Politics | VinschgerWind
Eiersack, Klauben & Demonstration
Foto: Ferienregion Partschins
In Partschins hat am 30. August eine Gemeinderatssitzung, von der Opposition gefordert, stattgefunden, die es in dieser Form wohl noch nie gegeben hat, auch südtirolweit nicht: 6 von der Neuen Bürgerliste gemeinsam mit den Freiheitlichen eingebrachte Anfragen und 2 Beschlussansträge von der Neuen Bürgerliste. Fazit: Am 17. September wird gemeinsam für die große Umfahrung von Rabland und Töll demonstriert.
Er sei, so schickte es der Partschinser Bürgermeister Luis Forcher um 19.00 Uhr nach dem Kirchenläuten im Ratssaal von Partschins voraus, mit dieser Sitzung nicht glücklich. Aber er werde das durchziehen. Er werde schon ein, so sagt er es wörtlich, Eiersack sein, schließlich koste die Sitzung einen Haufen Geld. Die Einberufung des Gemeinderates sei nach Artikel 43 Absatz 8 erfolgt.
Der besagte Absatz im Kodex der öffentlichen Körperschaften der autonomen Region Trentino-Südtirol lautet: „Sofern kein Ratsvorsitzender vorgesehen ist, beruft der Bürgermeister den Gemeinderat binnen 15 Tagen ein, wenn ein Fünftel der Ratsmitglieder dies verlangt. Die beantragten Punkte müssen in die Tagesordnung aufgenommen werden.“ Den Passus hat Bürgermeister Forcher nicht wörtlich zitiert. Fest steht aber, dass die Gemeinderäte der Neuen Bürgerliste Partschins Rabland Töll und die Gemeinderäte der Freiheitlichen die Gemeinderatssitzung beantragt hatten. Mit Jutta Pedri, Monika Pföstl, Benjamin Schupfer, Johannes Tappeiner und Max Sparber von der neuen Bürgerliste und mit Sabine Zoderer und Christian Leiter von den Freiheitlichen sind das 7 Räte von 18.
Demonstration? Aber nicht während des Apfelklaubens.Bürgermeister Luis Forcher
Auf der Tagesordnung stehen 6 Anfragen, die von der Neuen Bürgerliste und von den Freiheitlichen gemeinsam eingereicht worden sind.
Und los geht’s. Auf die flapsige Bemerkung des Bürgermeisters, dass die Sitzung einen Haufen Geld koste, gibt Sabine Zoderer zu Protokoll, dass sie auf das Sitzungsgeld verzichten werde, „wenn es denn nur ums Geld gehen sollte.“ Die Gemeinderät:innen der Bürgerliste schließen sich dem an.
„Umfahrung SS38 - Grundsatzentscheidung (kleine oder große Umfahrung) - Anfrage...“ Jutta Pedri nimmt als eine der Anfragenden Stellung: Der Verkehr brenne unter den Nägeln. Es gehe um das Gefühl, dass man zu wenig Druck mache. „Die in Bozen schieben das auf die lange Bank, auch mit der Aussage ‚ihr seids euch nicht einig‘.“ Es müsse nun endlich rüberkommen, dass ein geteiltes Rabland nicht gehe. Unter dem vormaligen Bürgermeister Albert habe es eine Demonstration in Rabland gegeben. „Wir wollen das wiederholen. Wir sollten uns als geeinte Gruppe zeigen.“
„Alfreider hat nichts getan“, sagt dann Sabine Zoderer. Denn ein Ideenwettbewerb sei noch gar nicht ausgeschrieben. Dies habe die Antwort auf eine Anfrage der Freiheitlichen im Landtag ergeben. Eine Demonstration sei ein Zeichen, „dass wir uns das nicht länger gefallen lassen“.
„Aber nicht während des Apfelklaubens“, sagt Bürgermeister Luis Forcher allen Ernstes. „Ansonsten bin ich bereit mitzutun.“ Die große Umfahrung sei ein Projekt der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt, der Gemeinden Algund, Marling und Partschins, sagt Forcher.
Die werde man zur Demonstration selbstverständlich einladen, sagt Jutta Pedri.
Es gehe um ein einheitliches Auftreten, sagt Benjamin Schupfer von der Neuen Bürgerliste. Das Nadelöhr an der Töll sei nicht tragbar. „Wir wollen nicht anecken, aber wir wollen aufzeigen“, sagt Schupfer und weist auch auf den Stillstand beim Zug hin.
