Liebes Tagebuch,
jetzt sind wir also wieder da, wo wir dachten, dass wir nie mehr sein werden: im Lockdown. Ich habe überall herumposaunt, dass der nicht mehr kommen wird, weil das ja mehrfach so versichert wurde, aber schau her: Der James Bond hatte halt wieder einmal recht, als er meinte: Sag niemals nie. Ich hätte im Moment auch lieber James Bond als Entscheidungsträger. Der würde im Maßanzug Martini schlürfen und das Virus einfach erschießen, Ende aus, aber stattdessen haben wir Landesrat Widmann. Landesrat Widmann meinte gestern in der Tagesschau sowas wie Tja liebe Leute, ihr wolltet alles offen haben, wir sind euch entgegengekommen: Jetzt haben wir den Salat. Das ist doof. Eine Bekannte hat mir erzählt, dass sie als Kind den Vater einmal so lange um Eis gebettelt hat, bis er sie bis zum Bauchkrampf hat Eis essen lassen. „Iatz speib lei!“ Offenbar ist das also die Erziehungsstrategie, die wir derzeit erfahren. Das ist ernüchternd, weil man doch mit dem wohlwollenden pater familiae gerechnet hat, der rechtzeitig „Stopp!“ sagt, und nicht erst, wenn uns das Eis schon bei den Ohren rauskommt. Nun gut. Jetzt ist also wieder strenges Fasten angesagt. Dabei winkt in der Ferne schon der nächste üppige Eisbecher, dessen Anblick zum derzeitigen Moment nur Übelkeit verursachen kann: Dolomiti Superski plant die Wintersaison, Motto: „We care about you“. Ich care so langsam about das, dass wir nicht zu einer Gesellschaft mit bipolarer Störung mutieren, vom depressiven Lockdown in die euphorische Aufhebung desselben und dann pronto wieder zurück und immer so weiter. Dass wir uns langfristig bei bestimmten Dingen einschränken statt diesem „Alles zu, alles auf“. Aber was weiß ich schon, außer: Alles wird gut.