Politics | St. Lorenzen

„Das muss man sich nicht antun“

Die Abstimmung über die Wahl eines Ausschussmitgliedes endete in St. Lorenzen mit einem Paukenschlag. Gemeinderat Dietmar Demichiel über seine „Protest-Aktion“.
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Foto: Privat/Google Street View
„Diese Anfeindungen waren vollkommen überflüssig“, erklärt Dietmar Demichiel, Gemeinderat der Freien Liste St. Lorenzen, Salto.bz gegenüber. Wie berichtet hat Demichiel gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Markus Ferdigg aus Protest die Gemeinderatssitzung verlassen, die am vergangenen Montag (6. Februar) in St. Lorenzen abgehalten wurde.
Der Auszug aus der Gemeinderatsstube sei nur der letzte Tropfen gewesen, der das Fass nach zweieinhalb Jahren an Demütigungen zum Überlaufen gebracht habe, so Demichiel und betont: „Der ausschlaggebende Punkt ist jedoch, dass die Ladiner im Gemeinderat wenig zu sagen haben.“
Doch zur Vorgeschichte: Bei den Gemeinderatswahlen 2020 trat die Südtiroler Volkspartei mit der Bürgerliste „Gemeinsam für St. Lorenzen“ auf einer gemeinsamen Liste an. Zur Wahl stellte sich aber auch die Freie Liste St. Lorenzen, die kurz vor den Wahlen gegründet wurde, „um den Bürgern und Bürgerinnen eine Alternative zu bieten“. Die Freie Liste konnte auf Anhieb drei Mandate erringen, die Einheitsliste kam auf 15 Mandate. Im Rennen um das Bürgermeister-Amt hat Martin Ausserdorfer (SVP) den Sieg davongetragen, der mit 81,6 Prozent der Stimmen in seinem Amt bestätigt worden ist.
 
 
 
 
 
Neben dem Bürgermeister-Kandidaten Manfred Huber, der bereits 2015 um das Amt für den höchsten Posten kandidiert hatte – damals allerdings für die SVP –  wurden Dietmar Demichiel und Markus Ferdigg in den Lorenzner Gemeinderat gewählt. Nachdem sowohl Huber als auch Ferdigg der ladinischen Sprachgruppe angehören und damit zwei Vertreter einer sprachlichen Minderheit in den Gemeinderat gewählt wurden, musste laut Gesetz sich diese Vertretung auch im Ausschuss widerspiegeln. Wie Demichiel es ausdrückte, war Ausserdorfer somit gezwungen, jemanden aus der Opposition in den Ausschuss zu holen. Die Diskussionen darüber, wer von den beiden Bürgerlistenvertretern in den Ausschuss entsandt werden sollte, waren schwierig. „Innerhalb unserer Liste war Markus Ferdigg der Favorit für diesen Posten, allerdings hat auch Manfred Huber Ansprüche darauf angemeldet“, erklärt der Gemeinderat der Freien Liste.
 
 
Innerhalb unserer Liste war Markus Ferdigg der Favorit für diesen Posten, allerdings hat auch Manfred Huber Ansprüche darauf angemeldet.
 
 
Nachdem sich die Listenvertreter nicht einigen konnten, schlug Bürgermeister Ausserdorfer eine Halbzeitlösung vor: Huber sollte bis Jänner 2023 den Ausschussposten besetzen, anschließend sollte Ferdigg ihn ablösen. Der Gemeinderat stimmte mehrheitlich dafür, mit Ausnahme von Demichiel, der mit Nein stimmte – Ferdigg war bei besagter Sitzung nicht anwesend und konnte seine Stimme nicht abgeben. Huber hat wenige Wochen nach der Wahl, genauer gesagt am 17. Dezember 2020, seinen Austritt aus der Freien Liste bekannt gegeben, jedoch, wie vereinbart, vor Kurzem seinen Rücktritt eingereicht – und am vergangenen Montag hätte eigentlich die Wahl Ferdiggs in den Ausschuss stattfinden sollen.
Bereits im Vorfeld wurden Gespräche geführt und man sei sich im Wesentlichen einig gewesen, wie Demichiel erklärt. Laut ihm sei die Wahl von Ferdigg in den Ausschuss eine rechtliche Entscheidung und keine politische. Diese Meinung hatte er auch auf der Gemeinderatssitzung geäußert und sich beim Gemeindesekretär nach den gesetzlichen Voraussetzungen erkundigt.
 
 
 
 
 
Bürgermeister Martin Ausserdorfer war sichtlich verärgert über die „lehrmeisterlichen Belehrungen“ und warf ihm vor, schlechte Stimmung zu verbreiten mit der Art und Weise der Fragestellung. „Auf der Sitzung wurden Falschinformationen verbreitet und Querschüsse abgegeben. Der Angriff des Bürgermeisters auf meine sachliche Frage ist der klare Beweis für mich, dass hier irgendetwas verhindert werden soll“, so Demichiel, der auch die Vorwürfe, die im Rahmen der Sitzung geäußert worden sind, nicht so stehen lassen will. „Es habe keine Zusammenarbeit gegeben und das Miteinander sei schwierig gewesen“, hieß es in den verschiedenen Wortmeldungen. „Das stimmt so nicht“, betont Demichiel und verweist darauf, dass man 95 Prozent der Gemeinderatsbeschlüsse mitgetragen habe.
 
 
Der Angriff des Bürgermeisters auf meine sachliche Frage ist der klare Beweis für mich, dass hier irgendetwas verhindert werden soll.
 
 
Dass die Opposition kritische Fragen stelle, liege im ureigensten Interesse der Opposition, so der Bürgerlisten-Vertreter und erklärt, dass Bürgermeister Ausserdorfer zu Beginn der Legislatur zwar einen Koalitionsvertrag angeboten habe, „wir haben jedoch klar erklärt, dass wir keine Koalition wollen“, betont der Vertreter der Freien Liste. Man werde, soweit möglich mitarbeiten, aber man nehme sich das Recht heraus bzw. bestehe sogar die Pflicht, auf Mängel hinzuweisen. „In diesem Rahmen haben wir bei Landes- und Gemeindeämtern Erkundigungen eingeholt, was offenbar nicht sehr gut angekommen ist. Denn wir haben einige Mängel aufgezeigt, welche uns der Bürgermeister immer wieder vorhält“, erklärt der Gemeinderat der Freien Liste.
Trotz der Differenzen habe er sich diesen Ausgang aber so nicht erwartet, das Abstimmungsergebnis sei für Demichiel offen gewesen. Die Protestaktion sei aufgrund der vorgebrachten Anschuldigungen und Demütigungen erfolgt. „Solche Demütigungen, wie sie im Gemeinderat vorgebracht wurden, muss man sich nicht antun.“