Bobo Widmann: "Kein Denunziantentum fördern"
Herr Widmann, genau vor einem Jahr haben wir ebenfalls bei Ihnen nachgefragt, was Sie zu den Gewalttaten in Südtirols Städten sagen. Das "Sicherheitsproblem" scheint noch akuter geworden zu sein?
Bobo Widmann: Vor einem Jahr hat es Gewalttaten gegeben, vor fünf Jahren und vor zehn Jahren ebenfalls. Das wird immer so sein, dass einige schlägern und provozieren wollen und daran werden auch 500 Videokameras nichts ändern. Die filmen höchstens diese Taten, aber passiert sind sie dann sowieso. Ich sage aber auch, wir müssen aufpassen, mit diesen Forderungen nach mehr Sicherheit, denn die totale Kontrolle durch den "big brother" ist ein viel zu hoher Preis.
Sie würden also keine Videokameras an Ihren Lokalen anbringen?
Nein, das würde ich nicht, denn das ist der sichere Weg hin zum Denunziantentum. Ich arbeite nun schon fast 20 Jahre lang in der Bozner Gastronomie und ich haben in diesen Jahren vielleicht zwei oder drei Vorfälle gehabt, wo es zu Gewaltakten gekommen ist. Dieses Problem muss man anders angehen und nicht die Illusion erzeugen, dass Kameras einen vor einem Handtaschenräuber schützen. Da fordere ich ganz einfach mehr Eigenverantwortung, dass man also auf die eigene Handtasche aufpasst.
Trotzdem haben einige Gastwirte in Bozen bereits vor Jahren ihre eigenen privaten Videokameras angebracht und so vielleicht doch für mehr Sicherheit an gewissen Ecken der Stadt gesorgt?
Das ist etwas ganz anderes. Wenn ein Privater sagt, ich montiere hier eine Kamera, um meinen Lokaleingang beobachten zu lassen und so sicherer zu machen, dann ist das eine Sache. Wenn hingegen der Bürgermeister sagt, ich möchte, dass die Lokalbetreiber ihre eigenen Videokameras zum Wohl und zur Sicherheit der Stadt installieren, dann ist das ein politisches Signal und in meinen Augen ein falsches Signal.
Haben Sie einen Vorschlag was man hingegen machen könnte, um die Innenstadt oder die Nachtlokalszene sicherer zu machen?
Ich kenne verschiedene Modelle, in Belgien habe ich die "streetangels" gesehen, keine Bürgerwehr wie sie manche bei uns fordern, sondern Freiwillige die in den Nachtstunden die sensiblen Zonen der Stadt aufsuchen und versuchen zu helfen, wo Not am Mann ist. Oder die ganz einfachen Hinweise die alle Pubs in Dublin neben den Türen kleben haben, wo der Gast gebeten wird, beim Rausgehen so wenig Lärm wie möglich zu machen, allerdings wird das natürlich nicht immer befolgt.
Haben sich die Bozner Gastwirte zum Thema Gewalt getroffen, oder gemeinsam darüber beraten?
Das kann ich Ihnen nicht sagen, ich bin nicht mehr beim HGV, ich weiß allerdings von früher her, als ich das "Hopfen" betrieben habe, dass es da schon solche Treffen gegeben hat.