Politics | Gastbeitrag von Klaus Egger

Europa und Wir(tschaft) - Teil 2

Im 2. Teil seiner Europa-Betrachtung geht der Green-Economy Berater Klaus Egger auf weitere brisante Wahlkampfthemen ein: das Freihandelsabkommen, die Finanzwelt sowie die kleinen und mittleren Unternehmen.

Die kleinen und mittleren Unternehmen als Rückgrat der Wirtschaft

Die 23 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in der EU sind das Rückgrat der europäischen Wirtschaft: Über 98% aller Unternehmen gehören dieser Kategorie an. Zudem entfallen auf sie zwei Drittel aller Arbeitsplätze im Privatsektor und ca. 80% aller in den letzten fünf Jahren neu geschaffenen Stellen. KMU’s sind Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern. In Südtirol werden zu KMU’s sogar nur Betriebe bis zu 99 Mitarbeitern gezählt und davon haben wir in unserem Land von den 60.000 Unternehmen 96,5%.

Das ist der wahre Motor der Wirtschaft. Wobei es nicht darum geht wer nun besser ist oder mehr Wertschöpfung schafft: die „Großen“ (die Konzerne) oder die „Kleinen“ (die KMU’s)? Es braucht alle. Nur die Vorgangsweisen um diese beiden Wirtschaftsbereiche in eine neue, nachhaltige Zukunft zu führen sind eben unterschiedlich. Wo die „Großen“ die Regulierungen benötigen, brauchen die „Kleinen“ Unterstützung und Erleichterungen. Viele Gesetze und Auflagen, wofür die „Großen“ eigene Büros und Fachkräfte haben, können die „Kleinen“ organisatorisch nicht bewältigen. Man nimmt ihnen den Sauerstoff zum arbeiten und somit auch die Lust und Freude an der Selbstständigkeit. Neue wirtschaftliche Ansätze wie z.B. die Gemeinwohlökonomie (es gibt aber auch andere) sind für große Konzerne praxisuntauglich, für die KMU’s könnten sie aber den entscheidenden Wettbewerbsvorteil bringen, wenn die Politik ihnen diesen Weg ebnet.

Argument 3 für werdende EU PoltikerInnen: Erklärt der „kleinen Wirtschaft“ wie ihr sie unterstützen wollt und wie ihr ihnen wieder Freiraum geben könnt, damit sie für das Gemeinwohl arbeiten dürfen.

Die Finanzwelt – ohne geht es nicht

Auch hier gilt pragmatisch: Geld wird uns noch eine Weile begleiten. Auch wenn das Geldschöpfungssystem seine Tücken hat, wer meint, dies abzuschaffen verfolgt einen unrealistischen Weg. Nur ein kompletter Zusammenbruch würde den Weg neu ebnen und das wünsche ich niemanden von uns. Trotz allem gibt es aber bereits schon Ansätze die dieses allumfassende Geflecht wirksam regulieren könnte:

  • Die Geschäftsbanken müssen von den Investmentbanken getrennt werden. Heißt im Klartext, wer am Finanzcasino spekuliert riskiert sein eigenes Geld und nicht das von uns allen

  • Die Finanztransaktionssteuer muss kommen – wird zum Teil schon umgesetzt

  • Die Banken müssen unter strengerer Aufsicht, aber nicht von anderen Bankern, sondern von öffentlichen Strukturen

  • Die Zentralbanken müssen in staatliche Hand. Die meisten sind privat oder haben hohe private Anteile. Hier herrscht ein Ungleichgewicht zwischen privatem und öffentlichem Interesse

  • Die Ausgabe von Geld einer einzelnen Bank muss mit einem sehr hohen Anteil von den Einlagen derselben Bank gedeckt sein

  • Eine Umlaufsicherungsgebühr würde dafür sorgen, dass Menschen die ihr Geld in der Realwirtschaft anlegen keine Umlaufsicherungsgebühr zahlen müssten, wenn sie mit ihrem Geld aber in Investmentfonds, Finanzderivate oder andere Produkte des globalisierten Finanzmarktes spekulieren möchten, und somit Geld aus der Realwirtschaft abziehen würden, eine solche Umlaufsicherungsgebühr zahlen müssten.

