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Südtirols Sanität

Christian Kofler präsentierte heute im Landtag eine Reihe von beeindruckenden Zahlen und Fakten. Dafür erntete der Generaldirektor des Sanitätsbetriebes aber nicht nur Lob, sondern auch Kritik.
Südtiroler Landtag
Foto: SALTO
  • „Als ‚grundlegender Pfeiler unserer Gesellschaft‘ ist das Gesundheitswesen sowohl individuell als auch kollektiv von höchster Bedeutung. Daher müssen die Besonderheiten unseres Landes berücksichtigt werden. Angefangen mit der Zweisprachigkeit des Personals bis zur Akutversorgung der Touristen“, erklärte Generaldirektor Kofler eingangs. Die Kapazitäten dafür belaufen sich auf 10.000 Mitarbeiter in sieben Krankenhäusern und 20 Sprengeln, sowie 1400 bis 1500 Betten für die Akutbetreuung. Zusätzliche 400 Betten werden von Partnern zur Verfügung gestellt. Auch akquiriere man jährlich 500 neue Mitarbeiter für die über 100 Berufsbilder im Sanitätsbereich. 740 Millionen Euro fließen in die Personalausgaben. 

     

    „Als ‚grundlegender Pfeiler unserer Gesellschaft‘ ist das Gesundheitswesen sowohl individuell als auch kollektiv von höchster Bedeutung.“

     

    In Zukunft gäbe es einige wesentliche Stellschrauben, an denen gedreht werden müsse. Man wolle die Vernetzung auf allen Ebenen vorantreiben, um eine patientenorientierte Behandlung zu gewährleisten. Diese beinhalte alle Dienstleister vom Hausarzt über das Krankenhaus bis zur Apotheke. Zudem stehe man vor Herausforderungen wie dem demografischen Wandel und der Aufwendung von 75 % der finanziellen Ressourcen für die chronisch Kranken, deren Bevölkerungsanteil sich auf 25 % beläuft.

  • Christian Kofler: Der Generaldirektor des Sanitätsbetriebes stand heute den Abgeordneten des Landtages Rede und Antwort. Foto: Südtiroler Landtag/Werth

    Drei wesentliche Bereiche seien von besonderer Dringlichkeit. Zunächst die Verlagerung der „krankenhauszentrierten” Gesundheitsvorsorge auf die einzelnen Territorien, welche durch die Errichtung von zehn Gemeinschaftshäusern und drei Gemeinschaftskrankenhäusern erfolgen soll. Weiters sei die Digitalisierung ein Großprojekt, das Prozesse für Patienten und Personal erleichtert und die Versorgung optimiert. Dafür sei ein neues System geplant, welches Patienten nach einer Verschreibung einer Facharztvisite des Hausarztes die nächstmögliche Visite per SMS mitteilt. Nur stellen die italienischen Datenschutzbestimmungen eine große Hürde dar. Kofler wies auch auf die langen Wartezeiten hin, die sowohl im Bereich der Notaufnahme als auch bei Facharztvisiten ein Problem darstellten. Die Personalressourcen seien hierbei ausschlaggebend.

     

  • Lob und Kritik

    Sven Knoll, Landtagsabgeordneter der Süd-Tiroler Freiheit: „Wir hören jede Woche Beschwerden, dass die Situation in den Krankenhäusern immer schlimmer wird und man sich nicht mehr auf Deutsch unterhalten kann.“ Foto: Seehauserfoto

    Neben Lob wurde in der nachfolgenden Fragerunde auch scharfzüngige Kritik geäußert. So warf Brigitte Foppa (Grüne) die Frage in den Raum, warum im IT-Bereich so lange ohne einen klaren Abschluss „herumgedoktert“ werde. Außerdem beanstandete sie den Sanitätsjargon, welcher für Menschen anderer Sprachgruppen unverständlich sei. Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) brachte den Mangel an deutschsprachigem Personal und die Gewalt in den Krankenhäusern zur Sprache. „Wir hören jede Woche Beschwerden, dass die Situation in den Krankenhäusern immer schlimmer wird und man sich nicht mehr auf Deutsch unterhalten kann.“ Dem Thema Impfungen, besonders bezogen auf die Covid-Impfung, fühlten Renate Holzeisen (Vita) und Jürgen Wirth Anderlan (JWA Wirth Anderlan) auf den Zahn.

Die Gemeinschaftshäuser in der aktuell geplanten Form stärken nicht wirklich die Peripherie, weil sie in der Standortwahl und in ihren Aufgaben widersprüchlich konzipiert sind: Einerseits sind sie fast ausschließlich in Ortschaften geplant, in denen es bereits Notaufnahmen und Krankenhäuser gibt, d.h. Patienten müssen wieder aus Seitentälern anreisen.
Gleichzeitig ist es aber auch so, dass diese Einrichtungen laut Dekret 24/7 offen haben müssen, also als eine Art Ersatz zur Notaufnahme fungieren sollen. Damit hat man in den Hauptortschaften Doppelgleisigkeiten geschaffen. Welche Patienten soll in der Nacht das Gemeinschaftshaus anschauen und welche die Notaufnahme?

Die Stärke von solchen Einrichtungen der Primärversorgung ist eigentlich die Versorgung chronisch kranker Patienten - also jener Patientengruppe, die 25% der Patienten aber 75% der Kosten ausmacht. Diese profitieren von einer kurzwegigen, interdisziplinären, strukturierten Betreuung, die man aber genau so gut weiter peripher umsetzen könnte, z.B. in Sand in Taufers, St. Vigil etc., also Ortschaften, in denen es kein Krankenhaus gibt.

Mein Eindruck ist, dass man so erpicht darauf war, die für Gemeinschaftshäuser vorgesehenen Gelder aus dem PNRR abzugreifen, dass man dabei übersehen hat, dass man die grundsätzlich gute Idee hinter Gemeinschaftshäusern wesentlich besser umsetzen könnte, wenn man sich eher am Modell aus Österreich oder der Schweiz orientieren würde.

Insgesamt muss man aber auch sagen, dass der Sanitätsbetrieb extrem kompliziert ist und eine de facto unmögliche Aufgabe erfüllen soll. Die Nachfrage nach Gesundheitsdienstlseitungen ist unbegrenzt, das Angebot an qualifizierten Dienstleistungen und Ressourcen hingegen ist begrenzt. Das ist ein Missmatch, den auch der beste Manager und der beste Gesundheitslandesrat nicht lösen kann.

Wed, 10/09/2024 - 21:14 Permalink

Das haben die politischen - + Verwaltungs - Vorgänger, "mit den Alles eher als tauglichen Zubauten," den untauglichen EDV - Programmen + "den Spitäler schließen + doch nicht schließen," so kompliziert wie möglich + richtig teuer verbockt.
Messner kennt den Laden innen. Ich würde ihm zutrauen, " zumindest einen Teil der groben Fehler seiner politischen Vorgänger aus zu bügeln + auch in den Abläufen Verwaltungs-mäßig EINIGES auf die Reihe zu bringen!"

Wed, 10/09/2024 - 22:29 Permalink

Ironie des Schicksals, gerade ältere Leute wählen leider immer noch die SVP und sind dann zum Glück die ersten die die Früchte der SVP Gesundheitspolitik ernten dürfen.

Da sage einer noch, die Welt wäre nicht gerecht.

Thu, 10/10/2024 - 07:53 Permalink