Politics | Gastkommentar

Gruppenbild mit Dame

Die Online-Landesversammlung der SVP war eine verpasste Chance.
SVP-Landesversammlung
Foto: Fabian Leitner
Zweifelsohne, Martha Stocker und Eberhard Daum haben das Online-Event professionell gestaltet. Sie schafften es, der Geisterveranstaltung – der Landesversammlung ohne Delegierte – Leben einzuhauchen. Die 75 Jahre alte Partei ist überraschenderweise digital vital. Der Schönheitsfehler ist aber überragend. Außer Martha Stocker gab es nur Männer. Keine Frau saß in der Runde, nicht die streitbare Senatorin Julia Unterberger oder die Ulrike Oberhammer vom Landesbeirat für Chancengleichheit.
Ist das Programm? Das kann vermutet werden. Die SVP vergisst die weibliche Vertretung in den Baukommissionen, bei der Erstellung der Wahllisten findet immer wieder ein ähnliches Theater statt. Die Volkspartei tut sich schwer mit Kandidatinnen. Wurde deshalb auf eine stärkere weibliche Präsenz auf der digitalen Landesversammlung verzichtet oder wurden die Frauen ganz einfach vergessen?
Beides wäre schlimm. Immerhin stellen doch die Frauen die Hälfte der Gesellschaft. Auch in Südtirol und somit die Hälfte der WählerInnenschaft. Kann die SVP auf die Frauen verzichten?
 
Während der Pandemie konnte nicht auf Frauen verzichtet werden, denn Jobs waren plötzlich systemrelevant, Jobs im Gesundheits- und Pflegewesen, in den Kindergärten und Schulen. Es gab dafür Applaus, die Frauen wurden zu Heldinnen erklärt. Das war es dann. Diese systemrelevanten Frauen wurden vergessen.
SVP-Obmann Philipp Achammer hat sich als Tiroler verkleidet. Eigentlich mit einem Steirer. Was ist das für eine Botschaft? An wen gerichtet? Im Jahr 2021. Keine Frauen, Steirer-Anzug. Wohin zielt die 75 Jahre alte Partei mit dem jungen Parteiobmann, dem jungen Landessekretär und dem auch doch jungen Landeshauptmann?
 
 
Immer wieder lockt die SVP Nicht-Mitglieder in ihre Reihen. Immer wieder werden engagierte Bürgerinnen und Bürger aufgefordert, für die SVP zu kandidieren. Auch auf dieser online-Landesversammlung richtete Obmann Achammer einen Appell an Nicht-SVPler, sich für die SVP bei Wahlen aufstellen zu lassen. Klingt gut.
War ich nur Platzhalter für einen Kandidaten mit Stallgeruch? Haben Nicht-Mitglieder tatsächlich eine Chance, aussichtsreiche Listenplätze zu erhalten?
Wie ernst meint die SVP es damit? Ich wurde vor einem Jahr von der SVP eingeladen, bei den Gemeindewahlen zu kandidieren. Als Bürgermeister-Kandidat. Denn, über Monate fand die Eppaner SVP keinen Kandidaten. Der Start war spannend, es wurde viel diskutiert. Die Gremien entschieden mit großer Mehrheit, mit mir in die Wahl zu ziehen. Es dauerte dann auch gar nicht lange, bis die Wirtschaftsgremien  einen „alternativen“ Kandidaten aufstellten. Das war es dann mit dem Experiment Quereinsteiger.
War ich nur Platzhalter für einen Kandidaten mit Stallgeruch? Haben Nicht-Mitglieder tatsächlich eine Chance, aussichtsreiche Listenplätze zu erhalten?