Zweiter Anlauf
Am Ende des ersten Anlaufs war eine bittere Erkenntnis von Rudi Rieder gestanden: Bozen hat weder eine Mehrheit noch eine Minderheit, hatte der M5S-Gemeinderat nach dem gescheiterten Versuch der Oppositionsparteien erklärt, einen gemeinsamen Text und zwölf Unterschriften für einen Misstrauensantrag gegen die Regierung Spagnolli zusammen zu bekommen. Doch wer gedacht hat, die vier Abgeordneten der Fünf-Sterne-Bewegung würde sich nun ebenfalls der politischen Trägheit in der heißen Landeshauptstadt hingeben, hat sich getäuscht.
„Il M5S si ricollega alla lettera di Dado Duzzi pubblicata pochi giorni fa, nella quale chiedeva che qualcuno si prendesse la responsabilitá di staccare la spina ad un sindaco rimasto senza maggioranza per permettere al Comune di tornare a lavorare in modo efficiente e a disposizione dei cittadini.“
Ferragosto vor der Haustür, die Nachdenkpause der Grünen noch im Gange, der Bürgermeister auf zweiwöchigem Urlaub, mit im Gepäck auch die nach wie vor nicht zugeteilten Kompetenzen für Urbanistik, Soziales, Umwelt und öffentliche Arbeiten: Das ist der Hintergrund, vor dem Rudi Rieder und Company am kommenden Dienstag das zweite Mal zur Tat schreiten. Diesmal ohne lange Diskussionen sondern mit einem einfachen wie entschlossenen Akt: der Hinterlegung eines Misstrauensantrag im Sekretariat des Gemeinderats. Wer Mut und ein Verantwortungsgefühl gegenüber der Bürgerschaft hat, komme und unterschreibe, lautet die damit verbundene Aufforderung an Bozens Gemeinderäte.
Acht weitere von ihnen müssten dem Aufruf folgen, damit der Misstrauensantrag durchgeht. Gründe dafür sehen die vier Einbringer nicht nur in der aktuell fehlenden Mehrheit. „Ein Bürgermeister, der trotz einer Koalition aus neun Parteien von 22% der Bevölkerung gewählt wurde, also nur von jeder fünften Person, kann nicht als demokratische Vertretung der Bevölkerung angesehen werden“, wird in einer Pressemitteilung argumentiert. Laut den M5S-Abgeordneten ist es vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich, dass Bozen keine regierungsfähige Mehrheit hat. „Viel verwunderlicher ist die Tatsache, dass mit allen Mitteln versucht wird, eine solch erzwungene Regierung am Leben zu halten statt das Scheitern einzugestehen und zu Neuwahlen zu rufen.“ Zumindest letzteren Part wollen nun die vier M5S-Gemeinderäte Rudi Rieder, Teresa Fortini, Caterina Pifano und Alberto Filippi einleiten:
„Salvare un governo di questo tipo non puó essere nell` interesse pubblico, chiediamo il commissariamento della cittá per i prossimi otto mesi, per tornare a votare nel maggio prossimo, usando questi mesi per incontrare i cittadini, sentire le loro esigenze e trovare programmi condivisibili, proponendo ai cittadini un governo della cittá capace di coinvolgere, decidere insieme ed espressione democratica della volontá cittadina.“
Wie viel Erfolg dem Unternehmen diesmal beschieden ist? Zumindest vom Grünen Tobe Planer kommt eine Ermutigung. „Nulla è escluso“, zitiert ihn der Corriere dell’Alto Adige vom Sonntag. Bevor die Grünen jedoch irgendeine Unterschrift setzen, wollen sie das Ergebnis ihrer für nach Ferragosto angekündigten Bürgerversammlung abwarten. Zur Räson ruft dagegen PD-Mann Mauro Randi: Es gibt keine Alternative als zu einer soliden Mehrheit von Mitte-Links zurückzfinden, sagt er. Zumindest nicht ohne Reform des Wahlrechts. „Denn ohne diese landen wir am Ende wieder in der selben Situation“, argumentiert Randi.
Welchen Grund gibt es, sich in der Ferragosto-Hitze der Landeshauptstadt nicht der politischen Trägheit zu ergeben? Ab Dienstag ist das Sekreteriat des Bozner Gemeinderats für Überraschungen offen.