Society | Cybermobbing

Feuerwehr für’s Netz

Mit einem Pilotprojekt will der Landesbeirat für Kommunikationswesen virtuelle Erste Hilfe bei Cybermobbing anbieten. Zielgruppe sind allem voran Jugendliche.
hate speech
Foto: web

Ob Shitstorm, Hate Speech oder die Verbreitung von Nacktfotos: Dass neue Medien neue Gefahren und Belastungen bringen, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Jüngstes prominentes Beispiel boten hierzulande die Hasstiraden und Drohbotschaften gegen die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa im Zuge der Kreuzdebatte. Weniger Öffentlichkeit erhalten Fälle, in denen Jugendliche über Soziale Plattformen gemobbt werden – zumindest wenn das Leiden darunter nicht bis hin zum Suizid führt, wie auch in Italien immer wieder geschehen. „Soweit soll es in Südtirol nicht kommen“, zeigt sich der Präsident des Landesbeirates für das Kommunikationswesen Roland Turk entschlossen. Und will deshalb die Tätigkeiten des Gremiums um eine der italienweit ersten Anlaufstellen für Cybermobbing erweitern.

Bereits im Frühjahr soll über die Homepage des Beirates ein Pilotprojekt starten, für das der pensionierte RAI-Journalist und die Beiratsmitglieder einige einschlägige Experten gewinnen konnten. In einem Probebetrieb von rund einem Monat soll erst einmal eruiert werden, wie groß die Nachfrage nach Unterstützung ist und inwiefern den Betroffenen tatsächlich geholfen werden kann. Erklärtes Ziel wäre es in jedem Fall über einen Online-Schalter all jenen Hilfestellungen zu bieten, die Inhalte aus dem Netz entfernt haben wollen, in denen sie herabgewürdigt, bedroht oder in ihren Rechten verletzt werden. „Geht es um strafrechtlich relevante Fälle, würden wir sie an die Postpolizei weiterleiten“, erklärt der Präsident des Kommunikationsbeirates. In allen anderen Fällen will man Betroffenen dagegen über den Beirat Unterstützung bieten.

Einfach wird das nicht immer sein, ist sich auch Turk bewusst. Allem voran wenn ein Inhalt im Netz erst einmal virale Verbreitung gefunden hat. Doch es gäbe mittlerweile auch ausreichend Tools und Wege, um zumindest bestimmte Inhalte zu löschen, versichert er. Unterstützung dafür hat sich der Präsident des Landesbeirats am Donnerstag auch in Rom bei Treffen mit der Italien-Führung von Facebook und Google geholt. „Dort hat man uns prinzipiell eine Zusammenarbeit bei Löschungsanträgen zugesichert“, meint Roland Turk. Wie sehr darauf in Ernstfällen tatsächlich zu zählen ist, will aber auch er erst einmal abwarten.

"Totale Anarchie"

Sicher ist für ihn, dass auf die „totalen Anarchie“ im Netz mit Regeln und Verantwortungsübernahme aller Beteiligten zu reagieren ist. Doch bislang würden sich davor nicht nur Plattformen wie Facebook, sondern auch der Gesetzgeber noch viel zu sehr davor drücken. So werde in Rom ein entsprechender Gesetzesentwurf gegen Cybermobbing, in dem unter anderem das Recht auf die Löschung von Inhalten zur eigenen Person gestärkt werden soll, bereits lange zwischen Kammer und Senat hin- und hergeschoben, beklagt der Journalist. Auch eine Bestimmung im Landesgesetz zur Medienförderung, die zusätzliche Mittel für Onlinemedien vorsehe, die ihre Community aktiv kontrollieren und lenken, sei bislang wegen fehlender Durchführungsbestimmungen  nicht mehr als eine schöne Absichtserklärung, so Turk.

Umso wichtiger sei es dem Beirat nun seine Rolle als Kontrollinstanz verstärkt in Richtung Online auszuweiten. Hauptzielgruppe sollen dabei wegen ihrer besonderen Verletzlichkeit Jugendliche sein. Sofern ausreichend Ressourcen verfügbar sind, will man aber auch Erwachsene beim Online-Schalter Unterstützung bieten, versichert der Beiratspräsident. Wie erfolgreich auch immer das Pilotprojekt verlaufen wird – klar ist laut Roland Turk, dass der geplante Online-Schalter nur Feuerwehr spielen kann. „Das Wichtigste bleibt, es erst gar nicht zum Brand kommen zu lassen und entsprechend verantwortungsvoll mit persönlichen Inhalten im Internet umzugehen.“