Economy | Nachhaltigkeit
Der schlaue Staat
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Mit der 2018 verabschiedeten Erneuerbare-Energie-Richtlinie wurden alle EU-Länder aufgefordert, ein Gesetz zu Energiegemeinschaften zu erlassen. Nachdem Italien Ende letzten Jahres auch die Durchführungsbestimmungen zum Gesetz erlassen hat, ist der Weg frei: So können Bürger:innen, aber auch Gemeinden und Unternehmen die Energiewende mitfinanzieren.
Mit dem neuen Jahr wagen sich die ersten Südtiroler Gemeinden an das Vorhaben: Burgstall und Tscherms werden gemeinsam mit dem Raiffeisenverband, Alperia und dem technologischen Partner Regalgrid zwei Pilotprojekte umsetzen, auch andere Gemeinden zeigen Interesse. Was von vielen Seiten als innovativ, klimafreundlich und sozial angepriesen wird, hat wie so oft aber bürokratische Tücken.
„Ich bin froh, dass uns als erste Pilotgemeinde unter die Arme gegriffen wird, um durch den ganzen Dschungel an Vorschriften zu kommen“, gesteht der Bürgermeister von Burgstall, Othmar Unterkofler. Mit der kostenlosen Unterstützung vom Raiffeisenverband wollen Burgstall und Tscherms Energiegemeinschaften gründen, die von der Gesetzesverordnung zur Umsetzung der EU-Richtlinie 2018/2001 RED II gefordert werden. Dabei erhalten die Energiegemeinschaften im Laufe von 20 Jahren zusätzlich zum Energiepreis einen Beitrag für den Kollektivverbrauch.
In der Gemeinde Tscherms ist der diesbezügliche Beschluss Mitte November im Ausschuss verabschiedet worden. „Nun sind mit dem Raiffeisenverband die weiteren Details zu besprechen, um die Potentialanalyse durchzuführen“, erklärt Bürgermeisterin Astrid Kuprian. Der Bürgermeister von Burgstall hat es eiliger: „Wir müssen jetzt schauen aus den Ressourcen, die wir haben, sprich die Sonneneinstrahlung in Burgstall, einen Gewinn zu ziehen. Es braucht etwas Druck, damit wir weiterkommen. Denn jeder Tag, der vorbeigeht, ist verloren für die Stromerzeugung“, so Unterkofler.
Noch haben die Bürger:innen von Burgstall und Unternehmen zwei Wochen Zeit, sich für die Gründung der Genossenschaft zu melden, sei es als Stromerzeuger wie auch als Stromabnehmer. „Es haben sich schon einige Interessierte gemeldet“, so Unterkofler.
Die Förderung
Wird dann tatsächlich eine Energiegemeinschaft in Form einer Genossenschaft gegründet, kann gemeinsam die Investitionssumme für die Photovoltaik-Anlage gestemmt werden. Als Anreiz für die Bürger:innenbeteiligung gilt der Beitrag für den Kollektivverbrauch, der von der GSE (Gestore dei Servizi Energetici) in regelmäßigen Abständen ausbezahlt wird.
Hat eine Energiegemeinschaft beispielsweise eine Anlage mit einer Leistung von 100 Kilowatt pro Stunde und verbraucht davon 80 Kilowatt, erhält sie auf diese 80 Kilowatt einige Cents pro Kilowatt ausbezahlt. Die Summe wird aus dem Stromverbrauch der einzelnen Mitglieder zusammengerechnet und nicht jedem einzelnen Mitglied, sondern der Genossenschaft ausbezahlt. Die GSE verfolgt mit der Förderung das Ziel, die Nutzung und Produktion von Strom zu dezentralisieren.
„Leider wird oft falsch kommuniziert, dass man bei einer Energiegemeinschaft viel Geld sparen kann“, erklärt Franco Farris vom Verband Coopbund, der wie der Raiffeisenverband die Gründung und Entwicklung von Energiegemeinschaften unterstützt. Derzeit ist der Verband mit mehreren Gemeinden und Gruppierungen im Gespräch, so will beispielsweise auch die Brixner Bürger:innengenossenschaft b*coop eine Energiegemeinschaft gründen.
