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KI - mehr als nur Technologie?

Künstliche Intelligenz verändert die Welt und im gleichen Zug auch das, was wir unter Fortschritt verstehen. Die Veränderung die sie bringt, geht jedoch noch weiter.
Chat-GPT
Foto: Pexels/Matheus Bertelli
  • KI ist omnipräsent, es vergeht kaum ein Tag, an dem man nicht mit dem Thema konfrontiert wird, sei es in den Medien, bei der Arbeit oder im Gespräch. Die Diskussionen die man in diesem Zuge hört, sind dabei immer dieselben: Hat KI mehr vor oder Nachteile? Kann KI die Menschheit bedrohen? Nimmt KI uns den Arbeitsplatz weg? Und so weiter. Nicoletta Cusano stellt KI jedoch in ein anderes Licht. Die Professorin für theoretische Philosophie an der Universität Brescia war am vergangenen Donnerstag Gast bei der vom Südtiroler Gewerkschaftsbund SGB/CISL veranstalteten Tagung zum Thema Künstliche Intelligenz – Mensch und Arbeit. „Künstliche Intelligenz ist ein Werkzeug“, bekundete Cusano. Sie stellte jedoch fest, dass KI den Menschen ebenso als solches verwendet, als Mittel. Die Philosophin begründete ihre These anhand eines Beispiels: Ein Nutzer von Chat-GPT stellt dem Bot eine Frage - Dieser gibt eine Antwort. Soweit so gut. Was darauf folgt, sei Cusano zufolge der springende Punkt. Chat-GPT nutze die zur Verfügung gestellten Daten zu seiner eigenen Weiterentwicklung. Somit macht sich das Programm die Menschen zu Nutze und trainiert sich selbst mit immer neuen Daten. Wer ist also der wahre Profiteur? Der Mensch, der sich immer mehr auf Chat-GPT verlässt, es immer häufiger benutzt und aufgrund dessen immer abhängiger vom System wird? Oder die KI, die immer trainierter und autonomer wird? 

     

    „Es geht hier um Existenz.“

     

    Cusano sieht auch eine mögliche gesellschaftliche Veränderung. In diesem Zusammenhang nannte sie ein US-amerikanisches Forschungszentrum, das seit 2019 jährlich eine Untersuchung über Beziehungen durchführt. 2022 sei dabei herausgekommen, dass sechs Männer sich als „glückliche Singles“ bezeichneten, da sie befriedigt durch virtuelle Chat-Bot-Beziehungen seien. 

  • Künstliche Heilkraft

    Tagung: Insgesamt waren vier Experten bei der Veranstaltung der Gewerkschaft. Foto: SALTO

    Ein weiteres Problem sieht die Uni-Professorin in der Kombination aus künstlicher Intelligenz und Gesundheitswesen. Bestes Beispiel in ihrem Auge: Elon Musk und sein Projekt „Neuralink.“ Dem Unternehmen gelang es bereits, einem Patienten erfolgreich einen Chip ins Gehirn zu pflanzen. Der Gelähmte Mann kann seither einen Computer nur durch die Kraft seiner Gedanken steuern. Was sich zunächst positiv anhört, kann Cusano zufolge ernsthafte Probleme mit sich bringen. Man laufe nämlich Gefahr, dass der Mensch durch KI verändert, von ihr abhängig wird. „Das kann zu Depressionen führen“, kommentierte sie. Zudem entstünden auch ethische und rechtliche Probleme. Die Philosophin erzählte in diesem Zusammenhang die Geschichte eines italienischen Mannes aus dem Piemont. Nach einem Unfall beim Spielen mit einem seiner Kinder war der Mann vollständig gelähmt. Ein extra dafür entwickeltes Gerät, mit welchem betroffene mit der Bewegung der Augen einen Computer und eine Sprachsteuerung bedienen können, kostet für Betroffene die die Lähmung durch beispielsweise einen Unfall erlitten haben im Piemont 30.000 Euro. In der Nachbarregion, der Lombardei, hingegen werden diese Geräte kostenlos Verfügung gestellt. Fazit der Geschichte, der Mann zog mit seiner Familie in die Lombardei. „Es geht hier um Existenz,“ so Cusano, „Was bedeutet leben? Dass man einen Körper besitzt? Oder bedeutet leben, dass man soziale Kontakte pflegt und mit seinen Kindern interagieren kann?“

  • Neuralink

    Das Unternehmen des Teslainhabers Elon Musk beschäftigt sich mit der Implantierung von Chips ins menschliche Gehirn. Ziel von Neuralink ist die Entwicklung eines Gerätes zur Kommunikation zwischen dem menschlichen Gehirn und Computern, ein sogenanntes Brain-Computer-Interface. Das Ganze gelingt durch ein Implantat im Schädel, welches mit dem Hirngewebe verbunden wird und dadurch neuronale Signale empfängt. Im vergangenen Januar erhielt der US-Amerikaner Noland Arbaugh als erster Patient überhaupt ein Implantat des Unternehmens. Damit war es ihm fortan möglich, einen Computer nur anhand seiner Gedanken zu steuern und auf diese Weise zum Beispiel Schach zu spielen. Letzte Woche sei es Medienberichten zufolge jedoch zu Komplikationen gekommen, da sich der Chip im Kopf des Patienten 0 zu lösen begonnen haben soll. Das Unternehmen gab jedoch an, dass es in der Lage war, das Implantat empfindlicher zu machen, um seine Leistung noch weiter zu steigern.

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Salto User
Oliver Hopfgartner Sun, 05/12/2024 - 18:27

Wir müssen unterscheiden zwischen KI als Wekzeug einerseits und der Vernetzung von Mensch mit Technologie auf der anderen Seite.

KI an sich ist einfach ein neues Werkzeug, das viele Prozesse vereinfacht. Allerdings bringt jede neue Technologie Vor- und Nachteile mit sich.
Die Vorteile des Internets wird wahrscheinlich kaum jemand leugnen, allerdings kann man auch die Nachteile nicht unter den Tisch kehren. Man kann sich Sklaven im Netz bestellen und auch relativ leicht kinderpornografisches Material kaufen/verkaufen.

Bei im Sinne von Transhumanismus eingesetzter Technologie wird es ähnlich sein. Natürlich besteht die Gefahr einer Zwei-Klassen-Gesellschaft - aber die haben wir ja ohnehin schon. Ich denke einige Regierungen werden mit Verboten reagieren, wie wir es z.B. beim Laborfleisch oder bei der Gentechnik gesehen haben. Langfristig wird man diese Entwicklungen aber nicht aufhalten können. Daher sollte man sich eher darauf konzentrieren, sich zu überlegen, wie ein sinnvoller Umgang mit diesen Technologien ausschauen kann.

Sun, 05/12/2024 - 18:27 Permalink