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„Es geht nicht um Revanche“

Der Grüne Kandidat Hanspeter Staffler über seine Kandidatur, wie sich die Politik in die Verwaltung einmischt und die Frage, ob die Grünen eine Verbotspartei sind.
Staffler, Hanspeter
Foto: salto
Salto.bz: Herr Staffler, Sie waren bis vor kurzem Generaldirektor der Landesverwaltung. Was hat Sie dazu bewogen, jetzt diesen Sprung in die Politik zu wagen?
 
Hanspeter Staffler: Ich habe 22 Jahre lang beim Land gearbeitet und habe es dort vom Techniker der Ingenieurbiologie bis zum Generaldirektor geschafft. Ich habe als Generaldirektor mit Überzeugung versucht, gemeinsam mit den Mitarbeitern eine moderne Verwaltung zu entwickeln....
 
Was verstehen Sie unter dem Begriff „moderne Verwaltung“?
 
Eine moderne Verwaltung heißt für mich partizipativ. Aufbauend auf gewissen Werten, wie Fairness und Leistungsbereitschaft. Vor allem aber war für mich immer eine flache Verwaltung wichtig. Das heißt so wenig wie möglich Hierarchiestufen. Davon ausgehend war ich immer für eine klare Stärkung der Amtsdirektoren. Der Hintergrund: Wenn man die operative Ebene stärkt, dann kann man sehr viel erreichen, sei es was Bürgernähe und Kundenfreundlichkeit betrifft als auch was Effizienz und Beständigkeit betrifft.
 

Sie saßen in den vergangenen Jahren als Generaldirektor sozusagen im Maschinenraum der amtierende Landespolitik. Was kann Sie an der Politik da noch reizen?
 
Ich habe die Politik kennengelernt. Auch wie sich die Politik in die Verwaltung eingebracht und eingemischt hat. Das hat mich sehr gestört. Denn die Politik soll Politik machen. Gute Gesetze und gute Normen. Die Aufgabe der Verwaltung ist es dann, diese Gesetzen und Normen gut umzusetzen. Hier braucht es eine klare Trennung zwischen diesen beiden Dingen. Leider ist es aber so, dass die Trennung nicht gut funktioniert. Wie ich gesehen habe, erfolgt hier eine sehr starke Einmischung der Politik.
Ich habe die Politik kennengelernt. Auch wie sich die Politik in die Verwaltung eingebracht und eingemischt hat.
Was natürlich ist?
 
Jein. Ich bin überzeugt, dass man der Verwaltung den nötigen Freiraum geben muss, damit sie gut arbeiten kann. Gerade diese Situation war letztlich für mich auch ein Ansporn zu sagen: Gut in der Landesverwaltung ist es mir nicht gelungen, dieses Prinzip umzusetzen. Deshalb versuche ich es jetzt in der Politik. Vielleicht gelingt es mir als Politiker, das Prinzip durchzusetzen, dass Verwaltung und Politik getrennt sein müssen. Die Verwaltung arbeitet nach den Vorgaben der Politik, wird aber nicht von der Politik gelenkt.
 
Sie sagen damit die Landesregierung mischt sich zu sehr in die Agenden der Beamten ein?
 
Ja. In der Landesverwaltung kommt hier ein bisschen dieser Unternehmergedanke auf. Dass der Chef oder die Chefin durchgreifen können bis zum letzten Mitarbeiter. Und das darf es nicht sein. Das kann man in der Privatwirtschaft tun, die dem Gewinn verpflichtet ist. Die öffentliche Verwaltung aber ist dem Gemeinwohl verpflichtet. Hier muss es diese kleine Gewaltenteilung geben. Die ist sehr wichtig. Denn nur so können die Beamten und Beamtinnen auf Grundlage der Gesetze und frei vom Druck arbeiten.
 
Im Konflikt um die Verwaltungsreform sind Sie gegen den Generalsekretär des Landes Eros Magnago und gegen die Macht der Ressortdirektoren unterlegen. Entscheidend war dabei die Tatsache, dass auch Landeshauptmann Arno Kompatscher sich gegen Sie gestellt hat?
 