„Bei den Energiegemeinschaften geht es weniger darum, sich als Eigenproduzent von Strom Geld zu sparen, sondern sich zusammenzuschließen, um sich mit einem geringen Aufwand an der Energiewende zu beteiligen“, so Farris. „Zahlt der GSE die Förderung an die Energiegemeinschaft aus, muss diese per Mehrheitsbeschluss entscheiden, ob die Summe an die einzelnen Mitglieder ausbezahlt oder in ein soziales Projekt wie einem Spielplatz reinvestiert wird.“
Beteiligt sich auch die Gemeinde an einer Energiegemeinschaft hat sie, wie alle anderen Bürger:innen und Unternehmen in der Genossenschaft auch, ein einfaches Stimmrecht. „Die Bürger:innenbeteiligung hat bei Energiegemeinschaften einen hohen Stellenwert“, bestätigt Farris von Coopbund.
Anreize auf Landesebene
Auch die Landesregierung hat vergangenen Dezember neue Energieförderungen beschlossen, die für das Jahr 2023 gelten. Auf die Beiträge haben Einzelpersonen, öffentliche Verwaltungen, gemeinnützige Organisationen und Unternehmen Anspruch. Gefördert wird im Bereich erneuerbarer Energien wie Wärmepumpen oder Solaranlagen sowie im Bereich der energetischen Sanierung. Erstmals gefördert werden Fotovoltaikanlagen für Kleinunternehmen. Ansuchen kann man bis 31. Mai 2023. Die Gesuche werden in der Reihenfolge des Einreichdatums bearbeitet, solange die bereit gestellten Finanzmittel reichen.
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Was ist das bloß für ein
Was ist das bloß für ein grottenschlechter Artikel!
Warum wird der Staat als schlau bezeichnet? Er setzt lediglich das um was die EU verpflichtend vorgibt. Dann wäre jeder "schlau", der mit 30 km/h durch den Ortskern fährt.
Meines Wissens kann man bis heute auch keine Energiegemeinschaft gründen, die ein Gebiet, welches größer als jenes einer Sekundärkabine ist, gründen, da bis heute die Durchführungsbestimmungen fehlen - nicht wie im Artikel behauptet.
Das Gebiet einer Energiegemeinschaft umfasst auch jenes einer Primärkabine, also ist weitaus größer. Warum werden dann für Burgstall und Tscherms zwei verschiedene Gemeinschaften gebildet? Das ist doch absolute Kirchturmpolitik und einen Dienstleister, der gratis arbeitet, habe ich bis heute auch noch nicht kennengelernt. Wer mit Alperia oder Raiffeisen zu tun hat, weiß, dass dort "gratis" überhaupt nichts passiert.
"Einige Cents"? Wieviel genau, das hat die Redakteurin offensichtlich übersehen, ist aber das tatsächlich Wesentliche. Denn wenn man am Ende nur 5 Euro bekommt, nützt das ganze Öko-Geschwafel auch nichts.
Zum Abschluss verstehe ich auch nicht, warum in Brixen die Bürgergenossenschaft Spielplätze errichtet - ist das nicht Aufgabe der Gemeinde?
Statt "schlau" sollte es
Statt "schlau" sollte es "bekloppt" heißen. Aber nicht (nur) der italienische Staat, sondern die gesamte Europäische Union, insbesondere die EU-Kommission, die sich diese Regel ausdenkt.
Bereits in den EU-Richtlinien ist es explizit verboten, eine Kundenanlage so zu verkabeln, damit die Energie direkt von den Kollektoren die Kunden bzw EG-Mitgliedern erreicht. Der Strom muss einen Umweg über die Kabine laufen, auch in den Fällen, wo dies unnötig wäre, wie in einem einzelnen, abgeschlossenen Gebäude. Es sind nur Anlagen mit einem Direktabnehmer erlaubt, ab zwei geht es nicht mehr. Beschluss made in Brüssels.
Auf der anderen Seite, laut den neuen Richtlinien hat der Endkunde/ Endabnehmer recht auf die eigenen Verbrauchsdaten, die durch eine einfache Schnittstelle am Zähler zur Verfügung gestellt werden müssen. Das italienische Regelwerk macht dies in der Praxis im Lande unmöglich. Woanders geht es, auch sehr einfach.
Die Richtlinien über Energiegemeinschaften beinhalten eine Reihe Auflagen, die entweder keinen Sinn ergeben, oder einen Sinn hätten, aber von Italien nicht übernommen oder implementiert wurden. Und dies geschieht nicht nur in Italien, kann vermutet werden.
Gratis-Unterstützung durch…
Gratis-Unterstützung durch den Raiffeisenverband für Energie-Genossenschaften?
Der Raiffeisenverband rechnet in der Regel mit sehr hohen Stundensätzen ab, um seine recht kostspielige Hofhaltung + Einiges mehr zu finanzieren.