Startschuss für Zusammenarbeit?
Die nationale Ebene wird Koordination und Kontrolle des 209 Milliarden schweren Recovery Plans (PNRR) übernehmen. Lokale Regierungsebenen werden hingegen für die konkrete Umsetzung der einzelnen Investitionen zuständig sein. So die Ankündigung von Ministerpräsident Mario Draghi nach der Staat-Regionen-Konferenz am gestrigen Donnerstag. Während die Zusammenarbeit rundum als positiv empfunden wurde, wird vor allem die Möglichkeit der raschen Ausarbeitung und Umsetzung des Plans infrage gestellt. Bevor der PNRR am 30. April an die Europäische Kommission weitergeleitet wird, sollen weitere Aussprachen zwischen den verschiedenen Regierungsebenen folgen. Das nächste Treffen findet am Mittwoch, 14. April, statt.
Nationale Koordinierung, Kontrolle und Auswertung
Wie Mario Draghi in der gestrigen Pressekonferenz präzisierte, sehe der PNRR eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat und lokalen Regierungsebenen vor, wobei der Staat vor allem für die Koordination und die Abgleichung der einzelnen Investitionen mit den europäischen Vorgaben zuständig sei. Zu diesem Zweck sei erstens eine zentrale nationale Koordinationsstruktur vorgesehen. Diese wird die Hilfsgelder der Europäischen Union, die progressiv ausgeschüttet werden, in Empfang nehmen und sie an die zuständigen Regierungsebenen verteilen – Regionen, Provinzen und Gemeinden. Draghi weist hier auf eine nötige Aussprache und Koordination zwischen Regionen, Provinzen und den einzelnen Gemeinden hin, die je nach ihren verfassungsrechtlich geregelten Kompetenzen für die einzelnen Investitionen verantwortlich sind. Um weitere Auszahlungen in Empfang nehmen zu können, müssen die zuständigen Behörden über die Verwendung der Gelder Bericht erstatten.
Zweitens werden die von der Europäischen Union geforderten Kontrollpunkte eingerichtet, um den Fortschritt der Projekte sowie deren Ausrichtung im Sinne der europäischen Angaben zu gewährleisten. Der PNRR sei darum bemüht, eine nationale Kontroll- und Auswertungsstelle einzurichten, so Draghi. Für die Überwachung der einzelnen Projekte sind hingegen die lokalen Behörden zuständig.
Was die konkreten Inhalte des Plans betrifft, seien diese in einigen Bereichen im Einklang mit dem Plan der vorhergehenden Regierung unter Conte. Andere Punkte seien hingegen grundlegend verändert worden. Zudem sind lokale Taskforce vorgesehen, die den zuständigen lokalen Regierungsebenen bei der Umsetzung der Investitionen unterstützen sollen.
Enge Zusammenarbeit mit Regionen
Sowohl die nationale Ebene als auch der Präsident der Regionalkonferenz, Stefano Bonaccini, erwiesen sich erfreut über die begonnene Zusammenarbeit im Bezug auf den Recovery Plan. “Abbiamo riscontrato grande attenzione e sensibilità da parte del Presidente del Consiglio che nonostante i tempi ristretti ci ha anche assicurato che quello odierno è il primo di una serie di confronti fra il Governo, le Regioni e le autonomie locali che avranno luoghi nei prossimi giorni”, so Bonaccini. Und weiter: “Credo davvero che oggi siano state poste le basi di un’alleanza istituzionale … per l’attuazione sinergica del Piano Nazionale di Ripresa e Resilienza”. Die Regionen hatten zuvor auf deren Beteiligung an der Ausarbeitung des Plans gedrängt und Klarheit im Bezug auf deren Rolle in der Umsetzung des Plans gefordert.
Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher schloss sich in der gestrigen Aussprache zwischen Staat und Regionen den Präsidenten der anderen Regionen an: Die Regionen seien bereit, zur Ausarbeitung und Umsetzung des Plans beizutragen. Für Südtirol habe man, so Kompatscher, 47 Projekte für insgesamt 2,4 Milliarden Euro ausgearbeitet. (Das Südtiroler Teilprojekt war zuletzt aufgrund der intransparenten Ausarbeitung und der teils nicht nachvollziehbaren Projektauswahl in Kritik geraten). Zugleich fordert Kompatscher Klarheit bezüglich der Kriterien für die Verteilung des Aufbaufonds, die Rolle der Regionen und autonomen Provinzen und die Art der vorrangigen Projekte. Bis dato ist nicht bekannt inwiefern das Südtiroler Teilprojekt berücksichtigt wird.
Grundlegende Reformen nötig
Der Präsident der ANCI (Associazione Nazionale Comuni Italiani), Antonio Decaro, drückte Bedenken bezüglich der konkreten Umsetzung des Plans aus. Hier seien nicht nur direkte Finanzierungen nötig, sondern auch der Abbau der formellen Hürden, um Projekte direkt auf urbaner und Gemeindeebene umsetzen zu können. Es bestehe das konkrete Risiko, so Decaro, dass die Gelder des Recovery Fund nicht im von der EU vorgesehenen Zeitrahmen verpflichtet (2022) und ausbezahlt (2026) werden könnten.
Dass sich Draghi dieses Risikos bewusst ist, stellt er selbst in der anschließenden Pressekonferenz klar: “Noi non abbiamo credibilità per quanto riguarda la capacità di investire. L’abbiamo persa tantissimi anni fa. Non perché non si volesse investire, ma per gli investimenti previsti che non sono mai stati fatti. Quello che è emerso dalla discussione – e che è stato sottolineato da molti presidenti delle regioni –, è, che si bisogna cambiare tutto per diventare credibili. Per superare gli ostacoli a livello politico, amministrativo, istituzionale, giudiziario e contabile. Occorre chiedersi, se l’attuale contesto istituzionale è adatto a procedere con rapidità, efficenza e onestà all’attuazione di questo piano.”
Das nächste treffen zwischen den lokalen Regierungsebenen und der nationalen Regierung ist für Mittwoch, den 14. April vorgesehen.
Zur Ergänzung:
Ergänzung aus LMD:
Italien wird zwischen 2021 und 2026 Finanzhilfen von 82 Milliarden Euro aus einem Fonds erhalten, zu dem das Land 40 Milliarden Euro beisteuern muss. Bei den etwaigen Krediten (127 Milliarden) entspricht das Hilfsvolumen der Zinsersparnis, die davon abhängt, wie die Differenz zwischen den italienischen Zinssätzen und den Zinssätzen der EU-Kommission sich entwickelt. Diese Ersparnis wird keinesfalls mehr als 24 Milliarden Euro betragen.
(Siehe die Berechnungen von Emiliano Brancaccio und Riccardo Realfonzo, „Draghi’s plan needs less Keynes, more Schumpeter“, Financial Times, 12. Februar 2021.)