Environment | Artenvielfalt

Hecken die schmecken

Früchtetragende Waldränder und Hecken dienen nicht nur dem Vogelschutz, sondern sind zudem ein wertvolles Element, um den Vogelfraß im Obst- und Weinbau zu vermindern.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Bioland Südtirol

Am 25. Oktober fand auf dem Obst- und Weinbaubetrieb von Oskar Flor in Eppan eine Flurbegehung zum Thema „Früchtetragende Hecken“ mit rund 25 TeilnehmerInnen aus dem ganzen Land statt. Dabei wurden vor allem die Aspekte zur richtigen Planung einer Hecke, zur Ökologie derselben und zur Verwertbarkeit der Früchte am Hof beleuchtet. Der Vogelexperte Oskar Flor erklärt, dass eine früchtetragende Hecke nicht nur Vögeln und Nützlingen Schutz und Nahrung bieten kann, sondern auch die umliegenden Obst- und Weinkulturen vor Vogelfraß schützt. Oft sind Kulturen, die an den Wald angrenzen, durch stärkeren Vogelfraß gefährdet. Das muss aber nicht unbedingt so sein! Das Problem hierbei sind vor allem sogenannte „fruchtfreie“ Waldränder und Hecken, in denen Vögel kein Nahrungsangebot finden. Denn große Früchte wie Äpfel, aber auch Weintrauben, werden in der Regel von Vögeln gemieden und nur im Notfall, wenn keine kleinen Früchte vorhanden sind, angepickt. Viel lieber bevorzugen sie kleine Früchte von Wildsträuchern, die sie in einem Mal vertilgen können.

Ein Waldrand ohne wilde Beeren ist für Vögel eine Wüste, und so fliegen sie in Weinberge und Apfelanlagen - eh logisch! Teilnehmer Sigmund Kripp

Wenn der Waldrand also keine früchtetragenden Wildsträucher beinhaltet und dann auch noch bis ganz an die Kultur heran reicht und somit auch die natürlichen Feinde keine freie Sicht haben, um die schädigenden Vögel zu jagen, wird der Schaden in der Kultur umso größer.  Auch das Einnetzen von Obst- und Weinkulturen oder Vergrämungsmaßnahmen in Anlagen, die direkt an den Wald angrenzen, haben nur einen sehr geringen Effekt, weil sich die Vögel zum einen sehr schnell an Vergrämungsmaßnahmen gewöhnen und zum anderen, im Schutze des hohen Waldrandes leicht ein Schlupfloch im Schutznetz finden. Es sollte deshalb ein gewisser Mindestabstand zum Waldrand eigehalten werden. Eine Faustregel dabei ist, mindestens 3 Meter innerhalb des eigenen Grundstücks freizulassen. Am Waldrand, also hinter der eigenen Grundstücksgrenze, sollten weitere 3 Meter frei von höherer Vegetation gehalten werden bzw. nur vereinzelt durch einzelne Pflanzen besetzt sein. Dahinter sollte sich der Wald dann stufenförmig anheben, wobei in dieser Zone vor allem früchtetragende Wildsträucher (zum Beispiel Heckenkirsche und Berberitze) vorherrschen sollten.

 

 

Die vegetationsfreien Zonen neben unseren Kulturen gewährleisten, dass Greifvögel wie der Sperber ein natürliches Gleichgewicht schaffen können und somit die Vögel nicht ungehindert und von hohen Bäumen geschützt bis direkt an die Hauptkultur herankommen. Das Freihalten von Waldrändern, auch jenen die nicht im eigenen Besitz, sondern in Gemeindehand sind, stellt im Normalfall kein Problem dar, wenn es im Vorhinein mit den Förstern abgesprochen wurde. Im Gegenteil sogar, werden von Förstern solche Pflegemaßnahmen und eine Wald- und Vogelangepasste Nutzung des Waldes befürwortet.

Warum früchtetragende Hecken pflanzen?

Artenreiche, früchtetragende Hecken mit heimischen Wildsträuchern dienen im Gegensatz zu Schnitt- bzw. Abdrifthecken nämlich nicht nur als Versteckmöglichkeit für Vögel, sondern bieten ihnen zugleich auch Nahrung (Beeren und Insekten) und Brutplätze. Es schadet auch nicht, Dornen- und Rosensträucher in die Hecke zu integrieren, die mit ihren Dornen einen wirksamen Schutz vor Angreifern und Fressfeinden bieten und zugleich essenziell für den inzwischen selten gewordenen Neuntöter sind, der seine Beute auf den Dornen aufspießt und so aufbewahrt.

