, schreibt er. „Darf man hoffen, dass nun auch die Landesregierung aufwacht und die gesamte Thematik der illegalen Einwanderung ernst nimmt?“

Stockers Antworten

Wenig Anlass bzw. Spielraum für einen Kurswechsel sieht dagegen die zuständige Landesrätin Martha Stocker. Sie unterstrich auf RAI Südtirol, dass es keinerlei Hinweise auf kriminelle Machenschaften am Brenner gegeben habe und stärkte Volontarius den Rücken. Die Organisation täte gut daran, sich wie beabsichtigt als Nebenkläger in ein Verfahren gegen Fadel einzulassen, um nicht ihre jahrelange Arbeit an der Seite von Migrantin in den Schmutz zu lassen.

Was die Kontrollen selbst betrifft, verteidigt Stocker den Status quo.  Das Land kontrolliere die Organisationen gemäß den staatlichen Vorgaben und internationalen Richtlinien und stehe in ständiger Absprache mit den beauftragten Organisationen. Eine öffentliche Übernahme der betreffendnen Dienste stuft die Landesrätin als unrealistisch ein. „Dies wäre mit den Vorgaben im öffentlichen Bereich schwer möglich“, meinte sie im RAI Mittagsmagazin. Dementsprechend sei es europaweit Usus, dass die Flüchtlingsbetreuung von privaten Organisationen übernommen werde. Auch ist die öffentliche Hand für Stocker kein Garant dagegen, dass einzelne Personen zu kriminellen Handlungen neigen. Denn, wie die Landesrätin meint: „So etwas kann im öffentlichen wie im privaten Bereich vorkommen.“