Economy | Transport

“Bewusste Täuschung”

Gewerkschaftsvertreter des SAD-Personals wollen die Aussagen der SAD-Führung demontieren. Diese seien “großteils falsch”, heißt es in einem offenen Brief.
SAD Bus & Zug
Foto: sad.it

Richard Goller lässt sich nicht lumpen. Wenn es darum geht, die Interessen seiner Berufskollegen zu verteidigen, sind dem Sekretär der Fachgewerkschaft Transport und Verkehr im ASGB viele Mittel recht. War es vor einem Monat eine Protestaktion samt Kundgebung auf dem Landhausplatz, so folgt nach den von salto.bz veröffentlichten Gehältern der SAD-Führungsriege ein offener Brief an die Betriebsleitung, in dem der Gewerkschaftsvertreter und sein Obmann die Gründe für die sich häufenden Streiks der SAD-Angestellten festhalten – und die Aussagen der SAD-Betriebsleitung demontieren. Scharfe Töne schwingen in dem Schreiben mit:

“Zunächst möchten der Obmann der Fachgewerkschaft Transport und Verkehr im ASGB (GTV) Klaus Untersteiner und der Fachsekretär der GTV Richard Goller vorausschicken, dass viele letzthin getätigte Aussagen und Pressemitteilungen der SAD-Betriebsleitung nicht nur großteils falsch und an den Haaren vorbeigezogen sind, sondern ebenso höchst respektlos den Busfahrern gegenüber und folgender Klarstellungen bedürfen:

1.      SAD-Berater Rudolf Rimbl hat festgehalten, dass 99 Prozent der Busfahrer in den programmierten Pausen in der Dienstresidenz nach Hause fahren.

Dies ist tatsächlich nicht der Fall, da kaum ein Angestellter in unmittelbarer Nähe des Busdepots wohnt. Die zurückzulegende Distanz würde eine Fahrt nach Hause zeitlich oftmals nicht rechtfertigen und wäre außerdem mit zusätzlichen Kosten verbunden. Ein Beispiel zur Veranschaulichung der tatsächlichen Situation: Ein Angestellter wohnt zehn Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt und hat drei Pausen einzuhalten. Würde er – auch wenn es die Zeit zuließe – während jeder Pause nach Hause fahren, so müsste er an diesem Tag 60 zusätzliche Kilometer zurücklegen, die nicht bezuschusst werden. Mangels einer Zurverfügungstellung von angemessenen Aufenthaltsorten (Beheizung, WC, etc.) während der Pausen außerhalb der Dienstresidenz ist der Busfahrer oft gezwungen die Intervalle im Fahrzeug zu verbringen.

2.      SAD-Berater Rudolf Rimbl hat betont, die Türen der SAD wären immer für Verhandlungen offen.

Diese Aussage müssen wir entschieden zurückweisen. Vorschläge zu den Turnussen der technischen Kommission, die eigens zu diesem Zweck gegründet wurde, wurden nur genehmigt, wenn sie zu Gunsten der Firma gingen und keine Mehrkosten beinhalteten. Entlastende Maßnahmen für die Angestellten wurden somit nicht berücksichtigt. Zudem muss in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen werden, dass Verhandlungen zu den langen Arbeitszeiten, den langen Dienstspannen und der langen Pausen von Seiten der Firma abgebrochen wurden, mit der Begründung aufgrund der europaweiten Ausschreibung der Konzessionen Kosten senken und die Produktivität erhöhen zu müssen (Protokoll vom 18 Februar 2016).

3.      Die Firmenleitung der SAD betont, dass nur eine geringfügige Anzahl von Turnussen die Dienstspanne von 15 Stunden erreicht.

Diese Behauptung muss man differenzierter sehen. Es stimmt einerseits, dass die Prozentzahl jener Turnusse, die 15 Stunden erreichen nur einen kleinen Teil der Gesamtturnusse ausmachen. Andererseits muss aber unterstrichen werden, dass sich die Dienstspannen von 15 Stunden auf immer dieselben Dienstresidenzen konzentrieren. Diese Turnusse werden in der Regel immer von denselben Chauffeuren absolviert. Daraus resultiert lokal eine weitaus höhere Quote, als im Südtiroler Vergleich. Entschieden zurückweisen müssen wir außerdem die Aussage des SAD-Generaldirektors Mariano Claudio Vettori, der den Chauffeuren in diesem Kontext Faulheit unterstellt hat. Vielmehr hat das Personal trotz der hohen Dienstspannen seine Arbeit immer pflichtbewusst und verantwortungsvoll erledigt.

4.      Der SAD-Generaldirektor Mariano Claudio Vettori hält fest, dass die Busfahrer mit Nettolöhnen von 1900 Euro im Vergleich zu Italien überbezahlt wären.

Dem ist zu entgegnen, dass dementsprechende Gehälter nur jene Chauffeure erhalten, die sich durch Dienstaltersvorrückungen in der höchsten Lohnstufe befinden. Hier werden Einzelfälle bewusst ins Kollektiv umgemünzt, um die Bevölkerung zu täuschen und den Eindruck zu erwecken, die langen Dienstspannen wären gerechtfertigt. Auf die Aussage, die Nettolöhne wären die höchsten in Italien, muss repliziert werden, dass die Lebenshaltungskosten in Südtirol im Vergleich zu Italien höher sind. Es ist statistisch gesehen in allen Sektoren so, dass die Gehälter in Südtirol höher als im staatlichen Durchschnitt sind. Wenn man Regionen mit ähnlichen Lebenshaltungskosten hernimmt, relativiert sich diese finanzielle Besserstellung wieder. Vor dem Hintergrund der Veröffentlichungen der Gehälter der SAD-Führungsetage, wäre es besser sich an folgendes Sprichwort zu halten: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen.