Politics | Verkehr

Keine Regulierung möglich

Südtirol erstickt im Verkehr. Die Anwort auf eine Anfrage, ob derzeit Regulierungsmöglichkeiten gegeben sind, fällt allerdings ernüchternd aus.
LKW-Stau
Foto: wiki
„Eine Limitierung des Schwer- und Individualverkehrs auf der SS12 ist nach der aktuellen Gesetzeslage (StVO und EU-Normen) nicht möglich“, lautet die Antwort von Mobilitätslandesrat Daniel Alfreider auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Peter Faistnauer (Perspektiven für Südtirol). Faistnauer machte damit auf die Verkehrsprobleme vor allem entlang der A22 und der Brennerstaatsstraße (SS12) aufmerksam, die zu den Hauptverkehrszeiten regelmäßig vollkommen überlastet sind. Auf die Klagen der Anrainergemeinden haben die Betreiber der Brennerautobahn wie berichtet inzwischen reagiert und eine neue Tarifgestaltung eingeführt, die jene begünstigt, die nicht zu Stoßzeiten unterwegs sind. Weiters soll an den Mautstationen wie beispielsweise in Sterzing die Abfertigung durch die dynamische Nutzung der Personalressourcen flüssiger erfolgen und eine breit angelegte Sensibilisierungskampagne die Nutzer frühzeitig über mögliche Staugefahren informieren.
 
 
 

Kein Abfahrtsverbot

 

Nichtsdestotrotz kann eine der Hauptforderungen, nämlich das Abfahrtsverbot von Lkw und Pkw von der Autobahn, derzeit nicht erfüllt werden. Dass die Reisenden bei Stausituationen auf der A22 nach schnelleren Routen suchen und auf die Staatsstraßen ausweichen, führt dazu, dass diese ebenfalls überlastet sind und phasenweise der gesamte Verkehr im betroffenen Gebiet zum Erliegen kommt. Es bestehen begründete Befürchtungen, dass sich die Situation noch verschlimmern könnte, wenn die Sanierungsarbeiten an der Luegbrücke im nördlichen Wipptal in Angriff genommen werden. Diese sollen 2025 beginnen, wobei die Brennerautobahn voraussichtlich im gesamten Baustellenbereich nur einspurig befahrbar sein wird, und zwar für die Dauer von rund zwei Jahren.
 
Eine Limitierung auf Ziel- und Quellverkehr ist in Südtirol aus rechtlichen Gründen nicht möglich.
 
Faistnauer wollte in seiner Anfrage deshalb auch wissen, ob die Möglichkeit überprüft wird, nur Ziel- und Quellverkehr verkehren zu lassen und für weiteren Verkehr ein online Ticket-System zu implementieren, damit die Verbindung nicht kollabiert. „Eine Limitierung auf Ziel- und Quellverkehr ist in Südtirol aus rechtlichen Gründen nicht möglich“, lautet auch hier die Antwort von Mobilitätslandesrat Alfreider, der weiters erklärt, dass die mögliche Implementierung eines Ticketsystems auf ihre rechtliche Machbarkeit hingegen genau überprüft werden müsste und letztlich auch der Zustimmung der Nationalstaaten bedürfe. Eine kurzfristige Einführung sei nicht möglich.
 
 
 

Gesundheit in Gefahr?

 

Bezüglich des Luftwerte-Monitoring entlang der staugefährdeten Strecken erklärt Alfreider, dass das Monitoring der Luftqualität entlang der Brennerautobahn A22 in Südtirol durch zwei fixe (AB3 Brixen-Süd und AB2 in Neumarkt) und zwei mobile Messstationen (ML6 in Bozen und ML 5 in Unterland) erfolgt. Zudem wird mit Ende dieses Jahres eine weitere mobile Messstation in Sterzing aufgestellt. „Die Messungen zeigen seit Jahren Überschreitungen des Jahresgrenzwertes für NO2 (40 μg/m) in unmittelbarer Nähe zur Autobahn auf. Die Tendenz der gemessenen NO2-Konzentrationen ist aber fallend. Andere Luftgrenzwerte oder Allarmschwellen werden nicht überschritten“, heißt es in der Antwort, in welcher auch darauf hingewiesen wird, dass gemäß Art. 6 des italienischen Straßenverkehrskodex (GVD 285/1992) die Zuständigkeit für die Einführung von Verkehrseinschränkungen auf der Autobahn beim Regierungskommissar (Präfekt) liegt.
 
Die Messungen zeigen seit Jahren Überschreitungen in unmittelbarer Nähe zur Autobahn auf. 
 
Dies sei auch durch den Präzedenzfall von 2006 bestätigt worden. Aufgrund der Verordnung des Regierungskommissar vom 28.12.2006 wurde für eine bestimmte Zeit ein Lkw-Fahrverbot der Euroklasse 0 und 1 auf der A22 und auf der SS12 verfügt. „Aufgrund von zahlreichen Interventionen des Landes wurde am 21.2.2019 ein DPCM (Dekret des Ministerpräsidenten) erlassen, mit welchem das Transportministerium aufgefordert wird, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, damit der Autobahnbetreiber eine verbindliche Geschwindigkeitseinschränkung auf der A22 einführen darf - zurzeit ist dies vom Straßenverkehrskodex nicht vorgesehen. Bis heute wurde das Dekret leider nicht umgesetzt“, so Alfreider, der darauf hinweist, dass damit zwar nicht das Verkehrsaufkommen reduziert würde, eine Geschwindigkeitsreduzierung bzw. der dadurch bedingte geringere Treibstoffverbrauch würde jedoch auch zu einem Rückgang der Emissionen führen. Zudem könnte damit eine von der Luftqualität abhängige Verkehrssteuerung vorgenommen werden.
 
 

Grenzwerte

 

Was die Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit der Bevölkerung betrifft, erklärt der Mobilitätslandesrat, dass die Bewertung der Gefährdung für die menschliche Gesundheit bestenfalls über epidemiologische Studien erfolgt, welche die Auswirkungen wie beispielsweise von Lärm und Emissionen auf die Bevölkerung vor Ort mit spezifischen medizinischen Untersuchungen effektiv beobachten. „Indirekt können solche Auswirkungen auch durch die Anwendung der EU-Richtlinie 2058/50/EG bzw. des Gesetzesvertretendes Dekret 155/2010 im groben Rahmen abgeschätzt werden“, heißt es im Antwortschreiben, in welchem darauf hingewiesen wird, dass durch die in diesen Normen festgelegten Grenzwerte die aus dem Verkehr hervorgehenden möglichen Belastungen auf ein Niveau beschränken sollten, bei welchem die menschliche Gesundheit und die Umwelt keinen Schaden nimmt. Die Grenzwerte seien festgelegt worden auf der Grundlage „wissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Ziel, schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern“. Diese Normen gelten allgemein und verpflichten die Staaten kurz- und langfristige Strategien und Pläne zu erstellen, um die Einhaltung der Grenzwerte zu garantieren.