Ulrich Stofner: "Filmförderung ist ein Teilchenbeschleuniger"
Herr Stofner, es läuft gerade sehr gut für den Filmstandort Südtirol; der im Schnalstal gedrehte Film „Das finstere Tal“ hat bereits Preise gewonnen und wird auf der Berlinale gezeigt. Wie profitiert Südtirol davon?
Ulrich Stofner: Der Erfolg des Films freut uns sehr, auch dass er bereits den „Bayrischen Filmpreis“ gewonnen hat, sagt dass es sich um eine herausragende Produktion handelt und dass wir hier einen wirklichen Treffer landen konnten. Einen Treffer für den „Südtirol-Effekt“ und für die Standort-Leistung, denn mit den geförderten 329.000 Euro haben wir eine Investition in Südtiroler Wirtschaft und Tourismus von 873.000 Euro erzielen können, das sind weit mehr als die erforderlichen 150%. Vor allem sind die Schnalstaler sehr glücklich über den Film, denn durch die Schließung der Gletscherbahnen für den Sommerskilauf gab es einen empfindlichen Einbruch für die Hotellerie, der Film hat das aufgefangen und sozusagen die Saison gerettet.
Jetzt wird nachgelegt, auch ein zweiter Film wird im Schnalstal gedreht, warum gerade dort?
Darüber sind wir besonders glücklich, denn bei der Produktion „Everest“ handelt es sich um einen wirklichen Hollywood Film mit weltberühmten Schauspielern wie Jake Gyllenhaal und Josh Brolin. Hier kamen günstige Umstände zusammen, die Produktionsfirma suchte nach einem Gebiet mit garantierten Schneeverhältnissen, im Schnalstal gibt es das, außerdem die guten Aufstiegsanlagen mit den Gletscherbahnen und nicht zuletzt unsere Filmförderung, das hat das Gebiet attraktiv gemacht.
So gewinnen die Schnalstaler Gletscherbahnen jetzt an Attraktivität, hat die BLS hier auch noch eine weitere Förderung neben der Filmförderung angeschoben?
Wir sind ja in erster Linie Standortförderung und natürlich sind wir froh, wenn wir auf diese Weise zur Regionalentwicklung beitragen können. Die Business-Location-Südtirol BLS hat den Auftrag der Wirtschaftsstandortförderung, wir betreuen Unternehmen die ins Land kommen wollen, darunter auch Unternehmen der Green-Economy und genauso die Film- und Kreativbranche. Die Kreativwirtschaft hat gerade hier in Südtirol exzellente Möglichkeiten, hier treffen zwei Kulturen aufeinander, hier werden mehrere Sprachen gesprochen, und nicht zuletzt haben wir eine wunderbare Landschaft die sich für Filme eben sehr eignet.
Seit 3 Jahren gibt es die Südtiroler Filmförderung, mit dem stolzen Förderpotential von 5 Millionen jährlich. Nun ist Ihr Mentor, der frühere Wirtschaftslandesrat Thomas Widmann weggefallen, wie geht es jetzt weiter?
Wir hatten wirkliches Glück mit der letzten Landesregierung in der Person von Thomas Widmann, der das Potential für die Filmförderung in Südtirol erkannt hat. Wir gehen jetzt fest davon aus, dass das so weiter geht und dass das Konzept von Landeshauptmann Kompatscher so fortgesetzt wird.
Was werden Sie ihm als Ihre Trümpfe vorlegen?
Die wichtigste Aussage ist jene der Standortentwicklung, weil wir hier eine Branche aufbauen wollen. Film ist ein Gut, das sich für verschiedene Zwecke eignet, primär ist es ein Kulturgut, es hat Imagesteigerungspotential, Film eignet sich für Marketing und Tourismus und, Film ist immer Business. In Italien werden mit Film 3 Milliarden Euro umgesetzt, ebenso in Deutschland, und meine Frage ist, wollen wir daran teilhaben? Filmförderung ist ein Teilchenbeschleuniger für die heimische Wirtschaft, aber auch für die Kultur.
Wie ist denn die heimische Kultur an der Filmförderung beteiligt?
Die Kulturabteilungen des Landes sind bei den Förderentscheidungen direkt mit dabei. Im Expertengremium sitzen jeweils ein Vertreter der italienischen und der deutschen Kulturabteilung. Und natürlich sind wir bestrebt, von den insgesamt 30 geförderten Projekten jährlich ungefähr ein Viertel der lokalen Filmproduktionen zu fördern.
Welches Südtirol-Bild tragen die hier enstandenen Filme in die Welt hinaus, ist es vor allem das alpine Klischee oder gibt es da noch anderes?