  • Und vor allem, alle von uns die Geld haben, die Vermögen haben, sollen diese bewusst in die Realwirtschaft investieren. Fordern sie ihre Bank, verlangen Sie, dass diese offen legt was sie mit ihrem Geld macht. Und verzichten sie auf ein paar magere Zinsen zum Wohle von uns allen. Zum Wohle der Realwirtschaft. Höher wir auf das Finanzmonster zu füttern und greifen wir unserer lokalen Wirtschaft unter die Arme. Das kann jeder von uns tun.

Argument 4 für werdende EU PoltikerInnen: Erklärt uns was ihr tun werdet um die Finanzwelt in die Schranken zu weisen.

Das TTIP – das Transatlantische Freihandelsabkommen

Wo die einen eine weltweite Wirtschaftsverschwörung wittern, sehen die anderen Chancen leichter zu neuen Märkten vorzudringen. Auch hier plädiere ich für ein bisschen mehr Pragmatismus. Ist es nicht logisch, dass unsere momentan noch verquere Wirtschaftswelt der Großen und Mächtigen versucht dieses Abkommen nach ihren Wünschen zu regeln? Hier beobachten wir nur ganz logische Konsequenzen der Globalisierung der Wirtschafts- und Finanzwelt der letzten 30 Jahre. In den 80iger die Globalisierung der Wirtschat mit ihren Deregulierungen, in den 90iger die Globalisierung der Finanzwelt mit ihren Deregulierungen. Was mit dem (aktuellen) TTIP versucht wird, wäre der dritte fatale Fehler einer weiteren globalisierten Deregulierung. Und trotz allem, auch viele kleinere Unternehmen, die über die Grenzen operieren, würden sich niedrigere Hürden wünschen und in vielen Fällen könnte dieser „gute“ Wettbewerb auch durchaus förderlich sein für Qualität und Ressourcen. Aber dafür brauchen wir mutige EU-PolitikerInnen die sich nicht einfach von gewissen Gruppen vorne hertreiben lassen. Die nicht nur auf die Lobbyisten hören und das Gemeinwohl ALLER Wirtschaftler und Arbeitnehmer in den Vordergrund stellen.

Argument 5 für werdende EU PoltikerInnen: Erklärt uns was ihr zu tun gedenkt, um das TTIP in die richtigen Bahnen zu lenken.

Green everywhere – eine neue Zeitrechnung hat begonnen

Der Bericht des Zukunftsinstituts „Die Zukunft der Umwelt – Auf dem Weg zur Green Economy“ macht Lust auf mehr. In allen Bereichen wird geforscht und entwickelt. Bei neuen Energieformen und
-speicherungen, bei intelligentem Umweltmanagement, bei energiesparendem Wohnen, neue Formen der Mobilität und vor allem bei neuen Wegen zur Ressourceneffizienz – weg von der Wegwerfgesellschaft, hin zur Kreislaufwirtschaft. Die Spirale hin zu einer neuen Wirtschaft dreht sich exponentiell nach oben. Die Green Economy ist auf dem Vormarsch und nicht mehr aufzuhalten. Und auch wenn viele Unternehmen noch meinen mit ein bisschen Green washing sei es getan, auch wenn es immer die Ewiggestrigen und vermeintlich Schlauen geben wird, die nächsten Jahre werden die Spreu vom Weizen trennen. Vorausgesetzt aber ist, dass wir Verbraucher weiter mündig und sensibilisiert werden und dass die PolitikerInnen den Mut haben auch hier einen nachhaltigen Weg einzuschlagen und nicht nur Scheinlösungen und einfache Kompromisse suchen.

Argument 6 für werdende EU PoltikerInnen: Erklärt uns was ihr für den Wandel in eine neue Green Economy Wirtschaftsordnung zu tun gedenkt.

Liebe angehende, bestehende und zukünftige Politiker und Politikerinnen. Schmeißt bei diesem Wahlkampf nicht mit Floskel um euch. Erzählt uns keine Schauermärchen, aber auch keine Gute Nacht Geschichten. Sagt uns konkret was ihr tun wollt, damit wir euch an eurer Sachkenntnis und Weitsichtigkeit messen können. Wer bis zum 25. Mai nur Floskeln bringt, verdient keine Stimme.