Culture | Interview

Design als Geisteszustand

Interview mit Designer und Kurator Martino Gamper (*Meran, 1971) über seine Ausstellung „Design is a state of mind“ im Museion.

Wieso definierst du Design als Geisteszustand, bzw. als innere Haltung die Form angenommen hat?

Martino Gamper: Design hat für mich nicht nur eine funktionale, physische Präsenz. Vielmehr erzählt Design Geschichten oder interpretiert diese. Der „state of mind“, der Geisteszustand bezieht sich darauf, was Design in unserem Kopf auslöst und wie wir mit Design unsere eigenen Geschichten erzählen und Zusammenhänge schaffen. Die Ausstellung ist als offener Container konzipiert - mit vielen Objekten, Sammlungen die ganz persönliche Geschichten erzählen. Die Ausstellung soll den Besucher_innen die Möglichkeit geben einen eigenen Zugang, eine eigene Herangehensweise zum Design zu finden. Ich wollte hier nicht vorgeben, oder vorkauen wie Design heute auszusehen hat oder was gutes Design ist. In der Ausstellung gibt es sowohl klassisches Design, als auch Designikonen, sowie anonymes Design zu sehen.

Mit einer Landschaft aus Regalsystemen von 1930 bis heute dokumentierst du wie dieser Einrichtungsgegenstand unseren Alltag prägt. Im Museion werden die Regale auch zur Bühne für Objekte aus Privatsammlungen deiner Freunde und Kollegen. Damit verwischst du die Grenze zwischen Display und Ausstellungsstück.

M.G.: Regale sind für mich eine Möglichkeit eine Horizontale zu erzeugen, auf welcher man dann wiederum Objekte sammeln oder ansammeln kann. Es gibt sehr viele Möglichkeiten dies zu tun. Ich wollte mit den Regalen Designgeschichte erzählen und gleichzeitig einen Platz schaffen für persönliche Geschichten. Es geht mir um das Wechselspiel zwischen dem Ausstellungsstück und dem Ausstellungsobjekt. Die Gegenstände auf den Regalen geben der Ausstellung eine häusliche Atmosphäre, sodass man denken könnte, man ist in der Wohnung einer unbekannten Person. Über die Gegenstände, welche die Person angesammelt hat, versucht man dann zu erahnen, sich ein Bild davon zu machen wer die Person sein könnte, oder wo die Objekte herkommen.

Du sagst es gibt kein „Überdesign“,  kein perfektes Design. Vielmehr geht es dir in deiner Praxis um die emotionale Verbindung die wir mit Gegenständen aufbauen. Gibt es ein Objekt in der Ausstellung dem du persönlich verhaftet bist?

M.G.: Ja, es gibt ein Ausstellungsstück, dass mir und meiner Frau zu unserer Hochzeit geschenkt wurde. Ein befreundeter Juwelier hat uns einen Abguss eines Ingwers gefertigt. Mit diesem Objekt verbinde ich sehr viele persönliche Erinnerungen, aber es zeigt natürlich auch die handwerklichen Fähigkeiten unseres Freundes.

In der Ausstellung läuft auch der Film „Mon Oncle“ (1958) von Jacques Tati. Der Film wirft einen sehr ironischen Blick auf die Art und Weise wie Design das Leben dominiert und seiner eigenen Funktionalität unterwerfen kann.

M.G.: Ich glaube das, was Jacques Tatis in seinem Film zu portraitieren versucht hat, immer noch aktuelle Bedeutung besitzt. In den fünfziger Jahren hatte man das Gefühl, dads der technologische Fortschritt eine Welt der unendlichen Möglichkeiten schaffen würde. Design sollte uns alles erleichtern - denken wir nur an die unzähligen Haushaltsgegenstände aus dieser Zeit. Aber es waren nicht nur Erleichterungen, die diese Entwicklungen mit sich gebracht haben. Es wurden auch Systeme geschaffen die unser Leben extrem verkomplizieren und Nebenwirkungen haben. Ich glaube heute kann man sagen, dass wir in einer Welt leben, in der wir teilweise zu Sklaven der digitalen Technologie geworden sind. Dass wir heute für jede mögliche Situation im Leben eine App haben, macht uns auch zusehends von diesen abhängig.

 

Design is a state of mind - Museion, Bozen

06.06.2014 – 13.09.2015

 

Mit Arbeiten und Sammlungen von:

Adam Hills, Alvar Aalto, Andreas Schmid, Andrew McDonagh, Andrew Stafford, Angelo Mangiarotti, Anna Castelli Ferrieri, BBPR, Berty Skuber, Bethan Wood, Bruno Mathsson, Bruno Morassutti, Charles Dillon, Claudio Salocchi, Daniel Eatock, Demetrius Comino, Dieter Rams, Ernst Gamperl, Ettore Sottsass, Fabien Cappello, Fiona Raby, Florian Mair, Francis Upritchard, Franco Albini, Fritz Haller, Gaetano Pesce, Gemma Holt, IKEA, Jane Dillon, Jason Evans, Jurgen Bey, Karl Fritsch, Konstantin Grcic, Lucian Ercolani, Maki Suzuki, Martino Gamper, Mats Theselius, Max Lamb, Michael Anastassiades, Michael Marriott, Paul Neale, Paul Schärer, Ron Arad, Rupert Blanchard, Sebastian Bergne, Simon Prosser, Tony Dunne, Troika, Vico Magistretti, Walter Thaler.