Das Ergebnis bei Oskar Flor war frappierend: Auch ohne Netze sind alle Trauben drangeblieben, und das am Waldrand! Teilnehmer Sigmund Kripp

Die Artenzusammensetzung ist entscheidend für den Erfolg der früchtetragenden Hecke: Um ein ganzjähriges Nahrungsangebot durch eine gestaffelte, aber kontinuierliche Reifezeit zu gewährleisten, sollen früchtetragende Hecken möglichst artenreich sein: Dazu gehören Berberitze, Pfaffenhütchen (giftig für Mensch und Haustier), Liguster, Kornelkirsche, Schlehe, Holunder, Sanddorn, Hagebutte, Wacholder, Faulbaum, Elsbeere, Vogelbeere und viele andere. Wenn genügend Platz vorhanden ist, kann die Hecke durch kleinere Bäume wie Speierling oder Feldahorn ergänzt werden. 
Einige Heckenfrüchte lassen sich sogar veredeln: Aus den Vitamin-C-reichen Kornelkirschen stellt Oskar einen leckeren Sirup sowie Marmeladen und Kompotte her.

 

 

Der Schnitt der Hecke sollte dazu dienen, alte Zweige zu entfernen, und damit die Hecke zu verjüngen. Aber übertreiben Sie es nicht: Pflanzen wie Liguster sollten nicht zu oft geschnitten werden, da sie nur an den Spitzen ihrer Triebe Früchte tragen. Aus diesem Grund sind auch Schnitt- bzw. Abdrifthecken nicht für den Vogelschutz geeignet, da deren Blüten oft entfernt werden und nur Schutz, aber keine Nahrung bieten. Auch exotische Pflanzen wie Zypressen oder Thujen sind wenig sinnvoll, da sie nur als Versteck dienen und nicht zum natürlichen Ökosystem des Standorts gehören.
Kirschessigfliege und Beerensträucher werden oft miteinander in Verbindung gebracht, wobei durch die richtige Wahl der Pflanzenarten und ein ganzjähriges Nahrungsangebot das Problem gemindert werden kann. Holunderbeeren beispielweise werden sehr schnell von Vögeln gefressen, so dass die Kirschessigfliege kaum Zeit hat sich darin fortzupflanzen; Brombeeren hingegen sind wegen ihrer langen Reifezeit nicht geeignet.  

Die Planung von ökologischen Maßnahmen sollte die betriebsindividuellen Aspekte, Lage und Möglichkeiten berücksichtigen, um diese am geeignetsten Ort anzulegen. Wichtig dabei ist auch die Verbindung verschiedener ökologischer Maßnahmen, wie Flur- oder Einzelbäume, Hecken und ökologische Nischen, denn deren Kombination ist als Lebensraumvernetzung (sogenannte „ökologische Korridore“) eine enorme Bereicherung für den Naturschutz in landwirtschaftlichen Flächen. Dem Engagement und der Leidenschaft des Vogelexperten und Weinbauern Oskar Flor ist es zu verdanken, dass nun wieder Vögel wie Wiedehopf, Purpurreiher, Teichhuhn, Teichreiher und Neuntöter gelegentlich in seinen Hecken und ökologischen Nischen zu sehen sind. 

Lust, ökologische Nischen zu schaffen? Melden Sie sich bei der Ökologie-Beratung von Bioland, [email protected].

Neben den von den Obstbaugenossenschaften organisierten Hecken-Sammelbestellungen, deren Pflanzenzusammensetzung vom SBR speziell für Obstbaugebiete formuliert wird, bietet Bioland seinen Mitgliedern eine spezielle Ökologie-Beratung und die Möglichkeit, in Zusammenarbeit mit dem Forstamt bestimmte Pflanzen zu bestellen, um ökologische Nischen oder besondere Hecken zu schaffen. 

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Karl Gudauner Thu, 12/01/2022 - 22:28

Die Erhaltung bzw. die erneute Errichtung solcher ökologischen Nischen sind als Teil eines umfassenden Renaturierungsprogramms landesweit umzusetzen. Entsprechende Gebietspläne zu erstellen sollte in kürzester Zeit machbar sein. Nachhaltige Handlungsverantwortung heißt: Sofort aktiv werden. Mit dem beginnen, was sinnvoll, wirksam und möglich ist. Das gilt übrigens für alle Bereiche des ökologischen Umbaus unserer Bewirtschaftungssysteme.

Thu, 12/01/2022 - 22:28 Permalink