Vize-Bürgermeisters Walter Laimer regt einen Termin Mitte Oktober an. Also nach der Klauberei.
Ob Klauben wichtiger sei, fragt Johannes Tappeiner von der Neuen Bürgerliste. Man habe den 17. September vereinbart - damit die Aufmerksamkeit auf das Problem gelenkt werde. Zwei Stunden würden reichen. Die Meldungen beim Regierungskommissariat werde man vornehmen und die Gemeinderäte der umliegenden Gemeinden einladen. Aber dazu müsse man eben auch wissen, wer von den Partschinser Gemeinderäten dabei sein wird.
Die Gemeindereferentin Jasmin Ramoser sagt, dass „wir als SVP“ die Themen beim Landesrat angesprochen hätten, man sei im Gespräch. Aber Ramoser sagt auch: „Klar ist, dass die Situation nicht tragbar ist.“ Man könne allerdings nur von einer großen Umfahrung reden.
Eine Demo bringe Aufmerksamkeit, sagt Regina Österreicher. Beim letzten Mal seien Eltern mit Kindern mehrmals über die drei Zebrastreifen in Rabland gegangen, die Autofahrer waren unfreundlich und es sei nicht ungefährlich gewesen. „Ich hatte danach gehofft, dass es mit der Umfahrung schneller gehen würde, aber ich bin enttäuscht worden.“ Sie hoffe, dass es diesmal mehr bringe.
„Wenn die Sache gut aufgebaut ist, bin ich dabei“, klinkte sich der Referent Ulli Schweitzer ein. Er erklärt sich bereit, den Präsidenten der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt Luis Kröll zur Demo-Teilnahme zu bewegen. „Klar muss sein, dass nur für die große Umfahrung zu reden sein wird.“ Man solle da nichts mischen. Sonst verfehle man den Zweck.
Ob es denn nicht über alle Verkehrskonzepte gehen solle, wirft Benjamin Schupfer ein. Es lägen Projekte auf, hinter denen wir stehen, entgegnet Schweitzer. Die Zuständigkeiten beim Zug etwa seien andere. „Es geht da nix weiter und es geht auf der anderen Seite nix weiter“, sagt Jutta Pedri, so gehe es nicht weiter und sie lenkt die Aufmerksamkeit auf das Datum des 17. September. Das sei ein Samstag und da stehe eh alles. Die Leute seien stuff und eine Woche vor den Parlamentswahlen würde sich das Datum gut eignen. Er würde schon alle Verkehrsproblematiken miteinschließen wollen, sagt Max Sparber. „Ich gebe zu“, sagt BM Forcher, „dass der Verkehr nicht mehr zumutbar ist.“ Der Kreisverkehr auf der Töll und die Radlösung aber seien der Gemeinde wichtig.
Sabine Zoderer sagt: „Eine Umfahrung erst 2040, das darf nicht passieren. Da krieg ich alle Zustände. Ich will die Umfahrung noch erleben. Alle sollen die E... raustun.“
Monika Pföstl sagt, dass alle Maßnahmen, die Rabland entlasten, rasch verwirklicht werden sollen, bei der Bushaltestelle angefangen. Dem stimmte Max Sparber zu, denn wenn ein Baubeginn für die große Umfahrung erst in 10 Jahren erfolgen könnte, seien „alle Kleinigkeiten“ wie Gehsteig und Bushaltestelle in Rabland wichtig. Das sei greifbarer. Man könne ja ein Plakat in diese Richtung nach der Demo hängen lassen.
Man habe dem Landesrat signalisiert, dass der Kreisverkehr und anderes wichtig seien, aber eine große Umfahrung nicht ausschließen, sagt Bürgermeister Forcher: „Wir ersticken im Verkehr und das ist für Rabland nicht mehr zumutbar.“
Sabine Zoderer sagt, dass „wir Rablander im Verkehr ersticken“ und nicht jene, die auf der Forst wohnen. Der Succus müsse die große Umfahrung sein. Ansonsten müssen wir alle ins Büro von Alfreider gehen. „Da können wir auch alle miteinander hinunterpilgern, das ist mir gleich“, sagt Luis Forcher.