Natürlich war die Konstellation sehr unglücklich. Zwei Spitzenkräfte, die sich die Agenden ungefähr geteilt haben, das führt unweigerlich zum Konflikt. Vor allem wenn man anderes denkt und einen anderen kulturellen Hintergrund hat. Das war in meiner Situation unglücklich und es wird auch in Zukunft nicht funktionieren.
 
Ist diese Kandidatur jetzt die Revanche dafür?
 
Nein, es geht nicht um Revanche. Es geht um die Chance eine Erkenntnis, die ich in den letzten vier Jahren gewonnen habe, auf einer anderen Ebene umzusetzen. Ich hoffe, dass ich das auf der politischen Ebene besser machen kann.
Es geht um die Chance eine Erkenntnis, die ich in den letzten vier Jahren gewonnen habe, auf einer anderen Ebene umzusetzen.
Was läuft in der Landesverwaltung falsch?
 
Ich denke, die Struktur der Landesverwaltung so wie man sie 1992 entworfen hat, steht und sie muss auch nicht überarbeitet werden. Es geht mehr um Inhalte und vor allem um ein Qualitätsmanagement. Das ist der springende Punkt. Auf das habe ich auch in meinem Abschlussbericht hingewiesen. Ein professionelles Qualitätsmanagement bringt alle Verwaltungen weiter.
 
Sie wären für fast alle Parteien ein appetitlicher Kandidat. Warum haben Sie sich für Südtiroler Grünen entschieden?
 
Es haben sich in der Tat mehrere Parteien bei mir gemeldet. Schlussendlich bin ich aber aus mehreren Gründen bei den Grünen gelandet. Zum einen bin ich von Haus aus ein ausgebildeter Ökologe und die ökologischen Themen waren mir immer ein Anliegen. Zum anderen habe ich auch eine sehr starke soziale Ader, die ich in dieser Form bei den Grünen am besten wiedergefunden habe. Das sozial-ökologische Projekt der Grünen liegt mir einfach am Nahestehen.
 

Sind die Grünen nicht zu einer Verbotspartei geworden?
 
Die Grünen sind eine Partei, die bei uns 30 Jahre lang in der Opposition waren. Und damit eine politische Kraft, die aus der Sicht der Opposition agiert hat. Sie haben eine Kontrollfunktion eingenommen, sie haben aufgezeigt, wo die Dinge falsch laufen und das ist die wichtige Arbeit der Oppositionspartei. Die Grünen sind international im Aufwind und Wandel. Wenn wir nach Bayern schauen, denn werden die Grünen dort in einer Woche mit großer Wahrscheinlichkeit in die Regierung kommen. In Deutschland und in Österreich sitzen die Grünen in mehreren Bundesländerregierungen. Das macht deutlich, dass die Grünen nicht genetisch eine Verbotspartei sind, sondern eine Partei mit konstruktiven Ideen und Visionen. Alles hängt letztlich von der Rolle ab, wie man sich einbringen kann.
Die Grünen nicht nicht genetisch eine Verbotspartei.
Als ehemaliger Generaldirektor bekomme Sie auch heute noch täglich Insider-Informationen aus der Landesverwaltung. Sehen Sie sich im Landtag als eine Art Wachhund der Landesbediensteten?
 
Nein, Wachhund ist nicht das was mir gefällt. Ich sehe mich als Macher, einer der 22 Jahre lang gestalten hat und dabei versucht hat, die Sachen weiterzubringen. Ich werden mir deshalb jene Themen genauer anschauen, wo ich mich auskenne. Das sind ökologische und soziale Themen und natürlich auch die Landesverwaltung, die ich sehr gut kenne. Da werde ich mit Argusaugen darauf schauen, wie sich die Dinge entwickeln.
 
Der Sprung in den Landtags wird für Sie nicht leicht werden. Was tun Sie wenn sie nicht gewählt werden?
 
Ich habe eine steile Karriere hinter mir. Bisher ohne Parteibuch. Ich steige Ende dieses Jahres sowieso nach vier Jahren als Generaldirektor aus und möchte meine zweite Karriere in der Privatwirtschaft beginnen. Und ich bin zuversichtlich, dass das möglich ist.