Society | Stadtentwicklung

„Informell und offen“

Wie funktioniert Partizipation in Süditalien? Giovanni Abbatepaolo von der „Scuola Open Source” berichtet von gegenseitigem Lernen und verlassenen Häusern in Neapel.
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Foto: Scuola Open Source
Rund tausend Kilometer von Schlanders und mehr als zehn Stunden Fahrtzeit entfernt, hat sich in Apulien ein ähnliches Kultur- und Bildungszentrum wie die BASIS entwickelt: Die Open Source School (SOS) in Bari organisiert regelmäßig Kurse, Forschungsprojekte und Veranstaltungen zu den unterschiedlichsten Themen.
 
 
Die Genossenschaft beschreibt sich selbst als „ecosistema solidale di ricerca e immaginazione sociale, culturale e tecnologica“. Auf der diesjährigen Konferenz „By Design or By Disaster“ in der BASIS in Schlanders stellte Giovanni Abbatepaolo die Open Source School (SOS) vor. Das Leitprinzip der Kooperative ist es, in einem informellen Rahmen voneinander zu lernen, sowohl als Kursleiter*innen als auch als Teilnehmer*innen. „Bei uns sitzt man nicht stundenlang in einem Kursraum und hört seinem Gegenüber zu, sondern unsere Kurse sind so gestaltet, dass sie informell und offen sind“, erklärt Abbatepaolo von SOS.
„Wir versuchen nie, starr, streng oder institutionell zu sein. Uns ist es wichtig, zu zeigen, dass man auch in einer spielerischen und fröhlichen Umgebung gute Ergebnisse erzielen kann“, sagt Abbatepaolo. „Ernsthaftigkeit hat ihren Platz, aber beim Lernen und Forschen können wir viel menschlicher sein. Wenn jemand etwas nicht versteht und Schwierigkeiten hat, ist das nicht seine Schuld. Die Dinge können dann auf eine andere Weise oder in einer anderen Sprache erklärt werden.“ Zum Lernprozess gehört auch, dass man Fehler macht. „Und deshalb wird das Ausprobieren, auch wenn man Fehler macht, gefördert. Auf diese Weise macht das Lernen viel mehr Spaß und ist entspannter.“
Von Mathematik bis zum Programmieren, über Zeichnen, Malen und Tätowieren, das Angebot richtet sich an eine breite Zielgruppe. Neben dem Kursangebot arbeitet die Genossenschaft mit Forschungsinstituten, Institutionen und Gemeinden zusammen, um gemeinsam zu forschen und Wissen zu teilen. Wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, suchen die Mitglieder nach einem Konsens, und hierarchische Strukturen werden vermieden.
 

Beispiel Neapel

 
Ein Beispiel für die Zusammenarbeit ist ein Projekt in Neapel, fast 300 Kilometer südwestlich von Bari: Die Stadtverwaltung der Hauptstadt von Kampanien hatte SOS beauftragt, mit den gemeinnützigen Gemeinschaften „ex OPG - Je so' pazzo“ und „Scugnizzo Liberato“ zusammenzuarbeiten, um öffentliche Mittel in die Renovierung ihrer Räume zu investieren und die Beteiligung aller Bürger*innen zu erleichtern. Die Gemeinschaften haben in verlassenen Gebäuden der Stadt Zentren eingerichtet und führen zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen für die Nachbarschaft und die Stadt durch, beispielsweise Rechtsberatung für Obdachlose und kulturelle Veranstaltungen.
Die frühere Stadtverwaltung und die Gemeinschaften von Scugnizzo Liberato und der ehemaligen OPG Je so' pazzo hatten bereits miteinander diskutiert und die Renovierung der Räume mit öffentlichen Mitteln geplant. Die neue Stadtverwaltung hingegen wollte einen partizipativen Prozess mit SOS starten, um in einer zweiten Phase öffentliche Mittel freizugeben.
 
 
„Die Gemeinschaften waren mit diesem Ansatz nicht einverstanden, weil die vorherige Stadtverwaltung ohne einen Vermittler wie SOS ausgekommen war. Sie sahen keine Notwendigkeit dafür“, sagt Abbatepaolo. „Wir haben uns gefragt, wie wir die Bedürfnisse dieser lokalen Gemeinschaften in einem komplexen Kontext berücksichtigen können.“
Im Einklang mit dem Leitbild von SOS, voneinander zu lernen, gingen sie einen Schritt auf die Gemeinschaften zu und holten deren Mitglieder in ihr Team, um bessere Entscheidungen zu treffen. „Das Projekt mit der Gemeinde Neapel dauerte vier Monate, ein sehr kurzer Zeitraum. Zu Beginn führten wir eine Umfrage durch, um den städtischen Kontext Neapels zu verstehen. Wir haben versucht, kleine, aber konkretere Ergebnisse im Einvernehmen mit allen Beteiligten zu erzielen als große, aber nicht solide Ergebnisse.“ Der Prozess ist noch nicht zu Ende. „Das Projekt hat einen neuen Dialog zwischen Gemeinden und Institutionen ermöglicht“, resümiert Abbatepaolo.