Ulli Schweitzer fordert ein „Drehbuch“ für die Demonstration - „Was tun wir? Was soll da passieren?“ Jutta Pedri versichert, dass „wir nicht die Clowns spielen werden, sondern dass es eine Art Revival der vergangenen Demo geben werde. Mit Referent Hartmann Nischler sei das abgesprochen, er stehe dahinter. Nischler konnte bei der Ratssitzung nicht dabei sein.
Pedri fragt direkt: „Wer ist am 17. mit dabei?“ Ulli, Tobias, Adi... „Wenn es mir ausgeht, bin ich dabei“, sagt Vizebürgermeister Laimer. Beim Klauben wisse er von vornherein nicht, wo er an diesem Tag umgehen werde. Walter Moser sagt: „Wenn da effektiv nichts getan worden ist, bin ich dabei. Sonst finde ich es nicht richtig.“ Er sei dafür, aber es sei ihm noch zu früh, sagt Christian Oberperfler.
„Was mir wichtig ist und was ich deponieren will, es muss ein Gemeinschaftsding sein“, sagt Bürgermeister Forcher und meint damit die Demonstration. Christian Leiter muss den Termin absagen, weil er urlaubsbedingt abwesend sein werde.
Was ist denn nun die Zielsetzung, fragt Monika Pföstl nach. Das Hauptthema sei, so fasst es Pedri zusammen, die große Umfahrung. Man müsse nun Einigkeit zeigen. „Wir müssen alle 18 zu dem stehen und wer Zeit hat, geht zur Demo und setzt sich dafür ein, Punkt aus“, ruft Pedri auf.
Es geht darum aufzuzeigen, dass schneller etwas zu tun sei, sagt Benjamin Schupfer. Man müsse anstoßen. Politik funktioniere nur, wenn ein Thema öffentlichkeitswirksam kommuniziert werde.
Jasmin Ramoser ruft dazu auf, dass die Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt mit hineinzunehmen sei, die anderen Gemeinden auch, auch Naturns, damit wir als große Gruppe, nicht nur die Gemeinde Partschins, damit die Wirkung... „Entschuldigung“, bringt sich der Bürgermeister ein, „man kann ohne weiters die Bezirksgemeinschaft Vinschgau mithineinholen, denn die leiden am meisten unter dem Verkehr.“ „Je mehr, desto besser“, sagt Pedri.
Man solle doch das Drehbuch zugeschickt bekommen, sagt Tobias Nischler, denn es seien sich da offensichtlich auch die Einbringer nicht ganz einig, um was es gehen solle.
Das machen wir, sagen Pedri und Tappeiner.
Nun steht fest: Am 17. September wird in Rabland demonstriert - für die große Umfahrung von Rabland Töll und vor allem für eine Beschleunigung der Verfahren, die zu einer Verwirklichung und zu einem Baubeginn führen sollen. Die Fortführung der Politik ist im Partschinser Gemeinderat eine Demonstration.
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Ich erlaube mir ein paar
Ich erlaube mir ein paar Anmerkungen:
- Ich finde es gut, dass die Opposition in Partschins diese GR-Sitzung "erzwungen" hat. Die Autoverkehrssituation in Rabland ist unerträglich.
- Ich finde es schade, dass in so einem Fall die Kosten der GR-Sitzung auch nur erwähnt werden! Demokratie darf kosten! (Diktatur ist billiger.) Und die "große Umfahrung" wird wohl an die 3 - 400 Millionen kosten. Da darf schon mal eine Gemeideratssitzung zusätzlich stattfinden!!
- Die zur Diskussion stehende, aber noch in keinster Weise geplante große Umfahrung von Marling nach Naturns hat immense Kosten und wird daher nicht in absehbarer Zeit realisiert werden können. Eine Investition von mehreren Hundert Millionen Euro in ein Autos anlockendes Verkehrssystem zu stecken, das mittel- und langfristig keine Zukunft mehr haben wird (haben soll!), ist zudem eine Narretei!
- Aus meiner Sicht braucht Rabland sehr schnell eine Umfahrung!
Daher wäre es klüger, eine kleine, oberflächige Umfahrung zu bauen und mit Schallschutzdämmen oder -wänden von der Siedlung abzuschotten. Da könnte ich mir eine Realisierung innerhalb von 5 Jahren vorstellen.
- Die Demonstration am 17.9. ist wichtig, damit die Brisanz der Lage allen AutofahrerInnen und PolitikerInnen in und außerhalb des Landes klar wird. Hoffentlich nehmen viele Menschen daran teil!