Economy | Energiestreit

Ahrntal: Rudi Rienzner und die schiefe Optik

Rudi Rienzner, Geschäftsführer des Südtiroler Energieverbandes, im Interview, warum er beinahe Kraftwerks-Mitbesitzer geworden wäre. Seit Monaten taucht sein Name immer wieder im Ahrntaler Energiestreit auf.

Herr Rienzner, die Ahrntaler werfen ihnen vor, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Verträgt sich ihre Position als Geschäftsführer des Südtiroler Energieverbandes, der ein Genossenschaftsmodell für Südtirols Energiesektor predigt,  mit ihrer zwischenzeitlichen Position als Strohmann für die private Ahr Energie?
Rudi Rienzner: Meine Position bei der Ahr Energie würde ich nicht als Strohmann definieren. Ich wurde damals von der Unternehmensgruppe der Ahr Energie hinzugezogen, da sie einen Partner für ein zweites, verbessertes Projekt für die Ahrstufe Vier brauchten. Das heißt, ich habe mich mit meinem Know How an der Realisierung des Projektes beteiligt. Im Gegenzug wurde mir eine Beteiligung an einer Gesellschaft zugesichert, die dafür geschaffen werden sollte. Doch nachdem damals schon relativ bald von Seiten der Freiheitlichen, aber auch aus anderen Kreisen, Kritik an meiner Beteiligung an dem Projekt laut wurde, habe ich mich bereits Anfang 2011  daraus zurückgezogen. Und zwar unentgeltlich, also ohne etwas für mein Engagement zu erhalten.

Das heißt, die Sache wurde Ihnen zu heiß?
Sagen wir, mir wurde klar, dass die Sache eine schiefe Optik erzeugen bzw. falsch verstanden werden könnte, und das war sie mir nicht wert. Doch der Punkt ist, dass wir ein Verband mit 300 Mitgliedern sind, die alle als Klein- und Mittelbetriebe im Energiegeschäft tätig sind – und zwar grob aufgeteilt zu je einem Drittel als Genossenschaften, als Gemeindebetriebe oder als private Kapitalgesellschaften. Das heißt, wir haben zwar zuletzt eine genossenschaftliche Ausrichtung der Strompolitik vorgeschlagen, was den Endverbraucher betrifft. Aber rein als Tätigkeit und Interessensvertretung liegt unsere Zielgruppe in allen drei Bereichen. Und von diesen Mitgliedern wurde ich wie andere auch in den Verwaltungsrat gewählt und im Anschluss mit geschäftsführenden Aktivitäten betraut. Sprich, jedes Mitglied im Verwaltungsrat des Energieverbandes ist irgendeiner Form im Energiebereich tätig.

Sie meinen, deshalb hätten auch Sie sich an einem privaten Kraftwerksprojekt beteiligen können?
Ich will damit sagen, dass es ein Unterschied gewesen wäre, wenn ich meine Funktion als Geschäftsführer mit Arbeitsvertrag ausführen würde, mit dem ich mich verpflichtet hätte,  nicht in anderen Projekten tätig zu sein. Ich dagegen führe meine Tätigkeit als  geschäftsführender Verwaltungsrat aus, und bin daher auch frei, nebenher in meiner freiberuflichen Tätigkeit andere Projekte anzugehen. Doch wie gesagt, nachdem ich relativ schnell verstanden habe, dass dies auch nicht so verstanden werden könnte, habe ich mich aus dem Projekt zurückgezogen.

Bereuen sie es jetzt im Nachhinein, sich überhaupt darauf eingelassen zu haben?
Zum jetzigen Zeitpunkt sicher. Aber im Grund genommen habe ich mich damals am Projekt nur gedanklich und mit Know how beteiligt. Und ich hätte es, auch wenn ich wollte, keiner Genossenschaft oder jemand anderem übergeben können.

Doch sie können nachvollziehen, dass Sie im Ahrntal zum Buhmann werden, wenn dort viele Endverbraucher nicht vom günstigen Genossenschaftsstrom profitieren können, weil Private – auch dank Ihrer früheren Mithilfe - den Großteil vom Stromkuchen kassieren?
Nein, dafür hab ich absolut kein Verständnis. Denn der Energieverband hat sein Projekt der  genossenschaftlichen Ausrichtung 2013 präsentiert, das heißt genau zwei Jahren nachdem ich von diesem Projekt im Ahrntal ausgestiegen bin. Dann könnte man mich ja auch dafür verantwortlich machen, dass ich vor acht Jahren für die Stadtwerke in Verona gearbeitet habe. Also, dass man mir 2013 etwas vorwirft, das ich 2008 oder 2010 gemacht habe, ist schon allerhand; ich denke, man muss sich als Person schon auch weiterentwickeln können.

Und nun haben Sie sich von privaten Stromerzeugern in Richtung Genossenschaften weiterentwickelt?
Für unsere Idee eines  genossenschaftlichen Systems ist es nicht einmal so relevant, wer das Eigentum an einer Konzession hält.  Laut unseren Vorstellungen könnte die SEL zum Beispiel weiterhin Eigentümerin der Produktion bleiben. Doch statt Strom an der Börse zu verkaufen, sollte sie den erzeugten Strom einer genossenschaftlichen Struktur mit Bürgerbeteiligung zum gleichen Preis verkaufen. 

Also unter dem Strich kein Verständnis für die Töldra Wut?
Klarerweise kommt dort nun der Ärger raus, und man versucht irgendeinen Schuldigen zu finden, und das bin offenbar auch ich. Doch wenn die Gruppe um die Ahr Energie das Projekt nicht mit mir angegangen wäre, hätte sie es eben mit jemand anderem gemacht und man stünde gleich da. Ich habe schon Verständnis dafür, dass meine Position falsch verstanden werden konnte, doch mich nun in diesem Ausmaß damit in Verbindung zu bringen, ist nicht verständlich. Vor allem hat nie auch nur irgendein Leserbriefschreiber oder sonst jemand, der meinen Namen anonym ins Spiel bringt, jemals versucht, mit mir einen Termin zu vereinbaren, um meine Position zu erklären.

Wenn wir Ihre eigene Position einmal beiseite lassen: Verstehen Sie, dass Bürger einer strukturschwachen Gemeinde auf die Barrikaden gehen, wenn Private den Großteil der Gewinne aus dem Stromgeschäft in ihrem Teil kassieren?
Die Konzessionsverteilung  ist ganz klar gesetzlich geregelt, ob für kleine oder große Konzessionen: Wer sich am besten hält und aufgrund dieser Regelung den besten Antrag stellt, bekommt letztendlich die Konzession – ob das nun eine Genossenschaft  oder ein Privater, ein Südtiroler oder Deutscher ist.  Man kann natürlich die Regeln diskutierten, auf die wir allerdings auf Südtiroler Ebene nicht so sehr Einfluss haben. Wir haben zum Beispiel immer gesagt, dass diese übertriebene Förderung der Wasserkraft zu einer Goldgräberstimmung geführt hat, die niemanden gut getan hat. Das sieht man nun auch daran, dass viel zu viele Ansuchen vorliegen und alle zerstritten sind. Doch im aktuellen System, gibt es Regeln, wie Konzessionen erteilt werden. Und hier muss jeder schon selber schauen, wie er es besser macht, statt dann Schuldige zu suchen und auf sie loszuschießen.