Kehren die Ladiner zurück?
Geht es nach Daniel Alfreider, soll das Ladinergesetz so schnell als möglich, sprich “noch innerhalb dieser Legislaturperiode” vom Parlament verabschiedet werden. Geht es hingegen nach seinen Gegnern, die den Gesetzentwurf als “Mogelpackung”, “Trick”, “Schwindel” und “Missbrauch” bezeichnen, sollte dieser schleunigst wieder nach Trient und Bozen zurückkehren. Die beiden Landtage haben ihren Segen eigentlich bereits gegeben. Dieser ist nötig, da im Gesetzentwurf von Alfreider eine Änderung des Autonomiestatuts vorgesehen ist. Allerdings haben die Landtage Ja zu einem Entwurf gesagt, der danach abgeändert wurde bevor er der Kammer zur ersten Lesung vorgelegt wurde.
Um endgültig in Kraft zu treten, muss das Ladinergesetz, mit dem laut seinem Einbringer der Schutz der Ladiner verbessert werden soll, in doppelter Lesung vom Parlament bestätigt werden. Die erste Hürde hat der Gesetzentwurf bereits genommen. Am 11. Jänner genehmigte die Abgeordnetenkammer den Text. Am 1. März fand dann im Verfassungsausschuss des Senats die Anhörung dazu statt. Nun kann der Gesetzentwurf im Senat behandelt werden. Doch das will Florian Kronbichler mit allen Mitteln verhindern. Der inzwischen zu den Democratici e Progressisti übergelaufene Südtiroler Kammerabgeordnete ist zum erbittertsten Gegenspieler von Daniel Alfreider avanciert. Mitstreiter hat er in den Oppositionsreihen in Rom gar einige – und auch in Südtirol. Freiheitliche, Grüne, Movimento 5 Stelle, Pöder, Urzì und Artioli legen sich gegen den “Ladiner-Trick”, wie ihn Paul Köllensperger nennt, quer. “Die SVP will das Ladinergesetz missbrauchen, um ihren alten Traum vom Mehrheitsbonus zu realisieren”, sagte der 5-Sterne-Politiker jüngst.
“Das Ladiner-Gesetz, gegen das niemand ist, wurde substantiell in eine Südtiroler Wahlrechts-Reform verdreht.” (Florian Kronbichler)
Mit dem von Alfreider hastig eingereichten Abänderungsantrag eröffnet sich für die Südtirol die Möglichkeit, anstelle des im Autonomiestatut für Südtirol festgelegten Verhältniswahlrechts ein Mehrheitswahlsystem einzuführen. Der entsprechende Passus zum Wahlsystem im Statut wird von “proportional” in “auf proportionaler Grundlage” (“su base proporzionale”) geändert. “Damit hätte die SVP freie Hand, was gravierend wäre”, warnt Alessandro Urzì. Auch Köllensperger sieht hinter dem Schachzug in Rom einzig die Absicht der SVP, “sich in Zeiten der Krise die Mehrheit zu sichern”. Er ist überzeugt: “Es geht nur formell um die Ladiner.” Dass die ladinische Minderheit über das “so genannte Ladinergesetz” von der SVP “nur ausgenützt und für Parteizwecke instrumentalisiert” wird, um ein Mehrheitswahlsystem in Südtirol einzuführen, das vermutet auch der Parteisekretär der Ladins Dolomites, Albert Pizzinini. Doch welche Möglichkeiten bleiben den Kritikern nun noch? Die Behandlung im Senat steht bevor und Alfreider & Co. machen Druck.
Große Hoffnungen, dass der Gesetzentwurf in die Landtage von Bozen und Trient zurückkehrt, um in seiner abgeänderten Form erneut behandelt zu werden, macht sich Florian Kronbichler nicht. Auch, weil ein entsprechender Antrag der 5-Sterne-Abgeordneten und der Grünen im Regionalrat von der Mehrheits in der Vergangenheit bereits zurückgewiesen worden war. Allerdings hat der parlamentarische Zweikammer-Ausschuss für Regionalangelegenheiten, der vor der Behandlung im Senat ein Gutachten zum Gesetzestext abgeben muss, das Ladinergesetz am Donnerstag (9. März) auf Wirken von Kronbichler “zwecks näherer Prüfung vertagt”. Das könnte eine Verzögerung des Iters im Parlament mit sich bringen und dafür sorgen, dass der Gesetzentwurf nicht wie von Alfreider gewünscht noch in der laufenden Legislatur genehmigt wird. Das wiederum würde bedeuten, dass das Ladinergesetz, weil es sich dabei um einen Verfassungsgesetzentwurf handelt, mit Legislaturende verfällt. Und der “alte Traum” der SVP vorerst wieder ausgeträumt ist.