Environment | Landschaft

Traminer Landschaftsfrevel

Die Stiftung Landschaft weist in einem offenen Brief an die Landesregierung auf die Planierungen in der Bannzone am historischen Hügel in Kastelaz hin.
Kastelaz
Foto: Stiftung Landschaft
Zwei Bestimmungen stehen im neuen Raumordnungsgesetz nicht. Dafür sind sie aber in der ungeschriebenen Südtiroler Verfassung verankert.
  1. Im landwirtschaftlichen Grün ist alles möglich.
  2. Bauern dürfen alles.
Wie realistisch diese Auslegung ist, wird derzeit an einem Projekt in Tramin deutlich. Die „Stiftung Landschaft“ macht in einem offenen Brief an die Landesregierung auf einen Landschaftsfrevel in Kastelaz oberhalb von Tramin aufmerksam.
 
In dem Schreiben heißt es:
 
„Wer kennt sie nicht? Die kleine Kirche Sankt Jakob in Kastelaz steht auf einem mit Weinreben bedeckten Hügel weithin sichtbar über dem Dorf Tramin, St.Jakob in Kastelaz, das berühmteste Kunstwerk Tramins und eines der bekanntesten und wertvollsten des ganzen Landes Südtirol. In sehr gutem Zustand hat sich darin ein romanischer Freskenzyklus aus der Zeit um 1220 erhalten - seltsame Mischwesen aus Mensch und Tier bevölkern die Wand des Altarraumes - und auch eine spätgotische Pilgerlegende wird in qualitätsvollen, bunten Bildern erzählt.
 
Der darunterliegende, als landschaftsgeschützte Bannzone eingetragene Hügel zog sich in sanft gewellten Rebanlagen von der Kirche bis zur tiefer gelegenen St.-Julitta-Gasse. Zog sich!  Ein Landschaftsjuwel, ein jahrhundertealter Hang, mit artenreichen Trockenmauern und malerischen Hecken, die nun einem Heer von Baggern zum Opfer gefallen sind!“
 

Die Stiftung

 
Die „Stiftung Landschaft Südtirol“ wurde im März 2009 aus einer privaten Initiative heraus ins Leben gerufen. Am Gründungsakt waren 24 Personen beteiligt, mittlerweile zählt die Stiftung über 80 Mitglieder. Der Vorstand setzt sich aus der Unternehmerin Sigrid Pernthaler (Vorsitzende), dem grünen Landtagsabgeordneten Hanspeter Staffler (Vize), der Gemeindesekretärin Lucia Attinà, dem Biologen Norbert Dejori und dem Botaniker Thomas Wilhalm zusammen. Die Zielsetzung der ehrenamtlichen Stiftung ist die Erhaltung und Fortentwicklung der Natur- und Kulturlandschaften Südtirols im Sinne eines umfassenden Natur- und Landschaftsschutzes und unter Bevorzugung der letzthin selten gewordenen Lebensräume für Pflanze, Tier und Mensch. Die Stiftung sucht diese Ziele zu verwirklichen, indem sie Liegenschaften ankauft, erbt oder auf anderem Wege überantwortet bekommt, um sie im Sinne gewachsener Kultur zu schützen, zu fördern, weiterzuentwickeln und nachhaltig zu sichern. Zudem entwickelt, plant und realisiert man Projekte zum Erhalt, zur Pflege und zur Verbesserung von Natur und Landschaft und leistet Öffentlichkeitsarbeit zur Sensibilisierung und zur nachhaltigen Entwicklung der Landschaft.
 

Die Anfrage

 
Am 27. Oktober 2020 stellen die drei grünen Landtagsabgeordneten Hanspeter Staffler, Brigitte Foppa und Riccardo Dello Sbarba eine Anfrage in der Aktuellen Fragenstunde m Südtiroler Landtag. In der Anfrage mit dem Titel „Tramin: Bannzone Hügel Castelz/St. Jakob“ heißt es: „Besorgte Bürgerinnen und Bürger berichten uns, dass auf der Grundparzelle 648/I der Katastralgemeinde Tramin eine großangelegte Planierung geplant sei. Es handelt sich dabei um ein Landwirtschaftsgebiet von landschaftlichen Interesse, welches in einer Bannzone (Code 23) liegt.
 
 

Die drei Landtagsabgeordneten wollen wissen, ob auf dem besagten Grundstück eine großanlegte Planierung geplant sei und mit welcher Begründung die Landesregierung dieses Projekt genehmigt habe.
Die Antwort der zuständigen Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer fällt sehr deutlich aus. Die Landesrätin für Raum, Natur und Landschaft schreibt: „Dem Landesamt für Landschaftsplanung ist nicht bekannt, dass auf der G.p. 648/1 der Katastralgemeinde Tramin eine großangelegte Planierung geplant sei. Gemäß geltendem Landschaftsplan der Gemeinde Tramin liegt die Grundparzelle in einer Bannzone und folglich ist das Land für die Erteilung der Landschaftsschutzermächtigung zuständig.
Konkret heiß es in der Antwort: ‘Derzeit liegt beim Landesamt für Landschaftsplanung kein Projekt vor.“
 

Die Arbeiten

 
Doch ein Jahr später schaut es völlig anders aus.
Denn die Arbeiten laufen in Kastelaz längst auf Hochtouren. Der gesamte Hügel wurde inzwischen umgegraben.
 
 
Die Stiftung Landschaft schlägt jetzt Alarm. „Vom Landschaftsjuwel zum Landschaftsfrevel: Kastelaz“ ist der offenen Brief an die Landesregierung überschrieben.
Im der Stellungnahme heißt es dann:
 
„Da ist wohl einiges schiefgelaufen in unserem schönen Land Tirol! Schon vor zwanzig Jahren wurde in unmittelbarer Nähe des Kirchleins Sankt Jakob in Kastelaz ein überdimensionales Hotel errichtet, das als abschreckendes Beispiel für unpassende Architektur, im gesamten Alpenraum zirkulierte. Wie kann es gelingen, liebe Landesregierung, solch brutalen Umgang mit unserer Landschaft in Zukunft zu vermeiden?“
 
Man darf gespannt sein, welche Antwort die zuständigen Politiker diesmal finden werden.
 

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