Ich glaube, uns ist es bisher gut gelungen, ein differenzierteres Südtirol-Bild hinauszuschicken. Also nicht nur Alpinkulisse und Geranien. Ein gutes Beispiel ist der Film „Se chiudo gli occhi“ der an urbanen Orten und Plätzen gedreht wurde, die Dekadenz und Trostlosigkeit widerspiegeln. Wir konnten unseren Filmpartnern bisher recht gut vermitteln, dass wir fast alles haben außer das Meer. Aber natürlich sind Filme wie „Un passo dal cielo“ wo die Landschaft eine grandiose Hauptrolle spielt, sehr gut nutzbar auch für den Tourismus.
Zielt die BLS-Filmförderung insgesamt darauf ab, ein tourismusfreundliches Bild von Südtirol zu kreieren?
Man muss eines klar sagen, bei Filmproduktion geht’s uns nicht darum zu sagen, was die einzelnen Firmen machen sollen oder welche Bilder sie zeigen sollen. Wir arbeiten nicht wie CineTirol die etwa bei der TirolWerbung mit dabei ist. Klar versuchen wir auch solche Produktionen wie „Un passo dal cielo“ für das Südtirol-Marketing zu nutzen, davon profitiert auch die Südtiroler Dachmarke. Aber dass wir auch darüberhinaus erfolgreich sind, zeigt beispielsweise dass das italienische Kulturministerium sich an uns gewandt hat; sie wollen unsere Filmförderprozesse anschauen und übernehmen, weil wir wohl die einzige Förderinstituion in ganz Italien sind, die klare Förderentscheidungen trifft. Das ist ein großes Kompliment für uns als Filmförderstandort.
Aalglatter Marketing-Speak
Aalglatter Marketing-Speak inklusive kleiner Ehrenrunde im A…. des unvergesslichen Thomas Widmann: anstatt Unternehmen anzusiedeln, was ja die Aufgabe eines Standortmarketings wäre macht man lieber glamouröse Ausflüge in die Welt von Film und Fernsehen. Was soll's? Der Steuerzahler blecht und Spaß machts auch, also bitte.
5 Mio - Mamma mia...
Wenn ich das lese, kann ich nur mehr den Kopf schütteln. Dass man überhaupt Filme fördern muss - ist schon Wahnsinn genug; von der Hohe ganz zu schweigen (5 Mio). Die Rechtfertigungsversuche mit komisch berechneten Umwegrentabilitäten sprechen Bände.
Bitte um Verzeihung, aber sie BLS sollte das tun, für das sie gegründet wurde, wobei man auch das und die heutige Grösse dieses Apparats mal hinterfragen könnte!
In reply to 5 Mio - Mamma mia... by Günther Reifer
Stimme voll zu. Und finde es
Stimme voll zu. Und finde es einen denkbar schlechten Zeitpunkt angesichts von Firmenschliessungen/Kündigungen (Hoppe, Würth, Memc) luftige Sprüche von "Teilchenbeschleunigern" abzusondern. Man sieht daß das Personal dieser aufgeblähten öffentlichen Agenturen es sich schon zu lange in ihrem Wolkenkuckucksheim gemütlich eingerichtet und keinerlei Realitätsbezug haben.
Klartext
Es gibt in Europa so gut wie keine Filmindustrie ohne Film-Förderung. Dazu sind die jeweiligen - nationalen - Märkte viel zu klein im Vergleich zu den USA z.B. Die wirtschaftlich Effekte auf den verschiedensten Ebenen liegen auf der Hand und ihr solltet euch besser mal in der Branche umhören, wie viele gerade junge Leute in dem Bereich jetzt arbeiten, als einfach nur auf die BLS einzuschlagen.
Moment mal!
Ich will Folgendes festhalten:
a) Der Filmfond bringt Südtirol mehr Geld als er kostet, denn der Produzent, der Geld erhält, muss nachweislich mehr als 1,5 mal soviel in Südtirol wieder ausgeben. Der Filmfond bringt sehr konservativ Geschätzt mindesten 60 gutbezahlte Vollzeitstellen nach Südtirol. Will man das in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit in den Wind schiessen?
b) Man muss einfach anerkennen, dass die es die BLS in ihrem Kernbereich "Betriebsansiedelung" sehr schwer hat, weil das "Produkt" das sie sozusagen verkauft, schwierig ist. Das "Produkt" ist letztendlich im Kern "Wirtschaften in Italien" - und das will eigentlich niemand, der es nicht muss. Wenn parallel dazu der Filmsektor gut anläuft, mit all den positiven Effekten, dann ist das doch ne gute Sache.
c) Film ist in all seinen Formen ein wunderbares Mittel, um jenseits der Unterhaltung Botschaften in die Gesellschaft zu senden. Wichtige Themen wie nachhaltiges Wirtschaften, soziale und menschliche Angelegenheiten werden seit je her von Filmemachern aufgegriffen und bei Erfolg, aufgrund des emotionalen Potentials, sehr weit gestreut. Film ist ein potentes Werkzeug, um die Zukunft der Gesellschaft zu gestalten. Anstatt zu protteln und zu schimpfen, gehört dieses Medium genutzt.