Society | Offener Brief

“Um unsere Zukunft besorgt”

In einem Schreiben prangern Busfahrer die Zustände im öffentlichen Nahverkehr an. Sie fragen sich, warum das Land den Dienst nicht in Eigenregie übernimmt.
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Foto: upi

Ihre Namen wollen sie nicht preisgeben, aus Angst “vor Repressalien bzw. Arbeitsverlust”. Daher schicken sie ihr Schreiben Sonntag Nacht anonym an die fünf Mitglieder des Landtagspräsidiums und die Medien. In dem offenen Brief, verfasst von “betroffenen und um unsere Zukunft besorgten” Busfahrern des öffentlichen Nahverkehrs, prangern sie die derzeitigen Zustände und die “mehr als angespannte Situation” im öffentlichen Nahverkehr an. Ihre eindringliche Bitte an die Landtagsabgeordneten: Vergesst und nicht und nehmt unsere Anliegen ernst:


Sehr geehrte Abgeordnete zum Südtiroler Landtag,

Wir schicken voraus, dass dieses Schreiben via Mail zu unserem Schutze vor Repressalien bzw. Arbeitsverlust, anonym versendet wurde.

Wie Sie bereits vernehmen konnten, ist die Situation im öffentlichen Nahverkehr mehr als angespannt.
Gründe dafür ist die anstehende Ausschreibung und die dadurch entstehende Unsicherheit für die Betroffenen.

Sieht so die Zukunft des vielgepriesenen und hochgelobten öffentlichen Nahverkehrs aus? Unserer Meinung nach nicht!

Gerade für uns Busfahrer/Innen im öffentlichen Nahverkehr hat sich die Situation seit geraumer Zeit massiv verschlechtert.
So haben die Kündigungen im größten Betrieb im Lande in letzter Zeit erheblich zugenommen und haben zweistellige Zahlen erreicht.
Aber auch andere Linienkonzessionäre sind davon betroffen.
Der Grund liegt auf der Hand.
Lange Arbeitszeiten, enorme Verantwortung und schlechte Bezahlung sind die Gründe dafür, dass sich immer mehr Linienbusfahrer/Innen nach Alternativen umsehen.
Bedenkt man zudem, welche gefährlichen Straßenabschnitte ohne nennenswerte Schäden an Fahrzeugen und Unfällen mit Personenschäden das ganze Jahr über befahren werden, kann man auch mal etwas an Wertschätzung für unsere Arbeit verlangen und nicht alles als selbstverständlich betrachten.

Wenn der Landeshauptmann meint, dass dies nur den größten Betrieb im Lande betrifft, so irrt er gewaltig, denn auch die kleineren Linienkonzessionäre nutzen diesen Umstand für sich aus.

Wen wundert es, dass unter solchen Umständen niemand mehr gewillt ist, diese Arbeit zu verrichten.
Es erweckt teilweise den Anschein, dass man in manchen Betrieben gezielt die heimischen Busfahrer, insbesondere jene mit hoher Einstufung und entsprechend langer Berufserfahrung, loswerden will, um sie durch billigeres Personal aus dem süd- bzw. osteuropäischen Raum zu ersetzen.
Da die allermeisten dieser Personen der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ist die angestammte deutsche Bevölkerung massiv benachteiligt.
Ebenfalls betroffen davon die vielen deutschsprachigen Urlaubsgäste.
Für das Urlaubsland Südtirol, ein mehr als beschämender Umstand!
Sieht so die Zukunft des vielgepriesenen und hochgelobten öffentlichen Nahverkehrs aus?

Unserer Meinung nach nicht!

Wen wundert es, dass unter solchen Umständen niemand mehr gewillt ist, diese Arbeit zu verrichten.

Wieso wird hier das Autonomiestatut, das die Doppelsprachigkeit im öffentlichen Nahverkehr vorsieht, derart untergraben?
Warum lässt die Landesregierung dies alles geschehen und schafft Regelwerke, die es den Betrieben ermöglicht, Fahrer, welche der deutschen Sprache nicht mächtig sind zu beschäftigen, wohl wissend, dass die allermeisten auch nach der Frist zum Erlernen der deutschen Sprache diese nicht beherrschen?
Wenn der Landeshauptmann meint, dass dies nur den größten Betrieb im Lande betrifft, so irrt er gewaltig, denn auch die kleineren Linienkonzessionäre nutzen diesen Umstand für sich aus.
Wieso erspart sich das Land nicht den Ärger und Prozesse mit einigen Protagonisten in diesem Zusammenhang und übernimmt den Dienst in Eigenregie?
Wird er doch bereits zur Gänze von der öffentlichen Hand, sprich Steuergeldern der Allgemeinheit finanziert!

Abschließend möchten wir betroffenen und um unsere Zukunft besorgten Busfahrer im öffentlichen Nahverkehr mit der Bitte an die Verantwortlichen im Lande, unsere Sorgen und unsere Ängste in den zukünftigen Entscheidungen zu berücksichtigen und ernst zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen