Economy | SEL

Salzige Rechnung

Der 35-Millionen-Euro Vergleich der Landesenergiegesellschaft SEL mit dem Steueramt wirft eine brisante Frage auf. Wer waren die Berater beim beanstandeten Deal?

Eines soll vorausgeschickt werden.
Die italienische Steuergesetzgebung und vor allem ihre Interpretation durch die Finanzpolizei und die Agentur der Einnahmen ist keine exakte Wissenschaft. Selbst für Experten gibt es kaum eine hundertprozentige Sicherheit.
Vor diesem Hintergrund kann man auch den Vergleich bewerten, den die Landesenergiegesellschaft SEL AG vergangene Woche mit der Agentur der Einnahmen abgeschlossen hat.
35,6 Millionen Euro wird die SEL der Steuerbehörde überweisen. Es ist eine Strafzahlung für einen Deal, der nicht nach dem Lehrbuch der Steuergesetze abgelaufen sein soll.
Der Fall geht dabei auf die Gründung der „SE Hydropower“ im Jahr 2010 zurück. Das Unternehmen gehörte damals zu 60 Prozent der SEL Ag und zu 40 Prozent der Enel. Die SE Hydropower übernahm 2010 die Konzessionen für zehn Großkraftwerke und sieben kleinere E-Werke. Die Übergabe wurde dabei als Einbringung vollzogen.
Bei solchen Einbringungen fallen normalerweise keine Steuern an. Doch bei der Aktion wurde ein technischer Fehler begangen.
Die Agentur der Einnahmen verlangte deshalb jetzt, Jahre später, die Steuer nach. Die ursprüngliche Forderung: 600 Millionen Euro. Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich die Agentur und die SEL aber auf einen Vergleich von 35,6 Millionen Euro.
Ende gut, alles gut. Nicht ganz.


Die Berater

Denn anscheinend stellt niemand die Frage, wer den Deal verbockt hat. Und wer an der Millionen-Nachzahlung Mitverantwortung trägt.
Die SEL hat sich beim Deal mit der ENEL prominent beraten lassen. Wie auch bei allen anderen großen Stromgeschäften hatte die Landesenergiegesellschaft zwei Chefberater: Gerhard Brandstätter und Paul Schweitzer.
Die Kanzlei von Gerhard Brandstätter hat bei allen Verträgen mit dem Stromriesen die Rechtsberatung übernommen. Als Wirtschaftsberater war Paul Schweitzer eingebunden. Alle Aufträge waren durchaus lukrativ.
Bis heute wurden keine genauen Zahlen und Daten zu den einzelnen Aufträgen publik gemacht. Bekannt ist aber, dass die Kanzlei Brandstätter für die Operationen „Delmi-Edison“, „Edison-Hydros“, „Enel-SE-Hydropower“ und „SELnet“ insgesamt 1.543.530 Euro kassiert hat. Mit 1.480.866 Euro war das Honorar für die Wirtschaftskanzlei „Prast, Crazzolara, Schweitzer“ bei diesen vier Operationen ähnlich hoch.

Die Warnung

Dazu hat die SEL Ag 2009 der Bologneser Kanzlei „K Studio Associato“ einen Auftrag erteilt, die steuerliche Seite der Operation genau zu prüfen. Laut Informationen von salto.bz soll dabei herausgekommen sein, dass diese Art der Durchführung durchaus mit finanziellen Risiken behaftet ist. Anscheinend hat die damalige SEL-Führung um Maximilian Rainer diese Warnung aber nicht ernst genommen.
Jetzt bekam das Land die gesalzene Rechnung dafür präsentiert.
Und die Berater? Daran will sich lieber niemand erinnern.

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Martin Federspieler Thu, 12/10/2015 - 15:26

Die Agentur der Einnahmen in wenigen Wochen von 600 auf 35 Mio. herunter zu verhandeln, das ist doch eine reife Leistung.
Ich finde, die Berater sind ihr Geld wert, und die Verträge verdammt gut geschrieben, die solche Interpretationsspielräume hinsichtlich der Steuern eröffnen.
Andererseits: würden alle die vorgesehenen Steuern einfach zahlen, wo kämen wir da hin? Und was würde aus all den Steuer(vermeidungs)beratern?

Thu, 12/10/2015 - 15:26 Permalink