Der stumme Protestierer
Jeder, der in diesen Tagen und Wochen in der Bozner Gumergasse oder am Rathausplatz vorbeikam, hat ihn wohl gesehen. Ein älterer Herr mit Schiebermütze, der mit Plakaten am Rücken und Bauch behängt, auf und ab schreitet oder einfach nur dasteht, dem Hohen Haus der Bozner Gemeindepolitik in stummem Protest zugewandt.
Girolamo Amato hat diesen Weg gewählt, um auf die jahrelangen Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen, denen er sich ausgesetzt sieht, Ungerechtigkeiten vonseiten der Gemeinde Bozen. „Ich bin hier seit dem 23. März und stehe jeden Tag 10 Stunden lang bei jedem Wetter vor der Gemeinde; ich bleibe so lange hier, bis der Bürgermeister all jene ungerechten und auf falschen Tatsachen beruhenden Beschlüsse zurücknimmt, die er zu meinem Schaden und dem meiner Familie in den letzten Jahren durchgezogen hat.“ Schäden, so Amato, die finanzieller und moralischer Art sind und die sich als Konflikt zwischen seiner Familie und der Gemeinde bereits seit mehr als 20 Jahren in die Länge ziehen. „Ich habe in dieser ganzen Zeit sicherlich an die 400.000 Euro ausgegeben, um zu einem Gerichtsbeschluss zu kommen, der mir Recht gibt,“ erkärt der Mann, „allein dafür habe ich 18 Jahre lang gekämpft.“
Manifestazione Pacifica dal 23 marzo 2015 - al Signor Sindaco, all'Assessore Urbanistica, ai Funzionari comunali
Es geht um einen Baubeschluss aus dem Jahr 1991, den Beschluss Nummer 56/91, der von der Gemeinde Bozen gewährt wurde. Ein Beschluss, der laut Girolamo Amato niemals hätte ausgestellt werden dürfen und gegen den er auch sofort Klage eingereicht hatte. Denn der Bauherr, einer seiner Nachbarn im Wohnhaus Nummer 8 der Bozner Zarastraße, sei damals gar nicht Eigentümer der zu verbauenden Kubatur, eines Dachbodens gewesen, der hingegen Gemeinschaftsbesitz war. Girolamo Amato war wie jeder der 5 Miteigentümer in der Bozner Zarastraße am Dachboden beteiligt.
Damals habe alles angefangen, der ganze lange Iter, der ihn nicht nur vor das Gericht in Bozen, sondern auch vor das Oberlandesgericht Trient bis hin zum Kassationsgericht nach Rom und nun als stummen Protestierer vor das Bozner Rathaus brachte.
Der Nachbar durfte den Dachboden ausbauen, auch wenn die zuständigen Eigentumsvoraussetzungen fehlten; obwohl die Baukommission im Nachhinein den Abbruch der Bauarbeiten befahl, erneuerte und bestätigte der zuständige Urbanistikstadtrat, zu jener Zeit Toni Serafini, die Baukonzession. All diese Fakten hat Girolamo Amato fein säuberlich dokumentiert und mit Jahreszahlen, Beschlussnummern und Gerichtsurteilen die in der Sache gesprochen wurden, belegt.
In einem Dokument, das er mit sich führt und auch gerne vorzeigt, vermerkt er Frage für Frage, die er an den Bürgermeister, den Stadtrat und die Beamten der Bautenabteilung stellen will. Die erste und dringendste lautet nach wie vor: Mit welcher Begründung verhindert die Gemeinde Bozen die Wiederherstellung der legalen Verhältnisse in bezug auf die Eigentumsverhältisse in der Zarastraße Nr. 8? Warum werden die falsch ausgestellten Dokumente nicht aus den Archiven der Gemeinde Bozen entfernt? Und warum wurde die Baukonzession erteilt bzw. im Lauf der nächsten Jahre sogar noch erweitert, wo doch Gerichtsurteile belegen konnten, dass der Bauherr nicht rechtmäßiger Eigentümer sein konnte. Es aber wurde, aus Gründen, die Girolamo Amato nicht hinnehmen kann und will.
Er steht da und protestiert, um für Gerechtigkeit zu sorgen, sagt er. Sein Rechtsempfinden sage ihm, das sei es wert, es könne nicht sein, dass der kleine Mann nur hinnehmen und erleiden solle. Er möchte ein Beispiel sein für all jene Bürger, die sich auch über den Tisch gezogen fühlten. „Gott sei Dank unterstützt mich mein Sohn, der Rechtsanwalt geworden ist, seit einigen Jahren,“ so Amato. Und wie lebt es sich im Haus mit seinem Feind, dem Nachbarn?
„Nun, als die Richterin Marchesini mich von einer Rufschädigungs-Klage des Nachbarn freisprach, gab sie mir den Rat, ihn zu ignorieren, und das tue ich seitdem.“ Die Überzeugung für die gerechte Sache lässt ihn auch das durchstehen.
Liest sich so als hatte der
Liest sich so als hatte der Nachbar "Freunde" in der Gemeindestube und/oder an anderen entscheidenden Stellen.